(Selbst)Ansprüche und Erwartungen an außeruniversitäre geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtungen im Ausland – Französische und deutsche Perspektiven

(Selbst)Ansprüche und Erwartungen an außeruniversitäre geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtungen im Ausland – Französische und deutsche Perspektiven

Organisatoren
Deutsches Historisches Institut Paris
Ort
Paris
Land
France
Vom - Bis
08.06.2010 -
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Von
Stefanie Mürbe, Freie Universität Berlin

Deutschland und Frankreich unterhalten seit Ende des 19. Jahrhunderts umfangreiche Netzwerke außeruniversitärer geisteswissenschaftlicher Forschungszentren im Ausland. Angesichts veränderter Mobilitäts- und Kommunikationsstrukturen sowie sich grundlegend wandelnder wissenschaftspolitischer Rahmenbedingungen sind sie permanent gefragt, über ihre Ziele und Aufgaben zu reflektieren. Als Einrichtungen im Ausland sind sie dabei gehalten, sowohl auf die Veränderungen im nationalen Wissenschaftssystem, wie auch diejenigen des Gastlandes zu reagieren. Weiter steht ihre Arbeit im Kontext der Kooperation von universitärer und außeruniversitärer Forschung. Im Rahmen seiner Reihe „Tage der Geisteswissenschaften“ ging das Deutsche Historische Institut (DHI) Paris dieser Frage unter dem Titel „(Selbst-)Ansprüche und Erwartungen an außeruniversitäre geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtungen im Ausland – Französische und deutsche Perspektiven“ nach und bot eine Plattform der Reflexion und der Diskussion. Welche öffentlich-politischen und welche wissenschaftlichen Erwartungen werden an die Institute gestellt und wie positionieren sich diese selbst demgegenüber? Wie stehen bilaterale Forschungskooperationen im Prozess zunehmender Transnationalisierung und Globalisierung und wie können die Institute auf die neuen Tendenzen reagieren? Und welche Rolle nimmt der Forschungsaufenthalt im Rahmen einer wissenschaftlichen Karriere ein?

Die erste Sektion „Institutionelle Rahmenbedingungen der Arbeit geisteswissenschaftlicher Forschungszentren im Ausland“ gab zunächst den Geldgebern das Wort. HÉLÈNE DUCHÊNE (Paris) erläuterte aus Sicht des französischen Außenministeriums die Rolle des Réseau des Instituts français de recherche à l`étranger (IFRE), das ihrem Ministerium sowie dem Centre national de la recherche scientifique (CNRS) untersteht. Es umfasst 27 außeruniversitäre geisteswissenschaftliche Forschungsinstitute weltweit und stellt mit den fünf vom französischen Forschungsministerium finanzierten Écoles françaises à l’étranger das Netz der französischen außeruniversitären Forschung im Ausland dar. Die Institute verfolgen eine doppelte Stoßrichtung. Zum einen sollen sie im Ausland Präsenz zeigen und einen Zugang zum besseren Verständnis des Gastlandes ermöglichen. Von zunehmender Bedeutung sei zum anderen die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit der Institute, die im Rahmen regelmäßiger Evaluation durch die gleichen Instanzen, die auch die innerfranzösische Forschung beleuchten, bewertet wird.

Deutschland unterhält neben den archäologischen Instituten zehn vom Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte geisteswissenschaftliche Auslandsinstitute. Zusammengefasst sind sie unter dem Dach der Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA). Laut Geschäftsführer der Stiftung HARALD ROSENBACH (Bonn) folgten die Institutsgründungen vorrangig wissenschaftlichen Interessen. Ihre Ausstattung wurde seit 2002 kontinuierlich verbessert, was hervorragende Forschung und vor allem die Kooperation und den Austausch ermöglichte. Als Erfolg wertete er weiter, dass mit dem DHI Warschau, dem Deutschen Forum für Kunstgeschichte Paris und zuletzt dem DHI Moskau drei neue Institute in den letzten Jahren in die institutionelle Förderung übernommen werden konnten.

In der zweiten Sektion der Tagung kamen in einer Podiumsdiskussion vier Institutsdirektor/innen deutscher und französischer Auslandsinstitute zum Thema „Selbstverständnis“ zu Wort. THOMAS LIENHARD (Frankfurt am Main) stellte die Arbeit des Institut français d`histoire en Allemagne vor, das 2009 aus der Mission Historique Française en Allemagne in Göttingen hervorging. Er betonte, dass neben dem bilateralen Austausch auch stärker international ausgerichtete Forschungsprojekte gefördert und durchgeführt werden. Des Weiteren verstehe sich das Institut als „Türöffner“ für deutsche Historiker/innen nach Frankreich und möchte durch vielfältige Programme, Veranstaltungen und Publikationen die Verbreitung wissenschaftlicher Forschungen in und zu Deutschland und Frankreich unterstützen.

GUDRUN GERSMANN, seit 2007 Direktorin des DHI Paris, stellte die Veränderungen im DHI seit gut zwei Jahren in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Dazu zähle neben dem mediävistischen Schwerpunkt die Stärkung weiterer Epochen wie der Frühen Neuzeit, des 19. Jahrhunderts sowie der Zeitgeschichte. Darüber hinaus stelle die im Zusammenhang des 50-jährigen Jubiläums begonnene Reflexion über wissenschaftspolitische Fragen eine wichtige Säule der Institutsarbeit dar. Zu den zentralen Veränderungen der wissenschaftlichen Rahmenbedingungen für das DHI Paris nannte Gersmann unter anderem den Rückgang der traditionellen Frankreichforschung in Deutschland bzw. der französischen Deutschlandforschung. Generell lasse sich ein Rückgang des Interesses an binationalen Fragestellungen im Fach zugunsten neuer Konzepte der Globalgeschichte feststellen. Im Kontext wissenschaftspolitisch geänderter Rahmenbedingungen verwies sie auf die veränderte Stellensituation durch den erhöhten Anteil befristeter Stellen am Institut sowie die Exzellenzinitiative und die verstärkte Tendenz zur Evaluation. Das Institut habe auf diesen Prozess mit einer Leitbildentwicklung reagiert. Mit dem Ziel der Profilschärfung formulierte das DHI Paris drei Aufgabenbereiche: Forschung, Vermittlung und Qualifikation des wissenschaftlichen Nachwuchses. Daraus folgten wiederum konkrete Zielsetzungen der Arbeit des DHI, wie die Bereitstellung von Arbeitsmaterialien für die Forschung; die Konstituierung von (Nachwuchs)Forschergruppen; die Etablierung intensiver Kooperationen mit Universitäten; die Gewinnung exzellenter Nachwuchsforscher sowie die Vermittlung der aktuellen Forschungen durch Publikationen, Konferenzen etc. und besonders eine konsequente Politik der Nutzung neuer Medien.

Im Folgenden argumentierte PASCALE LABORIER (Berlin), dass bei der Positionierung der Institute die Frage der Finanzierung keine unwesentliche Rolle spiele. Für das Centre Marc Bloch bedeute dies, dass es zwar ein Forschungsinstitut des Ministère français des Affaires Etrangères et Européennes und des CNRS sei, aber auch aus Mitteln des BMBF finanziert werde und damit in seinem Selbstverständnis eine deutsch-französische Einrichtung sei, die darüber hinaus eine europäische Perspektive verfolge.

Eine neue Perspektive wurde von ANDREAS BEYER (Paris) in die Diskussion gebracht, indem er darauf hinwies, dass die Frage der Interdisziplinarität und Internationalität stark von der Forschungsdisziplin abhänge. Als Direktor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte stelle sich für ihn die Frage der interdisziplinären Ausrichtung nicht in der gleichen Form, da die Methodik und Sprache der Kunstgeschichte zwar einerseits fachspezifisch sei, andererseits aber schon immer offen für Ansätze aus anderen Disziplinen gewesen sei. Eine über das Binationale hinausgehende internationale Perspektive sei weiter grundlegend, da eine geografische Begrenzung der Forschungsperspektive keinem kunstgeschichtlichen Gegenstand gerecht werde. Eine besondere Aufgabe seines Instituts sah Beyer daher im Austausch der Denkschulen als „Übersetzungsleistung des Denkens“.

Die anschließende Diskussion, die Raum für „Kommentare aus französisch-italienischer, deutsch-britischer, französisch-spanischer und deutsch-polnischer Sicht“ bot, eröffnete MICHEL GRAS (Rom). Zum Selbstverständnis der École française de Rome erklärte Gras, dass er dessen Aufgabe nicht als kulturpolitische Institution verstehe, sondern als Ort des wissenschaftlichen Austauschs zwischen Frankreich und Italien, aber auch mit dem Maghreb und anderen mediterranen Nachbarstaaten insbesondere des Balkans. Dezidiert plädierte er für die Festlegung temporärer Arbeitsschwerpunkte in den Instituten, die die Forschung strukturieren sollten. Wichtige Instrumente der Zusammenarbeit wie Kolloquien und andere wissenschaftliche Veranstaltungsformen sowie Kooperationen mit anderen (außer)universitären Einrichtungen müssten in diese Arbeitsschwerpunkte passen.

Aus einer deutsch-britischen Perspektive machte ANDREAS GESTRICH (London) auf die Unterschiede der einzelnen Institute aufmerksam, die durch die jeweiligen Rahmenbedingungen im Gastland bedingt seien. So zeichne sich das britische Universitätssystem gerade durch seine Eigenständigkeit und Staatsferne aus. Wie schon Frau Gersmann stellte er einen Rückgang dezidiert binationaler Forschungsansätze fest und führte in diesem Zusammenhang aus, dass es in Deutschland zum Beispiel keinen Lehrstuhl für britische Geschichte mehr gebe. Daher sehe er die Aufgabe seines Instituts darin, länderspezifische Forschungen von deutschen Historikern zu unterstützen, als auch die Kooperation mit deutschen und britischen Universitäten zu fördern. Im Endeffekt stellt sich seiner Ansicht nach die Herausforderung im Austarieren zwischen Einzelprojekten und einem kohärenten Gesamtprogramm, wobei er zu bedenken gab, dass trotz einer Gesamtausrichtung wichtig sei, nicht das große Innovationspotential junger Forscher mit eigenen Interessen zu begrenzen.

Als Besonderheit der Casa de Velazquez im Netz der fünf Écoles françaises à l’étranger stellte JEAN-PIERRE ÉTIENVRE (Madrid) ihre doppelte Identität als Zentrum künstlerischen Schaffens, als auch der Forschung, namentlich mit der École des hautes études hispaniques et ibériques (EHEHI), heraus. Die Aufgabe der bilateralen Kooperation sei im Falle der französisch-spanischen Zusammenarbeit unausgeglichen, da die spanischen Kollegen/innen weniger über Frankreich arbeiteten als umgekehrt. Daraus ergebe sich für die Casa de Velazquez die Anforderung, insbesondere die Frankreichforschung im Gastland zu fördern.

EDUARD MÜHLE (Warschau) näherte sich der Frage, welche öffentlichen und politischen Erwartungen an die außeruniversitären Institute im Ausland gestellt werden könnten, in dem er fünf Prämissen seiner Arbeit als Direktor des DHI Warschau nannte: Erstens befinde sich das DHI am Standort Warschau in einer institutionell gut organisierten Arbeitsteilung von Institutionen der deutsch-polnischen Zusammenarbeit und könne sich daher auf die historische Forschung konzentrieren; zweitens sei die Programmatik durch die befristeten Amtszeiten auf Innovation und Wechsel angelegt. Er plädierte für die Ausrichtung der Forschung auch nach den Arbeitsschwerpunkten des Institutsdirektors und sprach sich somit für einen Wandel der Institutsprogrammatik mit vollzogenem Amtswechsel aus. Ziel sei drittens die Grundlagenforschung, der am DHI Warschau zurzeit in vier Forschungsbereichen nachgegangen werde. Viertens ergäben sich alle weiteren Aktivitäten aus dieser formulierten Forschungsagenda und fünftens erwachse aus diesen Forschungsleistungen der wissenschaftlich-diplomatische Beitrag eines solchen Instituts. Im Fazit beantwortete Mühle seine eingangs gestellte Frage damit, dass es die Forschung sei, die einen Beitrag zur Wissenschaftsdiplomatie leiste.

JOACHIM NETTELBECK (Berlin), der die Moderation durch die zweite Sektion führte, resümierte die Beiträge des Vormittags, in dem er die Aktivitäten der Institute in das Spannungsverhältnis von Außenwissenschaftspolitik und Wissenschaftsaußenpolitik einordnete. Dabei ließen sich durchaus Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich erkennen.

Die dritte Sektion widmete sich den „Erwartungen an außeruniversitäre historische Forschungseinrichtungen im Ausland“ unter dem Thema „Geschichtswissenschaft im Zeichen der Internationalisierung“. Die Mediävistin RÉGINE LE JAN (Paris) plädierte als Präsidentin des größten französischen Historikerverbandes dafür, dass die Institute einen Beitrag zur Internationalisierung der Forschung und zur Forschungsvermittlung zu leisten hätten und gleichzeitig eine wichtige Rolle bei der Nachwuchsförderung spielten. Zur aufgeworfenen Frage, ob in der deutsch-französischen Zusammenarbeit eine Abnahme des fachlichen Interesses zu verzeichnen sei, stellte Le Jan die Vermutung auf, dass es sich dabei weniger um Desinteresse handle, als um eine Erweiterung des Forschungsinteresses für andere Räume im Zuge zunehmender Internationalisierung der Wissenschaft.

Zum Stand der gegenwärtigen deutschen Geschichtswissenschaft im internationalen Kontext konstatierte der Vorsitzende des deutschen Historikerverbands WERNER PLUMPE (Frankfurt am Main), dass der enge Austausch zwischen deutscher und angelsächsischer Geschichtswissenschaft von deutscher Seite aus einseitig erfolge, während die deutsch-französischen Wissenschaftsbeziehungen von gegenseitigem Interesse getragen würden. Die Entwicklungen seit den 1980er-Jahren zeigten jedoch für den deutsch-französischen Fall eine Abnahme der gegenseitigen Wahrnehmung. In Hinsicht auf den Rückgang binationaler Fragestellungen, der sich einerseits daran zeige, dass es immer weniger entsprechend ausgewiesene Lehrstühle in Deutschland gibt, lasse sich andererseits eine Tendenz zur Einrichtung von Forschungsstellen, die sie sich diesen Fragen unter anderem mit einer Westeuropaausrichtung nähern, feststellen. In diesem Zusammenhang betonte Plumpe die zentrale Bedeutung der DHIs für die Vermittlung von Forschung und Forschungsergebnissen zwischen deutschen und ausländischen Geschichtswissenschaften. Ihnen komme als Knotenpunkte der Infrastruktur grenzüberschreitender Kommunikation eine Schaufensterfunktion zu. Da im Vergleich zu Großbritannien oder den USA die institutionellen Zugangsbarrieren im deutsch-französischen Kooperationsgeflecht höher seien, solle das DHI Paris sich selbstbewusst als „Türöffner“ für deutsche Historiker/innen in Frankreich positionieren.

In Hinblick auf seine Erwartungen an außeruniversitäre Forschungseinrichtungen im Ausland sprach sich MICHAEL WERNER (Paris) klar für eine Vermittlungs- und Übersetzungsfunktion in Kooperation mit Institutionen des Gastlandes aus, wobei er die bedeutsame Rolle des DHI Paris als Mediator im deutsch-französischen Wissenschaftsaustausch betonte. Weiterhin müsse die Nachwuchsförderung mit dem Ziel der Internationalisierung im Zentrum stehen, wozu auch multilaterale Wissenschaftskooperationen von Bedeutung seien.

MATTHIAS MIDDELL (Leipzig), als Vertreter der deutschen Frankreichforschung und zugleich der neuen Area Studies, begann seinen Beitrag mit Blick auf die radikalen Veränderungen im gegenwärtigen deutschen Hochschulwesen, die er mit vier Entwicklungen umriss: eine zunehmende Strukturiertheit, insbesondere der Doktorandenausbildung; die Erfordernis der ständigen Vernetzung; ein massiver Zuwachs an Forschungsmitteln aus Drittmitteln sowie die Internationalisierung der Wissenschaft. Angesichts dieser Herausforderungen sei die Abstimmung der außeruniversitären Institute mit den universitären Strukturen unbedingt notwendig. Auch Middell betonte für die deutsch-französische Kooperation ein Defizit in der zur Kenntnisnahme, welches gemessen an der institutionellen Verfügbarkeit die Frage nach der Effizienz aufkommen lasse, wofür er auch die DGIA für ihr eigenes Netzwerk, welches zu wenig mit anderen Institutionen ineinandergreife, kritisierte.

Zum Abschluss resümierte PIERRE MONNET (Paris) als Moderator dieser Podiumsdiskussion die Erwartungen der deutschen und französischen Historiker/innen an außeruniversitäre historische Forschungseinrichtungen im Ausland und unterstrich deren Rolle der Vermittlung im Prozess der Internationalisierung der Forschung. Als Herausforderung stelle sich bezüglich der Förderung der Nachwuchswissenschaftler/innen die Frage des Mehrwerts und der Valorisation der außeruniversitären post-doc Phasen im Hinblick auf universitäre Karrieren als Regelfall wissenschaftlicher Arbeit.

Eine abschließende Zusammenfassung und Perspektivierung der Tagung unternahm SASCHA SPOUN (Lüneburg). Dass mit der Tagung, unter Initiative des DHI Paris, eine eher ungewöhnliche Diskussion angestoßen wurde, bei der es um Identitäts- und Existenzfragen der geisteswissenschaftlichen Institute vor dem Hintergrund komplexer Wandlungsprozesse ging, hob Spoun positiv hervor. Mit fünf Fragen, die sich während der Tagung herauskristallisierten und deren Antworten institutsspezifisch zu finden seien, schloss er den dritten Tag der Geisteswissenschaften ab: Welcher Zugehörigkeit zwischen Außenwissenschaftspolitik und Wissenschaftsaußenpolitik sind die Institute verpflichtet und wie viel Staatsnähe bzw. -ferne ist eigentlich erwünscht? Wie verorten sich die Forschungseinrichtungen im Dreieck zwischen disziplinärer Orientierung – Ortsausrichtung – politischer Funktion? Welcher Logik sind die Auslandsinstitute zwischen Öffentlichkeitswirksamkeit und Wissenschaft verpflichtet? Und inwiefern gilt es, ein Institutsprofil mit festgelegter Programmatik zu formulieren. Oder sollten die Institute sich nicht eher als eine Arbeitsplattform verstehen, die Forscher/innen mit eigenen Interessen, die Teil eines größeren Wissenschaftssystems sind, zusammenbringt? Die Antworten, so Spoun, fallen je nach Institution unterschiedlich aus, auffallend sei jedoch, dass sie alle im Rahmen dieser Fragen nach Profilierung strebten.

Bilanzierend kann festgehalten werden, dass alle in dieser Tagung vertretenen außeruniversitären geisteswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen im Ausland, trotz unterschiedlicher Ausgangslagen, ähnlichen Selbstansprüchen und Erwartungen gerecht werden. Sie sind in erster Linie Orte der Forschung, der Vermittlung und der Forschungsförderung, insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses, und übernehmen die Funktion der Übersetzung des Denkens. Angesichts wandelnder wissenschaftspolitischer Rahmenbedingungen und zunehmender Internationalität sind die Zusammenarbeit von außeruniversitärer und universitärer Forschung sowie ein erweiterter bilateraler Zugang, der sich internationalen Forschungsrichtungen wie den Global oder Area Studies öffnet, begrüßenswerte Entwicklungen. Angesichts der Tendenz zunehmender Befristung von Mitarbeiterstellen an außeruniversitären Auslandsinstituten und damit einer de facto Umstellung auf Qualifikationsstellen, stellen sich neue Herausforderungen an die Anschlussfähigkeit der Posdoc-Auslandsphasen an den universitären Arbeitsmarkt. Die Frage der Gestaltung der Nachwuchsförderung, die während der Tagung kontrovers diskutiert wurde, soll Thema des nächsten Tages der Geisteswissenschaften 2011 am DHI Paris sein.

Konferenzübersicht:

Eröffnung
Gudrun Gersmann, Direktorin des Deutschen Historischen Institutes Paris

I. Institutionelle Rahmenbedingungen der Arbeit geisteswissenschaftlicher Forschungszentren im Ausland

Einführung:
Hélène Duchêne (Direktorin der Coopération scientifique et universitaire au ministère des Affaires étrangères et européennes); Harald Rosenbach (Geschäftsführer der Stiftung DGIA)

II. Selbstverständnis deutscher und französischer außeruniversitärer geisteswissenschaftlicher Forschungseinrichtungen im Ausland
Moderation: Joachim Nettelbeck (Sekretär des Wissenschaftskolleg, Berlin)

Podiumsdiskussion:
Thomas Lienhard (Direktor des Institut français d’histoire en Allemagne, Frankfurt/M.); Gudrun Gersmann (Direktorin des DHI Paris); Pascale Laborier (Direktorin des Centre Marc-Bloch, Berlin); Andreas Beyer (Direktor des Deutschen Forums für Kunstgeschichte, Paris)

Kommentare aus französisch-italienischer, deutsch-britischer, französisch-spanischer und deutsch-polnischer Sicht

Podiumsdiskussion:
Michel Gras (Direktor der École française de Rome); Andreas Gestrich (Direktor des DHI London); Jean-Pierre Étienvre (Direktor der Casa de Velázquez, Madrid); Eduard Mühle (Direktor des DHI Warschau)

III. Geschichtswissenschaft im Zeichen der Internationalisierung: Erwartungen an außeruniversitäre historische Forschungseinrichtungen im Ausland
Moderation: Pierre Monnet (Präsident der DFH und Directeur d`études à l‘EHESS)

Podiumsdiskussion:
Régine Le Jan (Präsidentin der Société des historiens médiévistes de l’enseignement supérieur public, Paris); Werner Plumpe (Vorsitzender des Historikerverbands, Frankfurt/M.); Matthias Middell (Sprecher des Centre for Area Studies der Universität Leipzig); Michael Werner (Direktor des CIERA und directeur d’études à l‘EHESS, Paris);

IV. Zusammenfassung und Perspektiven

Sascha Spoun (Präsident der Leuphana Universität Lüneburg)


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