Materialisierung von Kultur. Diskurse Dinge Praktiken. 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V.

Materialisierung von Kultur. Diskurse Dinge Praktiken. 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e.V.

Organisatoren
Deutsche Gesellschaft für Volkskunde e.V.
Ort
Nürnberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.09.2013 - 28.09.2013
Url der Konferenzwebsite
Von
Sophia Booz / Sarah May, Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft, Universität Tübingen; Svenja Reinke, Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin

Welchen Stellenwert haben Dinge innerhalb alltäglicher Praktiken und kultureller Aushandlungsprozesse? Wie verhalten sich Dinge, Praktiken und Diskurse zueinander? Wie kann Materialisierung von Kultur theoretisch und empirisch beschrieben und begriffen werden? Diesen Fragen widmete sich der 39. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde (dgv), der auf Einladung der Professur für Europäische Ethnologie/Volkskunde der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der der Museen der Stadt Nürnberg stattfand.

Das Kongressthema treffe den „Nerv der Zeit“, stellte der Vorsitzende der dgv, Karl Braun (Marburg) in seinem Grußwort fest. Unter veränderten methodischen und theoretischen Voraussetzungen rückte der Kongress damit ein vertrautes Feld des Faches in den Mittelpunkt, das es der musealen Praxis wieder näher bringt.

Das Programm umfasste neben sechs Plenarvorträgen und einer Festrede zum 50-jährigen Bestehen der dgv neun Panels und zehn Sektionen. Da hier nicht alle Vorträge erwähnt werden können, sei auf die Übersicht am Ende des Beitrags verwiesen.

Materialisierung des Historischen im Gegenwärtigen

Am Beispiel des Nürnberger Reichsparteitaggeländes erörterte SHARON MACDONALD (York) in ihrem Eröffnungsvortrag den gesellschaftlichen Umgang mit Erinnerung(skultur). Sie problematisierte Materialität in Form massiger Architektur, die politische Akteur/innen zwingt, sich zwischen Erhalt und Abriss, zwischen Umnutzung und historischer Reflexion zu entscheiden.

Wissenschaftliche Erkenntnis, körperliches oder geschichtliches Wissen materialisieren sich, so REGINA BENDIX (Göttingen), in verschiedentlich fassbaren Zeugnissen: Angefangen bei Beispielen wie Sitzbankpatenschaften, bis hin zu weitreichenden Fällen wie der Ortsbedeutung von Konzentrationslagern oder den Papierbergen im Antragsverfahren um das UNESCO-Kulturerbe – vieles zeuge von der Option bzw. dem Gebot, Erinnerung zu verdinglichen.

In der Sektion „Technik formen“ widmeten sich unter anderem zwei Vorträge dem 16. und 17. Jahrhundert: HENRIKE HAUG (Berlin) stellte dar, wie sich in Jost Bürgis Äquationsuhr alte Weltbilder, astronomisches Wissen und Handwerkskunst verbunden haben. EIKE LOSSIN (Würzburg) zeichnete die epistemische Wende nach, als das Licht im Konflikt zu theologischen Deutungen physikalisch erklärt wurde. Er analysierte, wie daraus technische Neuerungen folgten und in alltägliche Nutzungszusammenhänge eingingen.

Die Sektion „Erinnerung einschreiben“ thematisierte Materialität und die Bedeutung von Dingen in biographischer Dimension: Für Umsiedlungen im Rheinischen Braunkohlerevier stellte VALESKA FLOR (Innsbruck) den Aspekt des Translozierens von Dingen heraus. Inwiefern einzelne Gegenstände bis hin zu kompletten Häusern an den ‚Neuort‘ gelangen, beeinflusst Heimat- und Verlustkonzepte der Betroffenen. Die Möglichkeit, Textilien in narrativen Interviews einzusetzen, um Erinnerungen auszulösen, erläuterte KERSTIN KRAFT (Marburg). Die nur scheinbar harmlose Bewertung textiler Qualitäten lässt bisweilen kritische, zeitgeschichtliche Folgerungen zu. Eine weitere Methodenreflexion trug JUDITH KESTLER (Würzburg) bei, die Erzählungen ehemaliger Kriegsgefangener aus der deutschen Handelsmarine untersuchte. Die Erwähnung abwesender, nur narrativ vergegenwärtigter Objekte in Interviews bedürfe der gezielten Analyse.

Nach einem autobiographisch inspirierten Blick auf die jüngere Fachgeschichte ging KONRAD KÖSTLIN (Wien) in seinem Festvortrag auf die Bedeutung des Jubiläums ein: Als Akt des Sich-Selbst-Feierns und der Selbstvergewisserung habe es normativen Charakter und sei Teil des kollektiven Gedächtnisses.

Versammelte Körper und Deutungssysteme

JURIJ FIKFAK (Ljubljana) problematisierte die politische Bedeutung jährlicher Fest- und Demonstrationszüge in Kärnten: Er deutete deren Gestaltveränderungen, in Hinblick auf die slowenische Minderheit, als Materialisierung dynamischer, medienöffentlicher Diskurse. Die anderen Vorträge der Sektion „Körper-Praktiken“ führten jenseits historischer Bezugnahmen in die Gegenwart. CHRISTINE BISCHOFF (Hamburg) und AGNES SWIDERGOL (Hamburg) sondierten die fortschreitende Verbindung zwischen Mensch und Technik. Örtlich getrennte, online kommunizierende Liebespaare etwa könnten inzwischen mittels ‚E-Kissing‘-Apparaten Zungenküsse austauschen. Die wechselseitige Formierung menschlicher Körper und normativer Diskurssysteme präsentierte zudem GRIT HÖPPNER (Wien) daran, wie Wiener Pensionist/innen über sich und ihre Körper in Beziehung zum formelhaften „Schön-Sein“ reden. MARKUS TAUSCHEK (Kiel) analysierte die Akteursmacht von Materialitäten und das Aufbrechen akzeptierter Ordnungen im sportlichen Wettkampf am Beispiel umstrittener Protheseneinsätze.

Das Anliegen, die physische Konstitution menschlicher Körper und Deutungssysteme theoretisch zusammenzudenken, bekräftigte auch MONIQUE SCHEER (Tübingen) in ihrem Plenarvortrag. Sie forderte die Dichotomisierung von körperlichen und geistigen Phänomenen in der Analyse von Emotionen zu überwinden. An empirischen Beispielen einer charismatischen Gemeinde und der Landeskirche Baden-Württemberg verdeutlichte sie das „Doing emotion“ im Zusammenhang mit religiösen Praktiken und dem unterschiedlichen Einsatz des Körpers.

Materialisierung von Übergängen und Virtualität

Das Panel „Gesundheitsforschung“ exemplifizierte, welche Formen die Demokratisierung medizinischer Spezialthemen annimmt. Diesbezügliche, reflexive Praktiken multipliziert laut MARTIN SCHULTZE (Berlin) ein Onlineforum, indem Prostatakrebspatienten durch Interviews andere Betroffene informieren. ANNA PALM (Mainz) untersuchte die diskursive Bewertung von Nahrungsmitteln als gesundheitsfördernd oder -schädigend. Einen medizinhistorischen Exkurs zur Wandlung des Objektstatus eines totgeborenen, konservierten Kindes seit dem 18. Jahrhundert bis ins Informationszeitalter bot EBERHARD WOLFF (Basel).

Den Aspekt des fortwährenden Bedeutungswandels betonte auch der Abschlussvortrag von ANGELA TREIBER (Eichstätt / Ingolstadt) zur Wahrnehmung von Kunststoffen seit 100 Jahren: Zunächst als „Komfort für Jedermann“ wurden sie immer stärker mit ökologischen Moralvorstellungen verbunden. Sie zeigte damit, wie sich Konsumkultur in Handlungen materialisiert.

Das Panel „Infrastrukturen der Nachhaltigkeit“ fokussierte auf die kulturelle Dimension gesellschaftlicher Transformation. Wirkungszusammenhänge zwischen der supranationalen Förderung ‚nachhaltiger‘ Energieerzeugung in Europa und lokalem Unternehmertum wurden hier anhand komplexer, infrastruktureller Verschränkungen erklärt. So sprach SABRINA MUTZ (Berlin) über die Entstehung einer Biogasanlage in der Lausitz und FRANZISKA SPERLING (Frankfurt am Main) über ein genossenschaftlich organisiertes Bioenergiedorf in Bayern. Durch den Wandel geraten technische, moralische und ökologische Infrastrukturen überhaupt erst in den Blick, was ANDREA VETTER (Berlin) am Aufkommen der ambivalenten Konkurrenz zwischen Kompostklo und WC untersuchte.

Im Panel „Materialität und Faktizität virtueller Welten“ stand der Umgang mit digitaler Technik im Mittelpunkt. BARBARA FRISCHLING (Graz) fasste Facebook als Möglichkeitsraum auf, in dem neuartige Sichtbarkeiten und Nachvollziehbarkeiten entstehen. Am Beispiel von „Kythera Familiy-net“ ging ALEXANDER RIEDMÜLLER (Bamberg) den Übergängen und Verwebungen von digitaler und nicht digital vermittelter Kommunikation nach. Im Zentrum des Vortrags von MANUEL HEIB (Marburg) stand, wie sich Human-Computer-Interfaces und der Umgang mit ihnen entwickelten.

Ein anderes Panel fokussierte auf Dinge und Praktiken, die mit dem Schlagwort „Anonymität“ in Zusammenhang stehen: Das „berühmteste anonyme Ding“ sei wohl die Guy Fawkes Maske, so MICHI KNECHT (Berlin / Bremen). Sie versteht Anonymisierung als Teil des Sozialen, während GÖTZ BACHMANN (Lüneburg / London) Anonymisierung als eine Stabilisierung des Sozialen sieht. ANDREAS WITTEL (Nottingham) referierte über „Praktiken der Anonymität“ wie Beichte, Peer Review, Organspende. Vergleichbares veranschaulichte MAREN KLOTZ (Berlin) in ihrem Vortrag zu Eizell- und Samenspenden („anonymer Tausch“). In der Diskussion stellte sich „Transparenz“ als Gegenbegriff zu „Anonymität“ heraus.

Materialisierung im Sichtbarwerden latenter Prozesse

MANFRED SEIFERT (Dresden) setzte sich in seinem Plenarvortrag mit den „Rändern der Kultur“ auseinander und forderte physikalisch-organische Faktoren in der Kulturanalyse stärker zu berücksichtigen. Gemäß Robert Seiferts Theorie sozialer Affekte seien Mensch-Ding-Interaktionen als Wechselspiel aus Körperwahrnehmungen und dinglichen Eigenschaften zu begreifen.

Die Vortragenden des Panels „Krise begreifen“ machten Gegenständliches zum Ausgangspunkt, um Unsichtbares sichtbar zu machen: ALEXA FÄRBER (Hamburg) untersuchte Mitfahrgelegenheiten aus einer Alltagsperspektive: In den kooperativen Praktiken einer Low-Budget-Urbanität machte sie eine „verräumlichende, temporalisierende und subjektivierende Auswirkung“ von Materialität aus. Anhand von Kassenzetteln, „Objekten zweiter Ordnung“, verdeutlichte KERSTIN POEHLS (Hamburg) den Wandel der griechischen Wirtschaft en miniature: Die gouvernementalen Praktiken und Vorgaben zur Bewältigung der Krise lösten unter griechischen Konsument/innen und Steuerzahler/innen neue Praktiken und Wertvorstellungen aus, die Umgangsformen mit den Kassenbons wie Sammeln, Zerknüllen oder Zeigen sichtbar machten. Zuletzt stellte SILKE MEYER (Innsbruck) heraus, dass Akteur/innen ihre Verschuldung für immaterielle Güter wie Bildung narrativ rechtfertigten, während sie sich von finanzieller Verschuldung für materielle Güter distanzierten.

(Natur)Katastrophen, wie Lawinenabgänge und Erdbeben, hinterlassen materielle und diskursive Spuren wie JAN HINRICHSEN, SANDRO RATT (Tübingen) und ALESSANDRO SIMONICCA (Rom) im Panel „Die Kultur der Katastrophe und die Materialisierung von Kultur“ diskutierten. Ihre Analyse von sowohl prä- als auch postkatastrophalen Zusammenhängen rückte neben diskursiven Materialisierungseffekten die „Eigenwirksamkeit des Materiellen“ in den Blick. So erörterten die Vortragenden verschiedene Dimensionen sozio-materieller Wechselbezüge und plädierten vor diesem Hintergrund für ein prozessuales Verständnis von Katastrophen.

Die Sektion Raum-Bildungen konzentrierte sich auf bauliche Seiten der Urbanität. HEIDRUN ALZHEIMER (Bamberg) ging in ihrem Vortrag der Geschichte der Gewächshäuser der Stadt Bamberg nach, wobei sich das Gewächshaus vom Objekt der Oberschichten zu einem insbesondere auch ökonomisch bedeutsamen Alltagsobjekt entwickelte. MARIE LUISE BIRKHOLZ (Berlin / Weimar) beschäftigte sich aus ihrer Perspektive als Bildhauerin mit dem (städtischen) Bodenbelag als Ausdruck politischer Machtprozesse. ANA ROGOJANU (Wien) zeigte am Beispiel von Baugruppen, wie sich ein spezifisches Ideal von Gemeinschaft architektonisch im urbanen Raum materialisiert. Das Versprechen als Voraussetzung für Materialisierungen in unterschiedlichen Kontexten des Bauprozesses stellte MANFRED OMAHNA (Graz) heraus.

Praktiken des Bewertens, Ordnens und Vermittelns

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich HANS PETER HAHN (Frankfurt am Main) zufolge vermehrt Theorien über Dinge hinsichtlich ihrer sozialen Funktion als Bedeutungsträger und des Bedürfniswandels durchgesetzt. Der Ethnologe warnte in seinem Plenarvortrag vor einer unreflektierten Aufwertung vielbeachteter Dinge. Stattdessen sei eine angemessene Beschreibung der Wechselbeziehung zwischen Menschen und „geringen Dingen“ erforderlich. Künftig müsse die Aufmerksamkeit vermehrt der Wirkung der Dinge auf die Sinneswahrnehmung und der reaktiven Praxis gelten.

Die akute Bedeutsamkeit und Gestalt von Dingen ergibt sich bisweilen erst in Handlungszusammenhängen der Benennung, Typisierung und Reorganisation, wie die ‚Berliner‘ Sektion „Plausible Dinge in epistemischen Praktiken“ zeigte. Im Kontext reproduktionsmedizinischer Labors legte SVEN BERGMANN (Berlin) die Rolle von Etiketten als Mittler dar, welche die kontrollierte Übertragung oder Umwandlung von Verwandtschaftsverhältnissen bedingen. Am Beispiel des Museumsobjekts ‚Tracht‘, zeigte FRANKA SCHNEIDER (Berlin), dass dessen Materialität sich im Kontext veränderlicher Inventarisierungsnormen keinesfalls gleich bleibt. SABINE IMERI (Berlin) analysierte das in der Reduktion dennoch komplexe Format von Bauernhausmodellen im Museum. Ihr Verweischarakter verschleiere den Objektstatus. Eine in der therapeutischen Kommunikation einflussreiche räumliche Anordnung stellte MARTINA KLAUSNER (Berlin) vor: Die Ubiquität des Stuhlkreises wirke sich – je nach Perspektive – heilsam oder problematisch aus.

Die Sektion „Sinn ordnen“ erörterte die strukturierende Komponente der Dinge: BURKHARD PÖTTLER (Graz) zeigte anhand einer archivalischen Nachlassuntersuchung, dass sich von prestigeträchtigen Objekten keineswegs Rückschlüsse auf das Prestige der Besitzer/innen ziehen lassen. Ebenfalls Archivgut – Karten und Listen aus Arbeitsämtern um 1900 – analysierte THOMAS BUCHNER (Wien); diese Objekte erlaubten Rückschlüsse auf historische Arbeitspraktiken. LYDIA-MARIA OUART (Berlin) untersuchte anhand von Bögen der Leistungsnachweise in der Alltagspflege, was Ökonomisierung in der Praxis bedeutet. ELISA RIEGER (Graz) demonstrierte in ihrem Vortrag zur „Materialisierung von Erfahrung der Leere“ durch buddhistische Praktiken eine Paradoxie: „Wer über Leere redet, füllt sie“.

Die Sektion „Objekt-Welten“ thematisierte den Umgang mit Dingen in Museen. NINA GORGUS (Frankfurt am Main) widmete sich dem Stellenwert von Sammlungen anhand zahlreicher Praxisbeispiele, zugleich dem ‚Entsammeln‘ und partizipatorischen Ansätzen. HERLINDE MENARDI und KARL C. BERGER (Innsbruck) präsentierten das Ausstellungskonzept am Tiroler Volkskunstmuseum, das insbesondere auch unangenehme Fragen aufwerfen will. Die beiden folgenden Beiträgen konzentrierten sich auf politische und ethische Problematiken: JULIANE STÜCKRAD (Jena) berichtete von der Neukonzeption des Karl-May-Museums in Radebeul und den Schwierigkeiten dem Ansehen von Karl May gerecht zu werden, ohne dabei Stereotype zu reproduzieren. TANJA SCHUBERT-MCARTHUR (Wellington) zeigte, wie das neuseeländische Nationalmuseum Te Papa Tongarewa als Ort postkolonialer Aushandlungen fungiert.

Die Vorträge des Kongresses zeugten davon, dass zahlreiche laufende Untersuchungen in der Volkskunde/Europäischen Ethnologie/Kulturanthropologie/Empirischen Kulturwissenschaft weiterführende Erkenntnisse zur interdisziplinär wichtigen Fragestellung nach dem Stellenwert der Materialisierung versprechen. Ungeachtet der Vielfalt der empirischen Fallbeispiele war als gemeinsame Tendenz zu erkennen, dass herkömmliche Dichtomisierungen und zweifelhafte Kategorisierungen dekonstruiert und zugleich alternative Zugänge eröffnet werden. Vornehmlich diagnostizierten die Teilnehmer/innen dynamische Kontexte des Herstellens und Deutens verschiedener Dimensionen von Materialität. Dabei stellte sich das epistemische Moment als eine aktuelle Leitlinie des Kongresses heraus.

Der Kongress hat gezeigt, wie vielfältig aktuelle Forschungen und Zugänge zu materieller Kultur und der Materialisierung von Kultur sind. Es steht zu hoffen, dass die zahlreichen Vorträge und anschließenden Diskussionen, die gern noch ausgiebiger hätten ausfallen dürfen, als wichtige fachliche Impulse und über disziplinäre Grenzen hinweg nachwirken.

Konferenzübersicht:

Grußworte

Karl Braun, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde

Julia Lehner, Kulturreferentin der Stadt Nürnberg

Richard Schenk, Präsident der Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt

Michael Henker, Leiter der bayerischen Landesstelle für die nicht-staatlichen Museen

Eröffnungsvortrag
Moderation: Karl Braun (Marburg)

Sharon Macdonald (York):How Things matter – Stories from Nuremberg

Panel 1 „Die Kultur der Katastrophe und die Materialisierung von Kultur“
Moderation: Reinhard Johler (Tübingen)

Jan Hinrichsen (Tübingen): Diskurs und die Materialität der Natur. Über die kulturelle Vermessung von Lawinenkatastrophen im zentralen Alpenraum

Sandro Ratt (Tübingen): Blons 1954. Kulturtheoretische Überlegungen zu einem soziomateriellen Extremereignis

Alessandro Simonicca (Rom): Das Erdbeben in L’Aquila (Italien) im Jahre 2009. Bemerkungen aus einer Feldforschung zur Kultur der Katastrophe

Panel 2 „Krise begreifen. Über Europäisierung, Alltagsökonomie und den Umgang mit Dingen“
Organisatorinnen: Asta Vonderau (Mainz), Kerstin Poehls (Hamburg)

Alexa Färber (Hamburg): Austerity-urbanism oder Low-Budget-Urbanität? Zwei Perspektiven auf Urbanität im Zeichen von Schulden- und Wirtschaftskrise

Kerstin Poehls (Hamburg): Zettelwirtschaft. Consumer Citizenship, Europäisierung und Krisenpolitik in Griechenland

Silke Meyer (Innsbruck): Arrangement mit der Krise. Internalisierungsformen von Schuldregimen

Alexandra Schwell (Wien): Kommentar und Diskussion

Panel 3 „Infrastrukturen der Nachhaltigkeit. Studien zur Materialisierung von Wissen und Normativität in technologischen Kulturen“

Stefan Beck (Berlin): Einführung: Ökologische Infrastrukturforschung

Franziska Sperling (Frankfurt am Main): Politisch induzierte Transformationsprozesse im ländlichen Raum: Biogaserzeugung in Bayern

Sabrina Mutz (Berlin): Prozesse des Infrastruktur-machens: Erneuerbare Energien aus Biomasse in Brandenburg

Andrea Vetter (Berlin): „Is it simple to produce?“ – Konviviale Technik zwischen High Tech und Kompostklo

Stefan Beck (Berlin): Kommentar: Von Infrastruktur zu Infrastrukturierung

Sektion I „Sach-Wissen“
Moderation: Daniel Drascek (Regensburg)

Guido Fackler (Würzburg), Brigitte Heck (Karlsruhe): Von Vogelscheuchen und der Handlungsmacht der Dinge

Christian Marchetti (Tübingen): Besetzte Räume, bewegte Dinge und volkskundliches Wissen

Christian Schönholz (Marburg): Epistemische Objekte, Wissensgenerierung und Universalismus im Werk Rudolf Virchows

Konrad Kuhn (Basel): Markt-Masken – Dinge zwischen performativen Praktiken, kultureller Symbolik und materieller Produktion

Sektion II „Erinnerung einschreiben“
Moderation: Silke Göttsch-Elten (Kiel)

Valeska Flor (Innsbruck): „Zu wissen, dass unser Haus noch existiert, besucht werden kann, hat die Umsiedlung einfacher gemacht.“ Translozierte Gegenstände aus Umsiedlungsorten des Rheinischen Braunkohlereviers

Kerstin Kraft (Marburg): Textile Erinnerung

Judith Kestler (Würzburg): „Mit Axt und Säge.“ Zur erzählstrategischen Relevanz von Dingen in leitfadengestützten Interviews

Sektion III, MA/Magister-Sektion
Moderation: Irene Götz (München)

Josef Heid (München): „Mensch-Smartphone-Partnerschaften“ und „Hybrid-Aktanten“ – Zum Wandel des Alltags von Smartphone-Nutzern

Raphael Reichel (Würzburg): Ikonen des Verfalls. Zur Rezeption ‚moderner Ruinen‘ im Medium der Fotografie

Anna Symanczyk (Hamburg): Drei Ebenen der Materialisierung – Über Fotografien von historischen Schaufenstern

Panel 4 „Plausible Dinge in epistemischen Praktiken“
Moderation: Beate Binder (Berlin)

Sven Bergmann (Berlin): Aufkleber. Die Etikettierung von Verwandtschaft im klinischen Labor

Franka Schneider (Berlin): Tracht als Karteikarte. Zur materiellen Organisation musealen Sammelns

Sabine Imeri (Berlin): Bauernhausmodelle als plausibles Format

Martina Klausner (Berlin): Der Stuhlkreis als therapeutischer Akteur einer psychiatrischen Station

Panel 5 „Anonyme Dinge – Praktiken der Anonymität – anonymer Tausch: Über die kulturelle Produktivität einer unterschätzten sozialen Tatsache“
Konzeption, Organisation und Einführung: Michi Knecht (Berlin / Bremen)

Andreas Wittel (Nottingham): Anonymous Encounters in the Social Web.

Götz Bachmann (Lüneburg / London): Anonymität und Atmosphäre. Online-Kuki auf der japanischen Video-Plattform Nico Nico Douga

Maren Klotz (Berlin): Transparentisierung? Materielle Infrastrukturen familiären Wissens und die Abkehr von Anonymität und Geheimnis bei assistierter Familienbildung

Michi Knecht (Berlin / Bremen): Verdinglichung, Personwerdung und die anonyme/nicht-anonyme Weitergabe von Samen

Panel 6 „Wissen, Erfahrung und Verdinglichung in Kulturen populärer Unterhaltung und Vergnügung“
Moderation: Brigitte Frizzoni (Zürich)

Marketa Spiritova (Regensburg / München): „Genosse ärgere dich nicht!“ Brettspiele als Zugang zur populären Erinnerungskultur im östlichen Europa

Marguerite Rumpf (Marburg): Materialisierung des Mittelalters? Über die Herstellung und den Kauf ‚mittelalterlicher‘ Kleidung heute

Manuel Trummer (Regensburg): „Früher war alles besser.“ Retrophänomene in den populären Unterhaltungskulturen

Plenarvorträge 1 und 2
Moderation: Harm-Peer Zimmermann (Zürich)

Hans Peter Hahn (Frankfurt am Main): Die geringen Dinge des Alltags und die Herausforderung eines angemessenen Zugangs in den material culture studies

Regina Bendix (Göttingen): Zwischen Wollen und Müssen. Zur Fixierung des Ephemeren

Sektion IV „Raum-Bildungen“
Moderation: Brigitta Schmidt-Lauber (Wien)

Heidrun Alzheimer (Bamberg): Die Orangerie des ‚kleinen Mannes‘. Gewächshäuser und Mistbeete als Innovationsindikatoren im privaten und gewerblichen Gartenbau des 19. Jahrhundert

Marie Luise Birkholz(Berlin): Gebaute Repräsentanz – über den praktischen, imaginären sowie politischen Gehalt innenstädtischer Bodenbeläge

Ana Rogojanu (Wien): „Gemeinsam bauen und wohnen“ – Materialisierungen von Gemeinschaftlichkeit im urbanen Raum

Manfred Omahna (Graz): Materialität als Prozess – „Das Versprechen“ als repetitive Ressource des Gebauten

Sektion V „Technik formen“
Moderation: Thomas Hengartner (Zürich)

Henrike Haug (Berlin): „Durch Wiszenhait dieser Kunst erlangt ich groszer Herrn Gunst.“ Die Äquiationsuhr von Jost Bürgi im Astronomisch-Physikalischen Salon von Kassel

Eike Lossin (Würzburg): Licht und Beleuchtung (1637–1704). Diskurse, Praktiken, Wahrnehmungen

Andreas Möllenkamp (Rostock): Das Homestudio als Technotop und Habitat. Musikpraxis im digitalen Medienwandel

Sektion VI „Sinn ordnen“
Moderation: Sabine Kienitz (Hamburg)

Burkhard Pöttler (Graz): Zwischen Prestige und Schande: Materialisierungen von Lebenspraxen am Beispiel archivalischer Quellen

Thomas Buchner (Wien): Listen, Karten und Märkte. Registrieren in frühen deutschen Arbeitsämtern (1890 –1914)

Lydia-Maria Ouart (Berlin): „Pflegeleistungen wirtschaftlich erbringen“. Praktiken der Ökonomisierung in der ambulanten Altenpflege

Elisa Rieger (Graz): Nichts ist ohne Grund. Materialisierungen von Erfahrungen der ‚Leere‘ in der buddhistischen Meditation

Sektion VII, Studentische Sektion

Jana Stadlbauer (Bamberg): „Jeans überschreitet Grenzen“ – Ein studentisches Projekt im „Geburtshaus Levi Strauss Museum Buttenheim“: Zu Fragen der musealen Umsetzung kulturwissenschaftlicher Fokussierungen und Methoden

Benedikt Kroll (Frankfurt am Main): Empirie-Blog

Buket Borihan, Antonia Franckenstein, Sandra Hilzinger, Lisa Reinthaler (Innsbruck): Reden über Geld. Der Umgang mit ökonomischen Ressourcen bei Langzeitreisenden

Michael Geuenich, Marie Heidenreich (Münster): „Ausflug Familie 1971“ und „Thomas 3 Wochen“ – Familienfilme als kulturanthropologische Quelle

Bernd Beck, Mira Bodewig, Sigrid Haller, Hanna Köhler, Julia Krämer, Christian Krüger, Johannes Müller (Würzburg): Liebesschlösser. Eine ethnographische Erkundung

Jubiläumsvortrag 50 Jahre dgv
Moderation: Karl Braun (Marburg)

Konrad Köstlin (Wien): Ad exemplum dgv: Materialisierte Kohäsion

Plenarvorträge 3 und 4
Moderation: Georg Seiderer (Erlangen)

Manfred Seifert (Dresden): Jenseits des kulturwissenschaftlichen Szientismus: die Kontaktfelder Stimmung und Empfindung

Monique Scheer (Tübingen): Die Materialität religiöser Emotionen

Sektion VIII „Objekt-Welten“
Moderation: Thomas Thiemeyer (Tübingen)

Nina Gorgus (Frankfurt am Main): Alte Sammlungen, neue Zugänge? Vom innovativen Umgang mit Museumssammlungen

Herlinde Menardi, Karl C. Berger (Innsbruck): Luzifer und das Materielle

Juliane Stückrad (Jena): Zum Umgang mit ‚fremden Dingen‘ in der Indianersammlung des Karl-May-Museums in Radebeul

Tanja Schubert-McArthur (Wellington): Bikulturalität in der Museumspraxis: Materialisierung von postkolonialen Beziehungen am Beispiel des Te Papa Tongarewa in Wellington

Sektion IX „Ding-Beziehungen“
Moderation: Barbara Krug-Richter (Saarbrücken)

Martina E. Becker (Münster): Bedeutung und Umgang geschenkter Objekte in interkulturellen Tauschprozessen am Beispiel des deutsch-polnischen Schüleraustausches

Anamaria Depner (Frankfurt am Main): „Ich nehm’ die mit oder ich zerschmeiß sie an der Wand!“ Zum Umgang mit persönlichen Dingen beim Umzug ins Altenheim

Sebastian Kestler-Joosten (Würzburg): Waren und Geschenke als Materialisierungen deutsch-amerikanischer Beziehungen

Thomas Kühn (Hamburg / Würzburg): Instrumente Marke Eigenbau. Zum Verhältnis von Wissen, Akteuren und handwerklichen Praktiken im Revival von Musikinstrumenten

Sektion X „Körper-Praktiken“
Moderation: Katharina Eisch (Graz)

Christine Bischoff, Agnes Swidergol (Hamburg): Dinge und Undinge – Zur digitalen Gestik des Machens

Jurij Fikfak (Ljubljana): Embodied Exclusion and Exclusion in process. Two Carinthian Rituals (April and October)

Grit Höppner (Wien): Schöne Materialisierung: Zur Verkörperung des „schön seins“ am Beispiel von Wiener/innen in Pension

Markus Tauschek (Kiel): Materialisierungen von Konkurrenz: zur formatierenden Kraft kompetitiver Settings

Panel 7 „Zur Materialität biomedizinischen Wandels – Perspektiven kulturwissenschaftlicher Gesundheitsforschung“
Moderation: Dagmar Hänel (Bonn), Sabine Wöhlke (Göttingen)

Martin Schultze (Berlin): „So eine Plattform, die Sie hier machen, hätte ich damals nach der Diagnose Prostatakrebs gebraucht“ – Die Materialität von Krankheitserfahrungen im Internet

Anna Palm (Mainz): Kulturanthropologische Perspektiven auf Nahrungsmittel zwischen Gesundheit, Genuss, Disziplinierung und Risiko

Eberhard Wolff (Basel): Der „Hühnermensch“ von Taucha oder die Vieldeutigkeit eines konservierten Fötus von 1735 bis heute

Panel 8 „The Poetics and Politics of Exibiting the Other: Critical Notes from an interdisciplinary Perspective”
Moderation: Sabine Hess (Göttingen)

Beiträge: Regina Wonisch (Klagenfurt), Nora Sternfeld (Helsinki), Natalie Bayer (Göttingen)

Kommentar: Maja Povrzanovic Frykman (Malmö)

Panel 9 „Materialität und Faktizität virtueller Welten“
Moderation: Gertraud Koch (Hamburg)

Barbara Frischling (Graz): Facebook als Spielwiese für Selbsttechnologien. Zur Bedeutung sozialer Netzwerkseiten im Kontext einer subjektivierten Gesellschaft

Alexander Riedmüller (Bamberg): Zwischen „digital diaspora“ und „real virtuality“. Das Kythera-Family-Net

Manuel Heib (Marburg): Interfaces. Wechselwirkung und Materialität als Ursprung von Subjektivierung

Abschlussvortrag
Moderation: Karl Braun (Marburg)

Angela Treiber (Eichstätt / Ingolstadt): Produktkultur – Moral – Praxis. Zur Materialisierung gesellschaftlicher Orientierungsstandards


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