Teaching Ecocriticism in Scandinavian Studies

Teaching Ecocriticism in Scandinavian Studies

Organisatoren
Ecocritical Network for Scandinavian Studies (ENSCAN) (in Zusammenarbeit mit der Abteilung für skandinavische Sprachen und Literaturen des Instituts für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn)
Ausrichter
in Zusammenarbeit mit der Abteilung für skandinavische Sprachen und Literaturen des Instituts für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
PLZ
53111
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Fand statt
Hybrid
Vom - Bis
09.06.2022 - 10.06.2022
Von
Arne C. Suttkus, Historisches Seminar, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Die international besetzte und interdisziplinär aufgestellte Tagung „Teaching Ecocriticism in Scandinavian Studies“ setzte sich mit Erfahrungen und Perspektiven im Umgang mit ökokritischen Lehrinhalten an Universitäten auseinander, schwerpunktmäßig orientiert an der Skandinavistik. Nach einer Einführung in die Tagungsmodalitäten und das Thema durch KATHRIN CHLENCH-PRIBER (Bonn), THOMAS FECHNER-SMARSLY (Bonn) und JUDITH MEURER-BONGARDT (Bonn) wurden Herausforderungen und didaktische Grundprobleme erörtert.

Zum Einstieg lieferte ERIK ZILLÉN (Lund) einen Erfahrungsbericht aus der Lehrpraxis in der schwedischen Literaturwissenschaft. Er konstatierte ein großes Interesse an ökokritischen Themen bei Studierenden des Faches. Anhand des Seminarplanes und der behandelten zeitgenössischen Literatur in schwedischer und englischer Sprache entwarf Zillén ein mögliches Modell, an welchem abzulesen war, dass ökologische Aspekte nur eine Facette der ökokritischen Literatur ausmachen. Grundlegend stellte er fest, dass Ökokritik verschiedene Fragen im Verhältnis zwischen Literaturwissenschaft und Gesellschaft aufwerfe.

Ein der rein frontalen Lehre abgewandtes Lehrmodell stellten LINE HAANES GAGNAT (Trondheim) und PER ESBEN MYREN-SVELSTAD (Trondheim) vor, die sich im Rahmen eines Promotionsprojektes um schülergesteuerte Literaturbetrachtung mit dem interdisziplinären Thema auseinandersetzen. Die Lehrperson gebe im sokratischen Sinne eine Hilfestellung zur eigenständigen Erarbeitung von Texten, erprobt in einem Seminar mit Masterstudierenden. Anhand von Auszügen aus dem Kursprotokoll konnten sie die Eigenleistungen der Studierenden veranschaulichen.

Die Perspektive des mediävistischen Unterrichts griffen JONAS KOESLING (Reykjavík) und TIFFANY N. WHITE (Berkeley) auf, wobei sie zunächst darauf verwiesen, dass die mittelalterlichen Literaturen des Nordens in dieser Hinsicht noch wenig repräsentativ untersucht seien. Auch warfen sie die Überlegung auf, ob die Kriterien für ökokritische Studien in modernen und mittelalterlichen Literaturen verschieden seien. Sie arbeiteten in ihren weiteren, an Beispielen aus der altnordischen Literatur orientierten Ausführungen verschiedene denkbare Kategorien zur Betrachtung des Verhältnisses zwischen Mensch und Umwelt heraus.

ELŻBIETA ŻURAWSKA (Kraków) widmete ihren Beitrag erneut dem Unterricht in der jüngeren schwedischen Literatur aus eigener Erfahrung in der universitären Lehre. Einen neuen Aspekt brachte sie ein, indem sie Zusammenhänge zwischen dem Unterrichtsthema ökokritischer Literatur und den Schulstreiks für das Klima erstellte, im Sinne einer Studie zu Milieuzusammenhängen im fraglichen Interessenbereich. Auch Żurawska ging auf die Literaturvorschläge der Studierenden zur Seminargestaltung ein.

SOPHIE WENNERSCHEID (København) brachte dem Plenum angewandte literarische Nahrungsmittelstudien nahe. Sie entwarf, ausgehend von der Bedeutung der Ernährung in der dänischen Literatur, einen aktivistischen Ansatz, welchen sie als maßgeblich im Umgang der Menschen mit den ökologischen Problemen in Gegenwart und Zukunft bezeichnete. In der interdisziplinären Erforschung von Ernährung und Landwirtschaft und einer offenen Weitergabe der gewonnenen Erkenntnisse sah Wennerscheid einen bedeutenden Schritt hin zum Wandel.

Mit sogenannten „wicked problems“ im Umgang mit der Entwicklung von Nachhaltigkeitskompetenzen setzte sich INGRID HILMER (Stavanger) auseinander. Die Erkenntnis, mit komplexen Problemstellungen ohne deutliche oder eindeutige Lösung umzugehen, markierte sie als unumgänglich in der Lehre zum Nachhaltigkeitsthema, welches gleichwohl als Schulstoff aufgegriffen werden müsse. Ziel sei es, Klimaveränderungen nicht zu ignorieren, sondern eine gemeinsame Verantwortung für die Umwelt und einander zu erkennen.

Den ersten Keynote Slot beschloss NINA GOGA (Bergen) mit einer Annäherung an eine fachdidaktische Perspektive auf eine Literaturauswahl für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende. Entscheidend sei, wer wähle und was ausgewählt werde. Anhand textimmanenter Kriterien stellte Goga ein Modell für ein Literaturpensum zur Nachhaltigkeitslehre vor, welches durch gemeinsame Entscheidungen von Lehrenden und Unterwiesenen zu entwickeln sei.

Den Abschluss des ersten Tages zur studentischen Perspektive bestritten ALICE SALAMENA (Köln) und BETTINA JOEL (Bonn). Gemeinsam sprachen sie sich für ein Nebeneinander klassischen Frontalunterrichts mit aktiveren Unterrichtselementen aus, in welchem der Seminarraum zu einem Ort werde, der eine Veränderung im Umgang mit der Umwelt ermögliche. Praktisches Wissen solle neben metakognitivem Wissen und Werten ein Konvolut zukunftsweisender Lehre sein. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngst erfahrenen Distanzlehre wurde der Wunsch zu einer Universität als vielschichtigem Begegnungsort geäußert.

Der zweite Tag wurde gänzlich Beispielen für ökokritische Lehre gewidmet. Es eröffneten KATIE RITSON (München) und FREDERIKE FELCHT (Frankfurt am Main) mit Perspektiven auf das Meer, wobei eine kreative Herangehensweise zur eigenen Textproduktion einen Einstieg ermögliche. Vorgeschlagen am Beispiel des dänischen Wattenmeeres wurde ein Seminarkonzept, das ein eigenes Erleben des Naturraumes Meer, etwa durch eine Exkursion, einer Auseinandersetzung mit Literatur über das Meer voraussetze.

Eine Verknüpfung von lokalen Sagen mit dem Konzept der Bioregion erstellte ANN SYLVI LARSEN (Trondheim). Die Beschäftigung mit der eigenen Umwelt anhand von Lokalsagen führe zur Erkenntnis, das Vorhandene als schützenswert zu behandeln. Darin liege auch eine Möglichkeit zum ökokritischen Schulunterricht und einer Beförderung der Nachhaltigkeit in längerer Sicht. Zuletzt hob Larsen die Wiederholung von Sagentypen in verschiedenen Regionen hervor.

MAGNE IVAR DRANGEID (Stavanger) nutzte die neue englische Übersetzung (2019) des Gedichtbandes Den sommeren (1971) von Inger Hagerup. Im Zusammenwirken mit den skurrilen Illustrationen von Paul René Gauguin werde aus der Natur metaphorisch für eine Übertragung in die Menschenwelt geschöpft, was letztlich das Zusammenleben von Mensch und Umwelt zu einer mehr als menschlichen Welt verknüpfe, in welcher die Dichterin als Agentin der Wesen auftrete, die nicht in der Lage seien, die menschliche Sprache zur Verständigung zu nutzen. Das Buch sei deutlich ökokritisch ausgerichtet, ohne dass zur Zeit des Erscheinens die theoretische Grundlage entwickelt gewesen wäre.

Den Roman Zweet (2015) von Marit Kaldhol analysierte MARIT LOVISE BREKKE (Volda) unter dem Eindruck einer inzwischen hohen Bedeutung der Ökokritik in Norwegen. Der Jugendroman durchbreche mit seiner sensiblen Hauptfigur die Grenze der realistischen Gegenwartsbetrachtung durch Aspekte des Ökokritischen und Posthumanen. Brekke schilderte die drei Perspektiven, aus denen das Buch zu betrachten sei, eine Mikro- und Makroperspektive sowie eine soziale Perspektive.

Weiterhin im Bereich der Jugendkultur konstatierte LISA KÄLLSTRÖM (Lund) eine Aufnahme Greta Thunbergs als literarische Gestalt in den Charakter eines Allgemeingutes. Unter Einbeziehung von in Buchillustrationen aufscheinenden optischen und charakterlichen Parallelen verglich Källström die Ikone des jungen Klimaaktivismus mit Pippi Langstrumpf. Auffällig seien neben der zum Erkennungszeichen generierten gelben Regenjacke wiederkehrende Züge besonderer Stärke der Schwedin und der Befähigung zur Ermächtigung der Kinder gegenüber den fehlerhaften Handlungsweisen der Erwachsenen.

Die ökokritischen Aspekte im schriftstellerischen Werk des königlich dänischen Statthalters in Schleswig-Holstein, Heinrich Rantzau, im 16. Jahrhundert betrachtete ARNE SUTTKUS (Kiel), wies auf dessen lateinische Texte als Quelle für den Umgang der Menschen am Rande des Nordens mit ihrer Umwelt hin. So behandelte Suttkus weitgefächerte Themen wie Heilkunde, Gärten und die Waldnutzung, nicht zuletzt Rantzaus Aufforstungsprojekte. Schließlich schlug er für Studierende eine Exkursion zur Erfahrung naturräumlichen Wandels an den Lebensorten Heinrich Rantzaus vor.

JENNA COUGHLIN (Northfield, MN), IDA MOEN JOHNSON (Madison, WI) und RUTH SEIERSTAD STOKKE (Oslo) entwarfen produktive Paare literarischer Texte, die sich durch verschiedene Blickwinkel auf die Arktis auszeichnen, einmal in der Fremdperspektive der Arktiseroberung, dann wiederum durch die Repräsentation des Tieres in der Arktis und schließlich das Erleben des Klimawandels an den natürlichen Gegebenheiten. Die Spiegelung der Literatur unter spezifischen thematischen Klammern diene vor allem dem Spannungsfeld, in welchem eine Debatte für den Unterricht fruchtbringend entstehen könne.

Zum Abschluss der Tagung wurde eine von Judith Meurer-Bongardt und Thomas Fechner-Smarsly moderierte Diskussion zu den gesammelten Eindrücken der Tagung und Perspektiven für die künftige Richtung in Forschung und Lehre unter ökokritischen Aspekten geführt.

Konferenzübersicht:

Kathrin Chlench-Priber / Thomas Fechner-Smarsly / Judith Meurer-Bongardt (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn): Introduction

Challenges and Didactics

Erik Zillén (Lunds Universitet): Samtida ekolitteratur: några didaktiska utmaningar

Line Haanes Gagnat / Per Esben Myren-Svelstad (Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim): Literature Education for Sustainability: The Promise of Dialogic Approaches to Complex Texts

Jonas Koesling (Háskóli Íslands, Reykjavík) / Tiffany N. White (University of California, Berkeley): Ecocriticism in Old Nordic / Pre-Modern Scandinavian Studies: On Developing Teaching

Elżbieta Żurawska (Uniwersytet Jagielloński w Krakowie): Från svensk till nordisk litteratur – att undervisa om ekokritiska perspektiv

Sophie Wennerscheid (Københavns Universitet): Teaching Applied Ecocriticism

Ingrid Hilmer (Universitetet i Stavanger): What criteria could teachers use when choosing texts for literary SDE, with particular emphasis on wicked problems

Nina Goga (Høgskulen på Vestlandet, Bergen): Hva gjør vi med litteraturpensumet når norskfaget skal være med å fremme bærekraftig utvikling?

Students‘ Perspective

Alice Salamena (Universität zu Köln) / Bettina Joel (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn): Ecocriticism – From the other side of the classroom

Examples

Katie Ritson (Ludwig-Maximilians-Universität München) / Frederike Felcht (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Challenges and Opportunities in Teaching the Sea: A Conversation

Ann Sylvi Larsen (Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim): Local legends in school as part of ecocritical education

Magne Ivar Drangeid (Universitetet i Stavanger): Poetry in the “metamorphic zone”: The “more-than-human” in Inger Hagerup’s That Summer (1971/2019)

Marit Lovise Brekke (Høgskulen i Volda): Ecocritical and didactical perspectives on Zweet by Marit Kaldhol

Lisa Källström (Lunds Universitet): Berättelsen om flickan i gul regnjacka. Det nordiska som en konstituerande faktor i Greta Thunberg narrativ

Arne Suttkus (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel): Man and Nature in Late Renaissance Slesvig-Holsten and Denmark. Living in and with Nature through the Lens of the King’s Governor Henrik Rantzau

Jenna Coughlin (St. Olaf College, Northfield, MN) / Ida Moen Johnson (University of Wisconsin-Madison) / Ruth Seierstad Stokke (Oslo Metropolitan University): “Productive Pairs”: An Ecocritical Pedagogy Roundtable

Closing discussion

Redaktion
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Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Danish, Englisch, Norwegian, Swedish
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