„Wahre“ und „falsche“ Heiligkeit

„Wahre“ und „falsche“ Heiligkeit

Organisatoren
Historisches Kolleg, München; Hubert Wolf, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Ort
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.01.2012 - 21.01.2012
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Von
Holger Arning, Seminar für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Im 19. Jahrhundert kam es im Katholizismus zu einer erneuten Blüte intensiver, oft „von unten“ ausgehenden Frömmigkeitsformen. Breite Bevölkerungsgruppen sprachen Personen, die von Transzendenzerfahrungen berichteten, Heiligkeit zu. Wie wurden dabei die Grenzen zu „falschem Mystizismus“ und „Hysterie“ gezogen? Und wie sind diese Phänomene historisch einzuordnen? Diesen Fragen war das interdisziplinäre Kolloquium „,Wahre‘ und ‚falsche‘ Heiligkeit“ vom 19. bis 21. Januar 2012 am Historischen Kolleg in München gewidmet, das im Rahmen eines einjährigen Fellowships des Kirchenhistorikers HUBERT WOLF (Münster/München) stattfand.

Wolf stellte einleitend seine Forschungen zu einem Inquisitionsprozess wegen Mordes und „angemaßter Heiligkeit“ der Jahre 1859 bis 1862 vor, zu dessen Kontextualisierung die Tagung konzipiert war. Im römischen Frauenkloster San Ambrogio wurden demnach mindestens zwei Schwestern vergiftet. Mögliche Motive waren Machtkämpfe, Eifersucht und die Angst, sexuelle Beziehungen zu Klerikern und Mitschwestern könnten enthüllt werden. Wegen ihrer Visionen und Ekstasen galt die Hauptangeklagte in ihrer Umgebung als heilig. Sie behauptete, der Tod der Opfer sei von der Gottesmutter prophezeit worden. Andere Vergehen habe der Teufel in ihrer Gestalt begangen. Eine Schlüsselrolle spielte Joseph Kleutgen, der Beichtvater der Angeklagten. Der Jesuitenpater war Wolf zufolge entscheidend an der Begründung des Unfehlbarkeitsdogmas beteiligt. Mystizismus und der „Sprung in die Übernatur“ hätten unter Pius IX. auch die Theologie und die Entwicklung des Lehramtes geprägt.

Die vier Beiträge des ersten Panels boten einen allgemeinen Überblick über Heiligkeit in Religion und Kirche. Dem Altphilologen und Religionshistoriker WOLFGANG SPEYER (Salzburg) zufolge stand der von seinen Mitmenschen verehrte „numinose Mensch“ am Anfang der Subjektwerdung. Das Heilige sei ursprünglich durch die Ambivalenz von Segen und Fluch gekennzeichnet gewesen. In Antike und Christentum habe sich die Unterscheidung zwischen „wahrer“ und „falscher“ Heiligkeit zugespitzt. Die Wundertäter des Alten Testaments und des Christentums charakterisierte Speyer als „charismatische, sittlich-religiöse Gestalten“. Gegnern seien Verbindungen zu Dämonen oder zum Teufel nachgesagt worden. Das habe die Glaubenskämpfe der Christen untereinander sowie mit Juden und Heiden geprägt.

Der Kirchenhistoriker ARNOLD ANGENENDT (Münster) ging näher auf die Heiligkeitsvorstellungen im Christentum ein. Heiligkeit sei von Beginn an mit Macht und Gewalt verbunden gewesen: Wer das Heilige herausfordert habe, sei vernichtet worden, die Begegnung mit dem Heiligen habe der kultischen Reinheit bedurft. Jesus Christus hingegen habe Umgang mit „Unreinen“ gehabt und von aller Religionsgewalt Abstand genommen. Auch wenn bestimmte Reinheitsvorstellungen überdauert hätten, seien im Christentum der Lebenseinsatz für das Gotteswort und die Verausgabung im Armendienst entscheidende Kriterien für Heiligkeit geworden. Frauen seien im Christentum zwar vom Amt ausgeschlossen, träten im „Gottmenschentum“ aber gleichwertig auf.

NORBERT LÜDECKE (Bonn) schilderte auf Basis des aktuell geltenden Kirchenrechts das Heiligsprechungsverfahren und die an Heilige gestellten Anforderungen: Martyrium oder heroische Tugenden und Wundernachweise. Der „Ruf der Heiligkeit“ sei zwar Voraussetzung schon für ein Seligsprechungsverfahren, die endgültige Entscheidung liege aber immer beim unfehlbaren Lehramt des Papstes. Heiligsprechungen haben Lüdecke zufolge unter anderem die Funktion, die Volksfrömmigkeit kontrolliert zu fördern, Medienchancen zu nutzen, Leitbilder zu etablieren und „ungefährliche Partizipationsmöglichkeiten“ zu bieten. Das „personale Charisma“ neuer Heiliger lade das Amtscharisma des Papstes neu auf. Heiligsprechungen, so die abschließende These Lüdeckes, dienten letztlich dem Hierarchieschutz.

Die Historikerin GABRIELLA ZARRI (Florenz) eröffnete das zweite Panel, das den „falschen“ Heiligen und der „angemaßten” Heiligkeit gewidmet war. Laut Zarri fanden im 16. Jahrhundert im Volk zwei Heiligkeitsmodelle großen Anklang: zum einen ein mystisch-prophetisches weibliches, charakterisiert durch Fasten, Stigmatisierungen und Prophezeiungen, zum anderen ein asketisches männliches, gekennzeichnet unter anderem durch apokalyptisches Predigen und Bußübungen. Zugleich habe die humanistische Kultur ein aristokratisches Heiligkeitsmodell „von oben“ entwickelt, das auf moralische Tugenden beziehungsweise das Martyrium gründete. Protestantische Polemiken hätten ebenfalls dazu beigetragen, dass die römische Kirche lokale Volkskulte und die Frauenmystik zunehmend unterdrückte; „angemaßte Heiligkeit“ habe sich dabei vom Betrug zum Glaubensdelikt entwickelt.

Der Kirchenhistoriker CLAUS ARNOLD (Frankfurt am Main) ging auf den Molinosismus ein, benannt nach dem spanischen Mystiker Miguel de Molinos (1628-1696). Dieses „häresiologische Konstrukt“ sei weitgehend identisch mit dem Quietismus, dem das Ideal der „reinen, interesselosen Gottesliebe“ zugrundelag. Zur Verurteilung der Bewegung sei es im Rahmen eines Ordenskonflikts und einer kurialen Intrige gegen Papst Innonzenz XI. gekommen. Dieser habe – wie auch die Inquisition – die „modernen Mystiker“ zunächst verteidigt. Entscheidend für die Wahrnehmung der „Häresien“ seien aber schließlich die Sollicitatio, die Verführung im Beichtstuhl, sowie die religiöse Rechtfertigung von sexuellen Handlungen geworden, welche die Angeklagten auf den Einfluss von Dämonen zurückgeführt hätten. In den Prozessakten zum Fall „San Ambrogio“ tauche der Vorwurf des Molinosismus wieder auf.

Das dritte Panel fokussierte den Blick auf Privatoffenbarungen und Spiritismus im 19. Jahrhundert. Der Kirchenhistoriker KLAUS UNTERBURGER (Münster) wies für die vorangegangenen Jahrhunderte Tendenzen zur Formalisierung, Rationalisierung und Moralisierung der Heiligsprechungsverfahren und der Heiligenverehrung nach. Diese Entwicklung sei allerdings unvollständig geblieben: Die Verfahren hätten meistens nur durch päpstlichen Dispens erfolgreich abgeschlossen werden können, wodurch Patronage und Klientelismus zum Zuge gekommen seien; Wunder hätten die entscheidende Bestätigungsfunktion behalten. So sei die innerkatholische Aufklärung bald wieder in die Defensive geraten. Die ultramontane Frömmigkeit habe die Entfaltung des Übernatürlichen in der Seele, die empirische Erfahrbarkeit von Wundern und einen kindlichen Glauben gegen Intellektualität gesetzt. Kirchenpolitisch sei es darum gegangen, den Jesuitenorden zu fördern, die Moderne und den Rationalismus zu bekämpfen und die Kirche zu universalisieren.

Kirchenhistoriker BERNHARD SCHNEIDER (Trier) bezeichnete die Marienerscheinungen des 19. Jahrhunderts als neuen Ausdruck der charismatisch-prophetischen Dimension der Kirche nach der Diskreditierung der quietistischen Mystik. Die Marienfrömmigkeit habe alte Traditionen in neuer Form ausgewählt und zugespitzt, aber auch zu einer „Teil-Modernisierung“ geführt, etwa durch die Massenproduktion von Devotionalien und eine „Rationalisierung der Wunder“ durch das „medizinische Büro“ in Lourdes. Soziale Träger der Erscheinungen seien zumeist Frauen und Kinder gewesen, oft in abgelegenen ländlichen Gebieten. In Krisenzeiten habe die Marienverehrung Formen des sozialen Protests angenommen. Priestern sei eine wichtige Rolle bei der „korrekten Zuschreibung“ des Erfahrenen zugekommen. Gegnern der Kirche hätten die Marienerscheinungen Munition gegen die „feminisierte und infantilisierte“ Kirche geliefert. Die Kirchenhierarchie habe die Entwicklung zu kanalisieren versucht und nur wenige Erscheinungen offiziell approbiert.

Der Historiker OTTO WEIß (Wien) behandelte das Phänomen der Stigmatisierung. Von Franziskus und Padre Pio abgesehen, seien Stigmatisierungen vor allem von jungen Frauen bekannt und immer mit anderen außergewöhnlichen Erfahrungen verbunden. Die vermehrt auftretenden Stigmatisierungen im 19. Jahrhundert seien möglicherweise Symptome einer Modernisierungskrise im Katholizismus gewesen, die zu einer Flucht in die angebliche Sicherheit der Mystik geführt habe. Die als Empfangende, Passive und Leidende definierte Frau sei als berufen erschienen, das „Christsein in ihrem Körper zu verwirklichen“. Grundsätzlich habe es drei Erklärungsmodelle gegeben: göttlicher Ursprung, teuflischer Ursprung, ärztliche Diagnose. Oft im Gegensatz zum kirchlichen Lehramt hätten Teile des Kirchenvolkes und fundamentalistische Theologen selbstverständlich von Stigmata auf Heiligkeit geschlossen.

Die Dogmatikerin ELKE PAHUD DE MORTANGES (Freiburg im Breisgau) ging der Frage nach, ob Privatoffenbarungen für Gläubige verpflichtend sind. Die theologische Erkenntnislehre unterscheide zwischen der verbindlichen „revelatio publica“, die mit dem Tod der Apostel abgeschlossen worden sei, und der immer noch möglichen „revelatio privata“. An Privatoffenbarungen werde zunächst die „Quaestio facti“ angelegt, Glaubwürdigkeit sei durch Wunder zu erlangen. Bei der Frage nach der Verbindlichkeit von Privatoffenbarungen („Quaestio iuris“) habe sich ein Modell durchgesetzt, das einen essenziellen Unterschied zur „revelatio publica“ behaupte, die kirchliche Approbation lediglich als Unbedenklichkeitserklärung des Hirtenamtes betrachte, die Gläubigen insofern frei von jeder Glaubensverpflichtung sehe und eine „inhaltliche Weitung des Glaubensobjekts“ ausschließe. Diese Unterscheidung ermögliche es, das „Unbehagen gegenüber Erscheinungen ins Recht zu setzen“ und Privatoffenbarungen herabzustufen.

Der Historiker KLAUS GROSSE KRACHT (Münster) gab einen Überblick über den Spiritismus, der seit Mitte des 19. Jahrhunderts viele Anhänger gewann. Dieser habe einige Parallelen und Überschneidungen zu katholischen Wundererscheinungen aufgewiesen, so könne die Altöttinger Seherin Luise Beck als „katholisches Medium“ betrachtet werden. Anders als die Wundergläubigen hätten die Spiritisten jedoch für sich beansprucht, letztlich wissenschaftlich belegbare Thesen zu vertreten. Entscheidend sei schließlich aber nicht die empirische Beweisbarkeit der Erscheinungen, sondern ihre „ethische Relativierung“ gewesen. Die Geisterbeschwörungen hätten dadurch an Bedeutung verloren, der Spiritismus habe seine Lehren genau definiert und zunehmend nur das als wahr betrachtet, was seinen ethischen Maximen entsprach. Daraus seien „eigentümliche, aber kohärente“ Glaubenssysteme entstanden.

Das abschließende vierte Panel war dem Zusammenhang von Heiligkeit, Sexualität und der „Genderfrage“ gewidmet, den MONIQUE SCHEER (Berlin) aus religionsethnologischer Perspektive beleuchtete. Geschlecht beschrieb sie als eine „Subjektposition im sozialen Feld“ und Ergebnis der Macht. Gerade in der Religion seien die Genderkategorien „flüssig und leicht umkehrbar“. Frauen würden aufgrund ihrer unterprivilegierten sozialen Position häufiger zum Medium, um durch Verzicht auf „Agency“ Machtressourcen zu erlangen. Scheer gab jedoch zu bedenken, dass der Eindruck einer besonderen Rolle von Frauen auch auf selektiver Wahrnehmung und Überlieferung beruhen könnte. Mystische „Virtuosinnen“ stellen laut Scheer in der Moderne auch die liberale Subjektformierung infrage, die ihnen einen minderwertigen Status zuweise. Allerdings seien sie oft „ultrakonservativ“; Handlungsmacht könne nicht nur durch die Überwindung, sondern auch durch das Annehmen und „Bewohnen“ von Normen gewonnen werden.

Nach den Worten der Fundamentaltheologin STEFANIE KNAUß (Trient) gibt es im Katholizismus zwei Grundtypen der Frau: Eva und Maria. Durch Eva sei die Sünde weiblich codiert, wobei die Frau nicht sündig sei, weil sie Erkenntnis suche, sondern weil sie begehre. Sexualität ist laut Knauß in ihrer Ambivalenz zwischen Lust und Leiden in die Gottesbeziehung eingebunden. Durch die Assoziation mit dem Sündenfall sei Sexualität dennoch überwiegend negativ besetzt. Topoi aus dem Grenzbereich von Heiligkeit, Sexualität und Gender zählten zum Standardrepertoire der Religions- und Kirchenkritik, aber auch häretischer Anklagen innerhalb der Kirche. Als Visionärinnen hätten Frauen einen Einfluss, der eigentlich nur Männern zugestanden werde. Die Beurteilung von „falscher“ und „wahrer“ Heiligkeit liege jedoch in der Hand von Männern. Heilige Frauen könnten deswegen benutzt werden, um Frauenbilder zu vermitteln, die männlichen Interessen dienten.

Der Psychiater und Psychotherapeut JOACHIM DEMLING (Erlangen) analysierte – ausdrücklich spekulativ – den Fall „San Ambrogio“ mit medizinischen Begrifflichkeiten. „Angemaßte Heiligkeit“ begegne in der Psychiatrie unter anderer Bezeichnung als Symptom bei verschiedenen psychischen Störungen. Sie könne Schutzbehauptung für illegitime Praktiken sein oder als „religiöser Wahn“ beschrieben werden. „Wahn“ definierte Demling über einen übersteigerten Ich-Bezug, ein abnormes Bedeutungsbewusstsein und eine durch rationale Argumentation nicht korrigierbare „objektiv befremdliche Überzeugung von hoher subjektiver Evidenz“. „Induzierte wahnhafte Störungen“ könnten von mehreren Personen geteilt werden. Mögliche Ursachen im Fall von San Ambrogio seien Kontaktmangel, ein fehlendes Korrektiv aufgrund des weltanschaulich homogenen sozialen Umfelds und die psychische Abnormität zumindest einiger Mitglieder des Klosters, etwa durch multiple oder histrionische Persönlichkeitsstörungen.

Der Historiker WOLFGANG REINHARD (Freiburg im Breisgau) skizzierte in seiner Schlussbetrachtung den Kontext, in den Fälle wie „San Ambrogio“ einzuordnen sind. Auf der Makroebene könne die Historische Anthropologie einen wichtigen Beitrag leisten. Außerdem sei nach der „enormen Fähigkeit des Menschen zur Selbsttäuschung“ und nachträglichen Rechtfertigung seiner Taten zu fragen. Auf der Mesoebene seien Historiker gefordert, für das 19. Jahrhundert die kulturellen, politischen, sozialen und institutionellen Bedingungen zu untersuchen. Schließlich ist laut Reinhard auf der mikropolitischen Ebene zu berücksichtigen, dass Heiligkeit eine Patronagebeziehung darstelle und ihre Anerkennung zumeist Ergebnis der „besseren Beziehungen“ sei. Ausschlusskriterien für Heiligkeit seien sexuelle Exzesse, das Infragestellen von Kirche und Papst und mangelnde Rechtgläubigkeit. Letztlich gebe es keine wahren und falschen Heiligen, sondern nur erfolgreiche Heilige und erfolglose nicht-Heilige, so das Fazit.

Wie schon die einzelnen Beiträge mündeten auch diese Schlussbetrachtungen in eine lebendige Diskussion. Ausgehend vom Fall „San Ambrogio“ wurde deutlich, wie vielfältig Heiligkeit nicht nur mit religiösen Praktiken und sozial tradiertem Glaubenswissen, sondern auch mit Macht, Sexualität und Geschlechterrollen verschränkt war. Das nimmt vielen Frömmigkeitsformen des 19. Jahrhunderts ihre Unschuld: Unter den Bannern der Reinheit und der Demut waren auch deviante Sexualpraktiken und Größenwahn zu finden, die mit Verweis auf jenseitige Einflüsse gerechtfertigt wurden. Die zahlreichen Forschungsdesiderate in diesem Gegenstandsbereich kann die Kirchengeschichte nur beheben, wenn sie sich weit für Methoden und Fragestellungen anderer Disziplinen öffnet und hohe methodologische Hürden überwindet. Für Phänomene, die heute als „sexueller Missbrauch“ oder „lesbische Liebesbeziehung“ bezeichnet werden, fehlten im 19. Jahrhundert oft die Begriffe, sodass sie nur implizit aus den Quellen erschlossen werden können. Beschreibungen mithilfe der psychiatrischen Terminologie der Gegenwart könnten zu unangemessenen Pathologisierungen führen. Es dürfte aber auch schwerfallen, konsequent die Perspektive einer kulturrelativistischen Ethnologie zu wahren.

Wie schon die Beispiele des Ultramontanismus und Kulturkampfes zeigen, sind mit dem Themendreieck „Heiligkeit-Macht-Sexualität“ nicht nur religiöse und kulturelle, sondern auch soziale und politische Fragen berührt. Der Katholizismus entwickelte sich in Wechselwirkung mit anderen Milieus und hatte dort offenbar auch Entsprechungen. Deutlich wurde in München schließlich die komplexe Dialektik von Aufklärung und Mystizismus, die allzu schlichte Säkularisierungsthesen obsolet erscheinen lässt.

Konferenzübersicht:

Hubert Wolf (Münster/München): „Wahre“ oder „falsche“ Heiligkeit? Begrüßung und Einführung: Der Fall San Ambrogio

I. Panel: Heiligkeit in Religion und Kirche
Moderation: Franz Xaver Bischof (München)

Wolfgang Speyer (Salzburg): Heiligkeit und Heilige als religionsgeschichtliches Phänomen

Arnold Angenendt (Münster): Heiligkeiten und Heilige in der katholischen Kirche

Norbert Lüdecke (Bonn): Heiligsprechung als Hierarchieschutz? Sancti „von oben“ statt sancti „von unten“

II. Panel: „Falsche“ Heilige und „angemaßte” Heiligkeit
Moderation: Florian Schuller (München)

Gabriella Zarri (Florenz): „Affettata Santità“. Heiligkeit von unten oder legitime Erfindung der Inquisition?

Claus Arnold (Frankfurt am Main): „Molinosismus“ als Häresie. Zur ideologischen Grundlage von Heiligkeit und „falso misticismo“ aus der Sicht des Heiligen Offiziums

III. Panel: Das 19. Jahrhundert als Säkulum von Spiritismus und Privatoffenbarungen?
Moderation: Andreas Wirsching (München)

Klaus Unterburger (Münster): Zwischen Mystizismus und Rationalismus? Heiligkeit in der Kirchengeschichte des 19. Jahrhunderts

Bernhard Schneider (Trier): Erscheinungen der Gottesmutter? Heilige als Boten himmlischer Mächte

Otto Weiß (Wien): Stigmata – Legitimationszeichen von Heiligkeit?

Elke Pahud de Mortanges (Freiburg im Breisgau): Dogmatischer Ritterschlag eines Unbehagens – oder: Wie verbindlich sind Privatoffenbarungen wirklich?

Klaus Große Kracht (Münster) "Wahre" und "falsche" Botschaften. Zur Frage der Authentifizierung im Spiritismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

IV. Panel: Heiligkeit, Sexualität und die Genderfrage
Moderation: Konrad Hilpert (München)

Monique Scheer (Berlin): Das Medium hat ein Geschlecht. Thesen zu Gender und religiöser Erfahrung aus religionsethnologischer Perspektive

Stefanie Knauß (Trient): Frauen als „falsche Heilige“? Geschlecht, Sexualität und Heiligkeit

Joachim Demling (Erlangen): Angemaßte Heiligkeit und religiöser Wahn

Schlussstatement
Wolfgang Reinhard (Freiburg im Breisgau)


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