Religiöse Frauengemeinschaften am südlichen Oberrhein

Religiöse Frauengemeinschaften am südlichen Oberrhein

Organisatoren
Universität Freiburg, Abteilung Landesgeschichte des Historischen Seminars; Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein; Stadt Waldkirch, Abteilung Kultur
Ort
Waldkirch
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.03.2017 - 01.04.2017
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Von
Simone Wagner, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Der südliche Oberrhein weist eine Vielzahl von religiösen Frauengemeinschaften auf. Besonders die alten religiösen Gemeinschaften in Kleinstädten oder auf dem Land sind jedoch, anders als die Bettelorden, für das Spätmittelalter bisher nur rudimentär erforscht. So sind für die Gemeinschaften Säckingen und Waldkirch kaum erforschte Quellenbestände überliefert. Ziel der Tagung war es daher, Säckingen und Waldkirch im Vergleich mit anderen Gemeinschaften zu untersuchen. Sowohl Waldkirch als auch Säckingen waren alte, im Frühmittelalter gegründete Gemeinschaften mit hervorgehobenem Status. Waldkirch wurde von Herzog Burchard I. von Schwaben und seiner Frau gegründet und durch eine Übertragung an die Ottonen zum Reichskloster. Für die Frühzeit Säckingens fehlen Belege. Die religiöse Gemeinschaft Säckingen ist zuerst in der Karolingerzeit nachweisbar und war vermutlich ebenfalls Reichskloster. Bei beiden Gemeinschaften lassen sich in späterer Zeit stiftische Merkmale nachweisen.

Zur Strukturierung der Tagung dienten Fragen nach den Geschlechterverhältnissen, weiblicher Herrschaft, Wirtschaft und den Gruppenbindungen der Gemeinschaften. Diese Fragen wurden aber nicht nur an oberrheinischen Klöstern, sondern auch an Beispielen aus anderen Regionen diskutiert. Als Vergleichsfolie dienten außerdem religiöse Gemeinschaften anderer Lebensform. So wurde deutlich, mit welcher Dynamik sich Frauengemeinschaften entwickeln konnten. Frauengemeinschaften standen wegen der cura monialium zwangsläufig mit Männern in Kontakt. Die daraus resultierenden Beziehungen von religiösen Frauen und Männern konnten aber rechtlich und in der Praxis unterschiedlich gestaltet werden. Daher fragte die Tagung danach, wie sich das Verhältnis von Autonomie und Abhängigkeit von geistlichen Männern in der jeweiligen Frauengemeinschaft entwickelte. Eng mit der Thematik des Geschlechterverhältnisses ist die Frage verknüpft, welche Spielräume weiblicher Herrschaft in welchen Bereichen oder Gemeinschaften genutzt werden konnten. Da in der älteren Forschung häufig Entwicklungen religiöser Frauengemeinschaften pauschal mit wirtschaftlichen Problemen erklärt wurden, beschäftigte sich ein Teil der Tagung mit der wirtschaftlichen Organisation der einzelnen Gemeinschaften. Ein letzter Schwerpunkt der Tagung war es, Gruppenbindungen der Gemeinschaften und Einzelpersonen zu rekonstruieren und deren Einfluss auf die Entwicklungen in den Gemeinschaften aufzuzeigen.

Thema des ersten inhaltlichen Block war die geistliche Lebensweise einzelner Frauengemeinschaften. Im Fokus stand dabei die Frage, wie methodisch mit (normativen) Quellen über die geistliche Lebensweise umgegangen werden kann. CHRISTINE KLEINJUNG (Freiburg) betonte in ihrem einleitenden Vortrag, wie problematisch die Kategorisierung religiöser Frauengemeinschaften ist. Während es einen normativen Dualismus zwischen der monastischen und der kanonischen Lebensweise gegeben habe, sei die Kategoriebildung in der Praxis besonders im Fall religiöser Frauen nicht eindeutig. Daher untersuchte sie anhand der Beispiele Säckingen und Waldkirch mit Ausblicken auf Ottmarsheim und Sulzburg, welche Akteure welche Regel für die jeweilige Gemeinschaft nannten und wie normative Vorgaben umgesetzt wurden. Versuche man sich an einer Typenbildung, sei Säckingen im Spätmittelalter klar stiftisch gewesen, Waldkirch hingegen weise eine Mischform auf. Die Frauen in Waldkirch könnten als stiftisch lebende Benediktinerinnen eingeschätzt werden. Insgesamt würden die Quellen für beide Gemeinschaften aber ein widersprüchliches Bild zeichnen, das von einer Spannung zwischen Norm und Praxis sowie von Dynamiken der Lebenspraxis geprägt sei.

Das schwierige Verhältnis zwischen Norm und Praxis zeigte auch SABINE KLAPP (Tübingen) anhand von Statuten stiftisch lebender Frauengemeinschaften im Elsass auf. Sie machte deutlich, dass spätmittelalterliche Statuten in Inhalt und Umfang stark variierten, sodass eine Typenbildung nur schwer möglich sei. Statuten seien eine wichtige aber nicht die einzige Normsetzung im Stift gewesen und stellten nicht Normen für sämtliche Lebensbereiche auf. Ganz unterschiedliche Akteure hätten Statuten ausgestellt und jeweils ihre Ordnungsvorstellungen in den Statuten ausgedrückt. Daher spiegelten Statuten häufig Reformvorstellungen und gaben keine unumstrittenen Normen wieder. Allerdings seien Statuten nur dann wirksam gewesen, wenn sie zumindest teilweise den Konsens einer Gemeinschaft abbildeten. Punktuell könne nachgewiesen werden, dass sich stiftisch lebende Gemeinschaften gegenseitig in ihrer Normsetzung beeinflussten.

Das rechtliche Verhältnis zwischen Männer- und Frauengemeinschaften und die cura monialium war Gegenstand des zweiten inhaltlichen Blocks. Darin wurden sowohl Klöster der Reformbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts betrachtet als auch alte Stifte, zudem Zisterzienserinnen und Dominikanerinnen, um strukturelle Bedingungen weiblicher (Un)abhängigkeit von männlicher Aufsicht aufzuzeigen.

Im Zentrum des Vortrags von JOHANNES WALDSCHÜTZ (Freiburg) stand das rechtliche und religiöse Verhältnis zwischen dem Kloster St. Blasien und seinen Frauenprioraten Berau, Sitzenkirch und Gutnau. Die Beziehung der drei Gemeinschaften zu Sankt Blasien habe sich unterschieden und im Laufe der Zeit gewandelt. Sitzenkirch habe schon im 13. Jahrhundert versucht, sich von Sankt Blasien zu emanzipieren. Daraufhin verließen einige Nonnen Sitzenkirch und siedelten sich in Gutnau an. Für Gutnau hätten sie eine größere Unabhängigkeit von Sankt Blasien erreichen können. Hingegen habe sich Berau erst ab dem frühen 14. und im 15. Jahrhundert darum bemüht, sich mehr aus der sanktblasianer Abhängigkeit zu lösen. Die richtige Lebensweise in Berau sei immer wieder neu mit Sankt Blasien ausgehandelt worden. Statuten von 1428 und weitere normative Dokumente zeigten, dass auch Berau im Spätmittelalter zeitweise eine Mischform zwischen stiftischer und klösterlicher Lebensweise aufwies.

Mit der Beziehung zwischen Muri und Hermetschwil befasste sich BETTINA SCHÖLLER (Zürich). Vom 12. bis 17. Jahrhundert untersuchte sie schlaglichtartig die Versuche Hermetschwils, von Muri unabhängiger zu werden. Hermetschwil habe sich von Muri in einem langen Prozess emanzipiert. In Muri sei in Folge der Klosterreform ein Doppelkloster gegründet worden. Wahrscheinlich wegen wirtschaftlicher Probleme siedelte um 1200 der Frauenkonvent Muris nach Hermetschwil um. Erstmals nach 1300 könne nachgewiesen werden, dass die Frauen selbst Rechtsgeschäfte tätigten. Hermetschwil habe sich im Gegensatz zu Muri im 15. Jahrhundert dauerhaft pro-habsburgisch positioniert und zeigte so politische Eigenständigkeit. Im Barock setzte in Hermetschwil eine erneute Blüte ein, die mit Emanzipationsbestrebungen einherging.

AGNES MÜLLER (Tübingen) behandelte das Verhältnis zwischen weltlichen und geistlichen Männern sowie Frauen in den Stiften St. Stephan in Augsburg und Oberstenfeld. In den Statuten sei zwar versucht worden, den Kontakt zwischen Männern und Frauen zu minimieren. In der Praxis ließen sich aber Beziehungen zwischen den Stiften und Männern nachweisen. Gebetsverbrüderungen seien in den Nekrologen und Kalendarien von Oberstenfeld mit den räumlich eher entfernten Stiften Marbach und Backnang festgehalten. Mitte bis Ende des 15. Jahrhunderts habe es auch einige gerichtliche Auseinandersetzungen der Äbtissin mit Bürgern von Augsburg, dem Abt von St. Ulrich und Afra und dem Bischof von Augsburg gegeben.

Das Verhältnis der Zisterzienserinnenklöster Günterstal, Wonnental und Marienau mit seiner Vaterabtei Tennenbach untersuchte MARIA MAGDALENA RÜCKERT (Bietigheim-Bissingen). Genau wie andere Zisterzienserinnenklöster seien die oberrheinischen Konvente aus einem losen Zusammenschluss religiöser Frauen entstanden. Besonders die Nonnen von Wonnental hätten lange geschwankt, welchem Orden sie sich anschließen sollten. Die Aufsicht Tennenbachs zeige sich neben der geistlichen Betreuung vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Der Abt und Mönche aus Tennenbach würden in Urkunden der Frauengemeinschaften als Siegler und Zeugen auftreten. Die Frauen hätten aber auch Handlungsspielräume ausgenutzt und nicht alle Angelegenheiten den männlichen Amtsträgern überlassen. Mit Zustimmung des Abtes und des Prokurators habe die Äbtissin und die Cellerarin die Klausur verlassen dürfen. Gerade im Bereich der pragmatischen Schriftlichkeit konnte Rückert eine Zusammenarbeit Tennenbachs und der Frauengemeinschaften belegen.

Anhand württembergischer Dominikanerklöster (Steinheim an der Murr, Weiler bei Esslingen) untersuchte TABEA SCHEUBLE (Tübingen), wie die alltägliche Interaktion zwischen den Nonnen und ihren Beichtvätern aussah. Ihr Schwerpunkt lag vor allem auf den seelsorgerischen Tätigkeiten der Beichtväter. Zwar seien beide Konvente formal von den Dominikanern aus Esslingen betreut worden, doch schon vor der Reformation ließen sich in den Klöstern nur noch Wimpfener Prediger und Weltgeistliche nachweisen. Die württembergischen Herzöge versuchten in ihrem Herrschaftsgebiet die Reformation durchzusetzen und lösten den Dominikanerkonvent in Esslingen auf. Den weiterbestehenden Frauenklöstern seien evangelische Pfarrer für die Seelsorge zugewiesen worden, was zu Auseinandersetzungen geführt habe. Die altgläubigen Frauen hätten versuchten, die evangelischen Pfarrer möglichst zu umgehen.

Die Zusammenschau der verschiedenen Beiträge und der dadurch erreichte Vergleich verschiedener Beispiele machten deutlich, dass ein Zusammenhang zwischen der geistlichen Lebensform und dem Grad an Autonomie von männlicher Aufsicht bestand. Die geistlichen Frauen konnten aber auch Handlungsspielräume ausnutzen und ihr Verhältnis zu den sie betreuenden Männern immer wieder neu aushandeln.

Ein weiterer thematischer Block beschäftigte sich mit den Beziehungen adliger, meist regionaler Familien und den religiösen Gemeinschaften. Die Beiträge verknüpften Fragen nach adliger Herrschaft und der Beziehung zu einer religiösen Frauengemeinschaft. CLEMENS REGENBOGEN (Freiburg) analysierte das Amt des Vogtes in Waldkirch und Säckingen im Vergleich. Aufgabe eines Vogtes war, die Schutzfunktion für ein Kloster auszuüben. Allerdings variierten dessen Rechte je nach religiöser Gemeinschaft. In Säckingen und Waldkirch hätten die Vögte ähnliche Rechte bei Gerichtssteuern und Gerichtsbußen wahrgenommen, die Beziehung der Gemeinschaften zu ihren Vögten sich jedoch unterschieden. Säckingen habe nach anfänglichen Konflikten ein weitgehend störungsfreies Verhältnis zu seinen Vögten, den Habsburgern, gehabt. Hingegen stellte in Waldkirch die nur lokal bedeutende Familie der Schwarzenberger die Vögte. Die Beziehung zwischen den Schwarzenbergern und Waldkirch sei deutlich spannungsgeladener gewesen, da die Herrschaftsrechte der Schwarzenberger vor allem auf der Waldkircher Vogtei basierten. Auch zwei Äbtissinnen in Waldkirch gehörten der Familie der Schwarzenberger an und beteiligten sich an der Entfremdung von Gütern. Es bleibe offen, welchen Anteil den Vögten am Gedeihen der jeweiligen Frauengemeinschaft zukomme.

JÜRGEN DENDORFER (Freiburg) baute auf den Ergebnissen von Regenbogen auf und erklärte im Abendvortrag die Auflösung der Frauengemeinschaft Waldkirch und Umwandlung in ein Chorherrenstift 1431/32 neu. Bisherige lokal- und heimatgeschichtliche Erklärungen seien stereotyp und folgten Narrativen zu Klosterauflösungen. Das Ende der Frauengemeinschaft in Waldkirch deutete Dendorfer aus einer akteurszentrierten Perspektive. Er fragte danach, wer wann wie und mit welchem Interesse die Auflösung und Umwandlung der Frauengemeinschaft vorantrieb. In den Urkunden zur Auflösung werden als Akteure der Vogt von Waldkirch, Hans Werner von Schwarzenberg, die Kanoniker von Waldkirch und das Basler Konzil mit seinem Präsidenten Giuliano Cesarini greifbar. Der Vogt habe wegen Konflikten mit der Äbtissin das herrschaftliche Vakuum ausgenutzt, das durch die fehlende Anerkennung der habsburgischen Landesherrschaft nach 1415 in den rechtsrheinischen Gebieten entstanden sei. Die Kanoniker der Frauengemeinschaft hätten mittels ihrer Kontakte zum Basler Domkapitel das Basler Konzil einschalten können. Ihr Interesse sei mit einträglicheren Pfründen im Chorherrenstift zu erklären. Am Ende hätten aber vor allem die Kanoniker von der Umwandlung profitiert, die das Stift den Schwarzenbergern entzogen.

Ähnlich wie Regenbogen die Vögte behandelte ANDRE GUTMANN (Freiburg) die Strukturgeschichte des Meieramtes in Waldkirch und Säckingen. Zu den Aufgaben der Meier gehörte es, einen oder mehrere Dinghöfe zu verwalten. Die Funktionen eines Meiers konnten aber sehr vielfältig sein. In den Gemeinschaften Säckingen und Waldkirch habe sich die Stellung der Meier beträchtlich unterschieden. Während in Säckingen die Meier die Äbtissin komplett vertraten, haben die Meier in Waldkirch nur niedrige Aufgaben erledigt und nur geringe Einkünfte erhalten. Vermutlich sei die starke Position der Meier in Säckingen auf die Absenz der habsburgischen Klostervögte in den Vorlanden zurückzuführen. Die Stellung des Meiers in Säckingen sei im überregionalen Vergleich als besonders ausgeprägt einzuschätzen.

HELEN STROTZ (Tübingen) zeigte den engen Bezug zwischen lokalen adligen Familien und religiösen Frauengemeinschaften anhand des Verhältnisses der Üsenberger zu den Klöstern Wonnental und Tennenbach. Strotz erklärte, warum Rudolf von Üsenberg darum bat, das von ihm gegründete Kloster Wonnental in den Zisterzienserorden aufzunehmen. Schon vor der Unterstellung Wonnentals unter die Vaterabtei Tennenbach habe es (institutionelle) Beziehungen der Üsenberger mit Tennenbach gegeben. So ließen sich Seelenheilstiftungen der Üsenberger für Tennenbach nachweisen. Auch eine juristische Schutzfunktion hätten die Üsenberger für Tennenbach übernommen. In Wonnental wiederum seien Grablegen der Üsenberger nachweisbar.

Einen Perspektivwechsel nahm JASMIN HOVEN-HACKER (Göttingen) vor. Sie blickte aus dynastischer Sicht auf Frauengemeinschaften und untersuchte die Beziehung geistlicher Töchter der Dynastien Pfalz, Baden und Württemberg zu ihren Familien. Wer in ein Kloster geschickt wurde, sei nicht im Vorhinein in einem Hausvertrag oder Testament normativ festgelegt, sondern punktuell entschieden worden. Die einzelnen Familien hätten sich ganz unterschiedlicher Strategien bedient. Das Beispiel der Schwestern Katharina und Margarethe von Württemberg zeige, wie unterschiedlich Schwestern sozialisiert und im Kloster von der Familie unterstützt worden seien. Während Katharina am Hof erzogen wurde und ein hohes Standesbewusstsein in den Prämonstratenserklöstern Adelberg und Germersheim gezeigt habe, sei Margarethe eine einfache Nonne im Dominikanerinnenkloster Liebenau geblieben.

Milena SVEC-GOETSCHI (Zürich) nahm die kuriale Überlieferung zu Fällen von Klösteraustritten und -wechseln in den Blick. Seien Religiosen mit ihrem Leben unzufrieden gewesen, hätten sie legal das Kloster oder den Orden wechseln oder illegal aus dem Kloster flüchten können. Frauen hätten häufiger den Rechtsweg gewählt, da ihnen die Flucht aus dem Kloster im Vergleich zu Männern auf Grund fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb des Klosters und mangelnder Unterstützung ihrer Familien schwerer gemacht wurde. Im Oberrheingebiet wechselten Frauen häufig in das Kloster Ottmarsheim. Generell seien Benediktinerklöster bei einem Transitus beliebt gewesen.

Insgesamt machten die Tagungsbeiträge deutlich, wie viel bisher unbeachtetes Material für die religiösen Frauengemeinschaften am Oberrhein überliefert ist. Auf der Tagung wurden ausgehend von den Quellen vielfältige Zugänge vorgestellt, wie Frauenklöster und deren Lebensform sowie wirtschaftliche und rechtliche Stellung, aber auch deren Beziehungen zu den sie betreuenden Männern und zur adligen Außenwelt erforscht werden können. Die Beiträge verband, dass sie religiöse Frauengemeinschaften nicht mithilfe von Idealtypen interpretieren wollten. Stattdessen wurden die Gemeinschaften in ihren Spezifika in den Blick genommen und mit anderen Klöstern verglichen. So sei die Lebensform vieler Gemeinschaften dynamisch gewesen. Auch in ihren Beziehungen zu religiösen und weltlichen Männern hätten geistliche Frauen Handlungsspielräume ausgenutzt. Religiöse Gemeinschaften seien in ihrer Entwicklung durch ihre vielfältigen Beziehungen zur Außenwelt außerdem unterschiedlich beeinflussen worden. Die Tagung lieferte so wichtige Anregungen zur weiteren Erforschung der oberrheinischen Frauengemeinschaft. Bei dieser – so SIGRID HIRBODIAN (Tübingen) in der abschließenden Zusammenfassung – solle zusätzlich noch die Herrschaft der Äbtissin stärker berücksichtigt werden.

Konferenzübersicht:

Sektion: Norm und Praxis der (stiftischen) Lebensform

Christine Kleinjung (Freiburg): Stiftische und monastische Lebensformen zwischen Kategorisierung und Dynamik (Säckingen, Waldkirch, Sulzburg, Ottmarsheim)

Sabine Klapp (Tübingen): Normative Grundlegung der Lebensform. Regeln und Statuten des Hoch- und Spätmittelalters

Sektion: Cura monialium und Geschlechterverhältnisse im Vergleich

Johannes Waldschütz (Freiburg): Benediktinerinnen-Priorate der süddeutschen Reformkreise am Oberrhein: St. Blasianer Priorate Berau, Sitzenkirch und Gutnau

Agnes Müller (Tübingen): Frauenstifte und ihre Kanoniker: St. Stephan in Augsburg und Oberstenfeld

Maria-Magdalena Rückert, Bietigheim-Bissingen: Zisterzienserinnen der Tennenbacher Filiation: Günterstal, Wonnental und Marienau

Tabea Scheuble (Tübingen): Cura monialium in württembergischen Dominikanerinnenklöstern

Sektion: Herrschaft und Verwaltung

Clemens Regenbogen. (Freiburg): Das Amt des Vogtes in Waldkirch und Säckingen

Andre Gutmann (Freiburg): Lehensvergabe durch die Äbtissin: Säckingen und Waldkirch

Bettina Schöller (Zürich): Doppelkloster - Priorat - Abtei? Die Hermetschwiler Benediktinerinnen zwischen Abhängigkeit und Selbstbehauptung

Jürgen Dendorfer (Freiburg): Das Ende des Frauenklosters Waldkirch am Vorabend des Basler Konzils – Deutungen und Befunde

Sektion: Familienbeziehungen und Gruppenbildungen. Soziale und religiöse Identitäten

Jasmin Hoven-Hacker (Göttingen): Äbtissin, Tochter, Nonne. Familienbeziehungen von geistlichen Töchtern der Häuser Pfalz, Baden und Württemberg im späten Mittelalter

Milena Svec-Goetschi (Zürich): Austritte und Klosterwechsel. Fallstudien zu Frauengemeinschaften am südlichen Oberrhein

Helen Strotz (Tübingen): Die Üsenberger – Stifter und Schenker an das Kloster Wonnental

Sigrid Hirbodian (Tübingen): Zusammenfassung, Schlussdiskussion


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