November 1918 – Revolution der Hoffnungen und Chancen an der Ostsee und im Reich

November 1918 – Revolution der Hoffnungen und Chancen an der Ostsee und im Reich

Organisatoren
Thomas Stamm-Kuhlmann, Universität Greifswald; Historische Kommission für Pommern; Arbeitsgemeinschaft zur preußischen Geschichte
Ort
Greifswald
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.11.2019 - 10.11.2019
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Von
Tanja Hojahn, Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte der Neuesten Zeit, Universität Greifswald

Ausgehend von der Geschichte der Knabenvolksschule in der Bleichstraße erläuterte JENNY LINEK (Greifswald) den Schulalltag am Ende des ersten Weltkriegs sowie die Auswirkungen der Novemberrevolution in Greifswald. Der Alltag an der 1916 eröffneten Schule war zunächst durch den ersten Weltkrieg geprägt. Neben der Rationierung von Lebensmitteln und Mangelerscheinungen als Folge zeigte sich dies in der Werbung für Kriegsanleihen. Im Oktober 1918 fasste die Stadt den Beschluss, die Knabenvolksschule als Lazarett zu nutzen. Dem Kriegsleistungsgesetz entsprechend wurden Abschätzungsverhandlungen über eine Kompensation des Ausfalls der Schule für den Unterricht geführt. Der November 1918 verlief in der Stadt ohne Ausschreitungen. Die Gründung eines Arbeiter- und Soldatenrates erfolgte am 10. November. Proletarier dominierten den Rat zwar, jedoch ließ sich der Polizeichef in den A- und S-Rat wählen und auch der Oberbürgermeister behielt Einfluss. Bevor die Knabenvolksschule 1920 wieder als Schule genutzt werden konnte, diente sie ab Mitte November 1918 als Entlausungsanstalt für zurückkehrende Soldaten. Über die Rückgabe der Schule an die Stadt verhandelte erneut die Abschätzungskommission. Ob die Zahlung der vereinbarten Summe aus den Reichsfonds auch erfolgte, gehe aus den Akten jedoch nicht hervor.

Die Rolle der Arbeiter- und Soldatenräte während der Novemberrevolution in Stettin stellte GUNTER DEHNERT (Greifswald) dar. Stettin war in Pommern die am stärksten industrialisierte Stadt und wies ein Milieu auf, das für sozialdemokratische Ideen besonders empfänglich war. Die relevanten Zeitungen der Region waren der „Stettiner Volksbote“ und die „Pommersche Post“. Erstere zeichnete sich durch eine Nähe zum Arbeiter- und Soldatenrat aus, während die „Pommersche Post“ eher konservativer Prägung war. Die Novemberrevolution verlief in Stettin insgesamt friedlich. Die Arbeiter- und Soldatenräte bildeten sich am 11. November 1918 einhergehend mit einem Aufruf zum Generalstreik, dem die Arbeiterschaft am nächsten Tag folgte. Seitens der Stadt gab es Bereitschaft, mit einem gemäßigten Arbeiter- und Soldatenrat zu kooperieren. Daneben standen stete Bemühungen um friedliche Abläufe. Der Forderung nach Kontrolle durch den Arbeiter- und Soldatenrat folgend, erhielten Abgeordnete Einsicht in die operativen Vorgänge der Stadt, was zunächst eine Überforderung dargestellt habe. Bereits am 10. Dezember schien der Arbeiter- und Soldatenrat an Bedeutung zu verlieren. In der deutschnational geprägten Provinz blieb der erwünschte Erfolg für die konservativen Parteien bei den vorgezogenen Reichstagswahlen 1920 zwar aus, jedoch fielen die Stimmen für die Sozialdemokraten gegenüber der Wahl zur Nationalversammlung 1919 um die Hälfte. Trotz der Revolution blieben viele der Beamten auf ihren Stellen.

CHRISTOPH Freiherr von HOUWALD (Stralsund) betrachtete die Besonderheiten des Novembers 1918 in der Stadt Stralsund, wobei ebenfalls das Agieren der Arbeiter- und Soldatenräte, sowie die Wechselwirkung mit dem Kieler Matrosenaufstand von Interesse war. Der Verlauf der Novemberrevolution lasse sich für die Stadt Stralsund in drei Phasen beschreiben. An den Kieler Matrosenaufstand anschließend kam es in der ersten Phase zu Kundgebungen in Stralsund. Der am 10. November gebildete provisorische Arbeiterrat wurde zunächst als fremd empfunden, in der Folge befürchtete man durch ihn Unruhe. Am 15.11. kamen zwei Torpedoboote mit Kieler Matrosen in der Stadt an. Obwohl es keineswegs die Matrosen der Torpedoboote waren, die die Revolution in die Stadt gebracht haben, erlangten sie in der Geschichtsschreibung der DDR besondere Prominenz. Die zweite Phase war durch die Räteherrschaft, fast tägliche öffentliche Versammlungen sowie eine politische Mobilisierung der Bevölkerung, einhergehend mit Forderungen nach Partizipation und allgemeinen und freien Wahlen, gekennzeichnet. Zudem erhielt der Arbeiter- und Soldatenrat Einblick und Kontrolle in der Verwaltung der Stadt bis zum Beginn der Arbeit der Nationalversammlung. Mit der Wahl des Bürgerkollegiums im März 1919 begann die letzte Phase der Revolution, in der die Räteherrschaft beendet wurde. Aufgrund der Androhung eines Generalstreiks durch die Gewerkschaft verzichtete das Bürgerkollegium zunächst darauf, den Arbeiter- und Soldatenrat aufzulösen. Aus dem Protokoll des bürgerlichen Kollegiums vom 18. September 1919 geht schließlich hervor, dass die Institution des Arbeiterrates nicht mehr benötigt gewesen sei, mit der Begründung, dass die Arbeiter an den Geschäften der Stadt nunmehr beteiligt seien.

Der Rolle der Oberpräsidenten der Provinz Pommern während der Revolution widmete sich BERT BECKER (Hongkong). Während des Ausbruchs der Revolution hatte Georg Michaelis das Amt des Oberpräsidenten inne. Seine Absetzung erfolgte aufgrund eines Erlasses vom 26. Februar 1919 im Zuge der Revolution. Zwar war seine politische Ausrichtung konservativ und zeichnete sich durch eine zögerliche Zustimmung zur Demokratie aus, zudem wurden Ämter durch ihn deutschnational besetzt. Er verhielt sich jedoch gegenüber dem Arbeiter- und Soldatenrat kooperativ und übte Kritik an der Monarchie. Der liberale Politiker Julius Lippmann folgte Georg Michaelis im Amt des Oberpräsidenten nach. Aufgrund von Schwierigkeiten, für zu besetzende Ämter geeignete Leute innerhalb der DDP zu finden, wurden der Partei nahestehende Kandidaten auf Vorschlagslisten gesetzt. Die wenigsten dieser „Außenseiterpatronagen“ gelangten allerdings in das vorgeschlagene Amt. Im April und Mai eskalierte die Revolution in Stettin auch in gewaltsame Auseinandersetzungen. In der öffentlichen Betrachtung wurde Lippmann für die konservativen Kräfte zur negativen Projektionsfläche. Zwar ist Julius Lippmann jüdischen Glaubens gewesen, die Kritik an ihm erfolgte jedoch augenscheinlich ohne offenen Antisemitismus. Trotz der Kritik hielt sich Julius Lippmann bis 1930 im Amt.

ALEKSANDR MAKARYCHEV (Kaliningrad) schilderte den Verlauf der Revolution in Ostpreußen. In der ländlich geprägten Region Ostpreußen stellten die Eisenbahnwerkstätten „industrielle Inseln“ dar. Die Bevölkerung zeigte sich in Wechselwirkung mit der spärlich vorhandenen Industrie unzufrieden. Am 9. November besetzte der Spartakusbund in Königsberg das Schloss sowie Post, Bahnhof und Stadtkommandantur. Zudem erreichten Matrosen aus Kiel die Stadt, die jedoch politisch uneinig waren. Die Arbeiterschaft besaß kaum politische Stoßkraft und bildete keinen eigenen Rat, sondern arbeitete mit den Soldatenräten zusammen. Die Arbeiter- und Soldatenräte orientierten sich am sowjetischen Rätesystem, zeichneten sich jedoch weiterhin durch Uneinigkeit aus. Ende November wurde auf Beschluss des Soldatenrates die USPD gegründet. Daneben bildete sich eine Einwohnerwehr aus Studenten und heimgekehrten Soldaten. Im weiteren Verlauf der Revolution kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, sodass der Belagerungszustand ausgerufen wurde. Dieser wurde am 14. April aufgehoben. Mit dem Rückgang der Revolution beschränkten sich die Arbeiter- und Soldatenräte auf ihre Kontrollfunktion gegenüber der öffentlichen Verwaltung.

Der Vortrag von ILYA DEMENTEV (Kaliningrad) beschrieb die zeitgenössische Rezeption der Novemberrevolution durch russische Intellektuelle sowie deren Wandel in den 1920er- und 1930er-Jahren. Als Grundlage für die Rezeption mussten die Informationen dienen, die durch russische Zeitungen verbreitet wurden. Diese waren zum einen spärlich und wiesen zum anderen eine ideologische Nähe zu den Bolschewiki auf. Von diesen Voraussetzungen ausgehend war die Rezeption der Novemberrevolution in Russland durch die politischen Ansichten und Vorstellungen der jeweiligen Rezipienten über die Weltgeschichte gekennzeichnet. Die russischen Intellektuellen erwarteten zunächst einen Verlauf ähnlich der russischen Oktoberrevolution. Tatsächlich waren die deutschen Arbeiter zumeist nicht radikal sozialistisch. Erst im Frühling und Sommer 1919 realisierte man, dass der Verlauf der Revolution in Deutschland nicht mit der Oktoberrevolution vergleichbar war.

Die Position der Provinz Pommern im neugegründeten Freistaat Preußen und deren Verhältnis zu den restlichen deutschen Ländern war Gegenstand des Vortrags von THOMAS STAMM-KUHLMANN (Greifswald). Unter dem ersten Ministerpräsidenten des Freistaates, Paul Hirsch, kam es zu einer demokratischen Verwaltungsreform und Hirsch versprach die Abschaffung des Polizeistaates. Das preußische Herrenhaus wurde sofort aufgelöst und eine Gesetzgebung zur Beseitigung der letzten feudalen Strukturen auf dem Land erlassen. Das Reich-Preußen-Problem war während der Beratungen der Weimarer Nationalversammlung wie der preußischen verfassunggebenden Landesversammlung ein ständiger Begleiter. Die Provinzen bekamen Sitze im preußischen Staatsrat und als größter Gliedstaat des Deutschen Reiches erhielt Preußen das Recht, Vertreter seiner Provinziallandtage in den Reichsrat zu entsenden. Die Vertreter der Provinz Pommern im Reichsrat stimmten im konservativen Sinn ab. Die von der Selbstverwaltung der Provinz getragenen Wohlfahrtseinrichtungen gerieten in den Sog der Revolution, stabilisierten sich aber bald im konservativen Sinn.

In „scripting revolution“ stellt Dan Edelstein in komparativer Weise dar, wie sich die Akteure einer Revolution zur Konstruktion einer idealiter eintretenden Zukunft an vorangegangenen Revolutionen orientieren. Der öffentliche Abendvortrag von RÜDIGER GRAF (Potsdam) stellte die Novemberrevolution als Sonderfall dieser These heraus. Vielmehr fanden sich hier eine Vielfalt miteinander konkurrierender Zukunftsentwürfe. Auf dem Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte im Dezember 1918 nutzten Richard Müller und Friedrich Ebert das Bild von den „Früchten der Revolution“ und warnten hiermit vor einer zu hohen Geschwindigkeit der Sozialisierung. In ähnlicher Weise äußerte sich Karl Radek gegen Tendenzen zum Putschismus und riet vom „Pflücken unreifer Früchte“ ab. Hier wurden zwar keine konkreten Revolutionen als Vorbild verwendet, jedoch wurden aus ihnen Gesetzmäßigkeiten des Verlaufs abgeleitet, um „Scripte“ für die Novemberrevolution zu entwerfen. Unter anderem aufgrund von Reiseberichten und der im Kaiserreich verbreiteten „Bolschewismusfurcht“ war die russische Oktoberrevolution auch für die politische Linke kein tragfähiges Vorbild. So wurde auch hier vor einer zu raschen Sozialisierung gewarnt. Zur Zurückweisung der russischen Revolution als Vorbild trat eine Skepsis gegenüber Deutungen der Geschichte und eine stärkere Fokussierung auf die „Scripte“ der Zeitgenossen. Daher wurden in der Novemberrevolution nicht andere Revolutionen, sondern viel eher Gesetzmäßigkeiten der Geschichte zur Vorlage.

Die Weimarer Verfassung und ihr Wahlrecht wurden zeitgenössisch und international als vorbildlich empfunden, sodass ihr Scheitern als unwahrscheinlich galt. Die Idee der Weimarer Gesellschaft von der Demokratie muss dementsprechend belastbar gewesen sein. Der Vortrag von TIM B. MÜLLER (Hamburg) widmete sich diesen Vorstellungen der Demokratie. Das Konzept der Demokratie umfasste zunächst die Souveränität des Volkes und dessen Repräsentation in Parlamenten, sowie eine politische Kultur und ein sittliches Bewusstsein. Daneben sollte sich Demokratie durch demokratische Strukturen in Verwaltung und Staat auszeichnen. Das in Deutschland für richtig gehaltene staatliche Eingreifen in die Wirtschaft charakterisierte sie zudem als eine sozial handelnde Demokratie. Darüber hinaus wirkten auch das Selbstverständnis und politische Auffassungen der USA auf die Weimarer Gesellschaft ein. Dazu gehörte, dass die Demokratie trotz der allgemeinen Akzeptanz zwar nicht krisenfrei und der demokratische Fortschritt nicht generalisierbar sei, die Demokratie dennoch die beste Chance für die Überwindung von Gewalt darstelle. So wurde davon ausgegangen, dass Deutschland endgültig eine Demokratie geworden sei, die lediglich Zeit und Gewöhnung brauche. Sie bildete jedoch die Grundlage aller Zukunftsszenarien. Mit Blick auf die USA erschien auch eine konservative Demokratie möglich.

Tendenziell widmet sich die geschichtswissenschaftliche Forschung eher den klassischen Profilen der Politiker der Weimarer Republik und bezüglich der Verbindung von Politik und Presse eher den Presseerzeugnissen der Parteien. Mit einer Synthese aus diesen Tendenzen erweiterte BERND SÖSEMANN (Berlin) die Betrachtung, indem er sich dem parteipolitischen Engagement von Journalisten nach der Novemberrevolution 1918 bis zum Ende der Weimarer Republik widmete. Hierbei war besonders der Journalist Theodor Wolff von Interesse, der Chefredakteur des Berliner Tageblattes und Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei war. Anhand der Leitartikel Wolffs wurde die Rückwirkung des politischen Engagements auf das journalistische Schaffen deutlich. In diesen bezog er beispielsweise gegen den Versailler Vertrag Stellung. Über die Novemberrevolution schrieb er als Chance und Aufbruch, im Sinne einer Nutzung der aufgeworfenen Zukunftsperspektiven. Theodor Wolff trat 1926 aufgrund seiner Ablehnung des Schund- und Schmutzgesetzes aus der DDP aus, jedoch mit dem Ziel, die politische Haltung der Partei weiterhin zu unterstützen. Sein letzter Leitartikel 1933 enthielt einen drängenden Aufruf, wählen zu gehen und unterstützte die SPD. Zwar zweifelte er nicht am Ende der Demokratie, befürchtete jedoch ein Ende der Wahlen.

Herrschte bis ins 20. Jahrhundert hinein noch Skepsis innerhalb der gesamten Bevölkerung bezüglich des Frauenwahlrechts, stieß es bei seiner Einführung bereits auf breite Akzeptanz. HEDWIG RICHTER (Hamburg) zeichnete aus internationaler Perspektive die multikausalen Entwicklungen nach, die diesen Wandel erklären können. Die transnational parallel verlaufenden Prozesse umfassten die Politisierung weiblicher Tätigkeitsfelder, die Herausbildung eines neuen Körperregimes, einhergehend mit einem neuen Verständnis für die Würde und den Schutz des Individuums, sowie Neuerungen in der Pädagogik. Die Veröffentlichung von Bildern in Zeitungen, welche die Lebensumstände in Armut lebender Bevölkerung zeigten, skandalisierte diese und evozierte so beim Bürgertum eine neue Wahrnehmung für den Körper in unwürdigen Lebensverhältnissen. In den USA wurden, im Zuge von Bemühungen um Partizipation, Wahlreformen durchgeführt, welche die Anordnung von Urnen und Kabinen in Wahllokalen standardisierten. Die in dieser Weise erfolgte Zähmung der Männlichkeit innerhalb des politischen Raums habe auch die beginnende Partizipation der Frauen an demokratischen Wahlen begünstigte.

Die Entwicklung der Arbeits- und Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik skizzierte EBERHARD EICHENHOFER (Jena/ Berlin). Die Kriegsrückkehrer als sozialpolitische Herausforderung, die Ablösung der Monarchie durch die Republik sowie ein „Reformstau“ infolge der späten Industrialisierung bildeten im Jahr 1918 die Ausgangslage für Reformen in der Sozialgesetzgebung, Neuerungen im Arbeitsrecht und Sozialversicherungen. Die von Internationalisten und Philanthropen geprägte Friedenskoalition 1917 formulierte darüber hinaus die Vorstellung eines „freien sozialen Volksstaates“. 1927 wurde mit der AVAVG aus der Erwerbslosenfürsorge eine Arbeitslosenversicherung, die auch eine Arbeitsvermittlung beinhaltete. In der kurz danach eintretenden Weltwirtschaftskrise konnte die Arbeitslosenversicherung die Masse der Arbeitslosen allerdings nicht mehr bewältigen. Daneben wurden im Rahmen der Arbeitsgesetze Arbeitsbedingungen kollektiv geregelt, Wege- und Arbeitsgeräteunfälle wurden in die Unfallversicherung mit aufgenommen. Mit der Kriegsopferversorgung wurden trotz der Last für die Wirtschaft Hinterbliebene, Verwundete und Versehrte entschädigt, ergänzt durch eine Rente für Kriegsopfer durch die Fürsorge. Trotz der wirtschaftlichen Überforderung durch die Reparationszahlungen ist diese Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik umgesetzt worden. Sie scheiterte jedoch in der Weltwirtschaftskrise durch substanzielle Überlastung, was eine Entsolidarisierung in der Bevölkerung nach sich zog. Dennoch könne die Weimarer Republik mit Blick auf die gesetzliche Grundlage der Arbeits- und Sozialgesetzgebung als ein erster Sozialstaat bewertet werden.

Die Tagung präsentierte neue Forschungsergebnisse zum Verlauf der Revolution und der folgenden Monate in Pommern und Ostpreußen, und legte den Blick auf die Umwälzungen in ganz Deutschland. Die Akteure vor hundert Jahren hatten ein Bewusstsein von ihrer Gestaltungsmacht und von der Bedeutung des historischen Moments. Bleibende Errungenschaften, die Grundlagen der Sozialordnung in der Bundesrepublik wurden, waren ein neues Arbeits- und Sozialrecht und der Zugang der Frauen zum politischen Leben.

Konferenzübersicht:

Panel 1: Die Novemberrevolution in Pommern

Jenny Linek (Greifswald): Mühsamer Alltag in der Provinz Pommern zwischen Krieg und Hungerblockade 1917–1919

Gunter Dehnert (Greifswald): Die Arbeiter- und Soldatenräte und die Revolution in Stettin

Christoph Freiherr von Houwald (Stralsund): Räte, Revolution und die Wahl zur Nationalversammlung in Stralsund

Panel 2: Revolution und erste Jahre der Republik in Pommern und Ostpreußen

Bert Becker (Hongkong): Die Oberpräsidenten der Revolutionsperiode

Aleksandr Makarychev (Kaliningrad): Ostpreußen in der deutschen Revolution 1918–1919

Stefan Thierfelder (Greifswald): Heimatdienst, Freikorps und Volksräte. Die bürgerliche Mittelschicht in Ost- und Westpreußen zwischen Revolution und Gegenrevolution 1918–1920

Ilya Dementev (Kaliningrad): From October to November: The Reception(s) of 1917–1918 by Russian Thinkers

Thomas Stamm-Kuhlmann (Greifswald): Die Provinz Pommern im neuen Freistaat Preußen

Öffentlicher Abendvortrag

Rüdiger Graf (Potsdam): Die Revolution als Chance und Gefahr. Deutschlands Zukunft 1918/19

Panel 3: Die Gesellschaft entwirft sich neu

Tim B. Müller (Hamburg): Demokratisierung der Gesellschaft?

Bernd Sösemann (Berlin): Politik als neuer Beruf? Journalisten als Einsteiger in der öffentlichen Kritik

Birte Förster (Bremen): In der Hoffnung auf eine Weltfriedensordnung. Deutsche Pazifistinnen in internationalen Verbindungen

Panel 4: Das Neue, das geblieben ist

Hedwig Richter (Hamburg): Lange vorbereitet und kein Grund zur Aufregung - das Frauenwahlrecht

Eberhard Eichenhofer (Jena/Berlin): Das neue Arbeits- und Sozialrecht

Heinz-Peter Schmiedebach (Hamburg): Neue Bewegungen in Sozialhygiene und Psychiatrie


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