Wasser- und Flussbau im Oberrheingebiet. Südwestdeutschland, Ostfrankreich und Nordschweiz, 14.–20. Jahrhundert

Wasser- und Flussbau im Oberrheingebiet. Südwestdeutschland, Ostfrankreich und Nordschweiz, 14.–20. Jahrhundert

Veranstalter
Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein, Departments für Geschichte am Karlsruher Institut für Technologie, Stadt Mannheim in Kooperation mit dem Fachgebiet Geschichte des Mittelalters (TU Darmstadt), dem Lehrstuhl Wirkungsgeschichte der Technik (Universität Stuttgart) und dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
Veranstaltungsort
MARCHIVIUM
PLZ
68169
Ort
Mannheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.10.2022 - 08.10.2022
Deadline
31.10.2021
Von
Marcus Popplow, Institut für Geschichte / Institut für Technikzukünfte, Karlsruher Institut für Technologie

Tagung der Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein, des Departments für Geschichte am Karlsruher Institut für Technologie und der Stadt Mannheim in Kooperation mit dem Fachgebiet Geschichte des Mittelalters (TU Darmstadt), dem Lehrstuhl Wirkungsgeschichte der Technik (Universität Stuttgart) und dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.

Wasser- und Flussbau im Oberrheingebiet. Südwestdeutschland, Ostfrankreich und Nordschweiz, 14.–20. Jahrhundert

Die durch Johann Gottfried Tulla initiierte Regulierung des Oberrheins gilt in der südwestdeutschen Landesgeschichte als der Modernisierungsschub des 19. Jahrhunderts schlechthin. In ihren geomorphologischen, ökonomischen und ökologischen Folgen wirkt sie bis in die Gegenwart und stellt den Flussbau vor immer neue Aufgaben. Flussbauliche Maßnahmen begannen im deutschen Südwesten nicht erst mit Tulla und den Korrektionen des 19. und 20. Jahrhunderts. Bereits im Mittelalter und der Frühen Neuzeit gab es in der Oberrheinregion kleinere und größere Flussbauprojekte.

Die Vielfalt der Dimensionen entsprechender Eingriffe stellt auch die historische Analyse vor immer neue Herausforderungen. Älteren, oft stark verkürzenden „Heldengeschichten“ zu Tulla und anderen Akteuren stehen inzwischen differenzierte Ansätze gegenüber, die gerade auch aus umwelthistorischer Sicht die Interaktion technischer, politischer, ökonomischer und naturaler Faktoren in den Fokus nehmen. Hinzu kommen weitere Perspektiven wie die der Denkmalpflege erhaltener Anlagen des historischen Wasserbaus, der musealen Präsentation entsprechender Themen, der Integration historischer Erkenntnisse in aktuelle Debatten und Problemlagen, nicht zuletzt der Schutz kritischer Infrastrukturen vor Überschwemmungen und bei Dürren.

Die Mannheimer Tagung will eine interdisziplinäre Perspektive auf dieses Themenfeld einnehmen, um die genannten technik-, umwelt-, politik-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Aspekte zusammenzuführen. Der Untersuchungszeitraum der Tagung ist bewusst breit gewählt – vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Probleme der Wasserstraßennutzung, der wirtschaftlichen Ausbeute, des Katastrophenschutzes wie des sozialen Wandels, aber auch solche der Energiegewinnung durch Wasserkraft oder der Verlust von Fischbeständen begleiten die Geschichte des Flussbaus seit Jahrhunderten. Zugleich formen sich an Flussverläufen Modelle politischer Grenzen, von Staatlichkeit wie auch von grenzüberschreitender Kooperation. Gerade durch den Zwang zu einer solchen Kooperation ist der Flussbau auch wesentlich Teil der Geschichte und des Transfers von Wissen, nicht weniger entzünden sich an ihm zwischenstaatliche Konflikte. Kennzeichnend dafür ist, dass landläufige Epochenzäsuren der europäischen Geschichte wie die Französische Revolution oder der Erste Weltkrieg hier nicht greifen – hilfreicher sind Koordinaten, die sich an technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen orientieren. Auch die anthropogenen Veränderungen von (Kultur-)Landschaften begleiten den Flussbau – sie stellen notwendigerweise immer auch Eingriffe in das Habitat zahlloser Pflanzen- und Tierarten dar und formen insofern eine spezifische „fluviale Anthroposphäre“. Daher stehen aktuell nicht selten Belange des Schutzes des natürlichen und des kulturellen Erbes im Konflikt. Nicht zuletzt hat sich durch den Flussbau auch der „Blick“ auf die Flusslandschaft, ihre ästhetische Wahrnehmung geändert; das gilt genauso für dabei entstehende Bauwerke, etwa Schleusen, Staustufen oder Uferbefestigungen. Der Rhein mit seinen Zuflüssen mag dabei eine mehr als exemplarische, ja geradezu herausgehobene Rolle spielen. Im Anschluss an die breit rezipierten Gesamtdarstellungen von David Blackbourn oder Christoph Bernhardt lassen sich am Rhein als einem der großen europäischen Wasserstraßen und Wirtschaftsachsen und seinen Nebenflüssen die politischen, ökonomischen und soziokulturellen Phänomene, die im weiten Kontext des Flussbaus sichtbar werden, aber auch stellvertretend beschreiben.

Die Arbeitsgemeinschaft für geschichtliche Landeskunde am Oberrhein sieht sich bei einer solchen Fragestellung in einer langen Tradition. Über die Schüler des Heidelberger Geografen Alfred Hettner (1859–1941), vor allem Friedrich Metz (1890–1969) in Freiburg und Joseph Schmitthüsen (1909–1984) in Karlsruhe, fanden Aspekte der Wirtschafts- und der Kulturgeografie von Anfang an Eingang in den Themenkatalog der Arbeitsgemeinschaft. Auch wenn sich diese Sicht längst erweitert und von ideologischem Ballast befreit hat, ist das Ziel des interdisziplinären Fragens geblieben. In Verbindung mit dem technikhistorisch orientierten Karlsruher Lehrstuhl greift nun die Mannheimer Tagung ein solches Profil der gemeinsamen, fachübergreifenden Analyse auf und wendet es exemplarisch für das Thema Wasser- und Flussbau an. Zugleich ist die Tagung als wissenschaftlicher Beitrag zur großen Ausstellungsreihe „Der Rhein“ angelegt: Deutsche, französische und schweizerische Museen am Hoch- und Oberrhein präsentieren zwischen Oktober 2022 und Sommer 2023 rund 30 Ausstellungen zum Thema. Auch die Tagung soll für ein breiteres Publikum offenstehen. Die Tagungsergebnisse werden als Band der Oberrheinischen Studien (Verlag Thorbecke) veröffentlicht und nach einer Moving Wall von drei Jahren zum Open Access freigegeben.

Gesucht werden Beiträge für 30-minütige Vorträge. Bitte senden Sie dazu ein Abstract (ca. 250 Wörter) und einen kurzen Lebenslauf bis zum 31. Oktober 2021 an krimm@ag-landeskunde-oberrhein.de. Angenommene Referate werden mit 150 € honoriert, die Reise- und Übernachtungskosten übernommen.

Kontakt

krimm@ag-landeskunde-oberrhein.de