Wasser zeigt sich in seinen verschiedenen Formen sehr deutlich an verschiedenen Orten, so auch in der Stadt Amiens und seiner Umgebung. Als Kultur- und Naturerbe ist Wasser, unabhängig von seinem Auftreten - (Fluss, Wasserstraße, Strom) - manchmal direkt sichtbar, kann aber mit der Zeit auch unsichtbar werden. Mal haben Wasserläufe ihren Verlauf geändert, mal sind Kanalprojekte entstanden. Während einige Projekte tatsächlich umgesetzt wurden, blieben andere unvollendet. Und schließlich verfügen wir oftmals nicht mehr über genaue und zuverlässige Informationen über den historischen Verlauf der Wasserwege oder über sprachlich-kulturelle Spuren, die eine Rekonstruktion ihrer Entwicklung ermöglichen würden. Diese Tagung will vergleichend die verschiedenen Schichten der Entstehung und Transformation eines Erbes sichtbar machen, das für die Region Hauts de France von großer Bedeutung ist.
Es geht einerseits darum, ein unsichtbares oder kaum sichtbares Fluss- oder Wasserkulturerbe zu hinterfragen, und andererseits darum, dieses bislang zu wenig beachtete Kulturerbe neu zu valorisieren. Sowohl Ansätze, die sich auf die Region Hauts-de-France beziehen, als auch Beiträge aus einem vergleichenden Blickwinkel, der die Situation in Frankreich, Europa oder außereuropäische Gegebenheiten berücksichtigt, sind willkommen. Das Kolloquium bietet die Gelegenheit, sich mit Fragen der Entwicklung eines Elements des materiellen Erbes, seiner Umwidmung und seiner Anpassung an neue Nutzungen im Laufe der Zeit zu befassen.
Die Vorträge können die folgenden Fragen mit Wasserbezug aufnehmen, die sich als Vorschläge, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, verstehen:
- Wie wurde das kulturelle Erbe neu erfunden oder (wieder)gefunden?
- Was lässt sich über die Wiederverwendung von kulturellem Erbe sagen?
- Kann man Neuschreibungen in den vergangenen Jahrhunderten bis in die Gegenwart benennen?
- Kann man von einer (Neu-)Konstruktion der Tradition durch das kulturelle Erbe sprechen?
Dieses Kolloquium zielt also nicht nur darauf ab, unser Wissen über die Wassernutzung in der Vergangenheit und die sprachlich-kulturellen Herausforderungen, die mit der Benennung von Wasserläufen, ihren geografischen Veränderungen, ihren wechselnden Zuweisungen und ihrer Auf- oder Abwertung verbunden sind, zu verbessern, sondern auch darauf, eine andere oder effektivere Nutzung dieser wertvollen Ressource in der Zukunft zu ermöglichen. Dazu müssen wir in der Lage sein, die alten Wasserläufe, ihre Nutzung und die Wahl der Hydronyme sowie die Gründe für ihr Verschwinden zu identifizieren und zu verstehen. Parallel zum Kolloquium wird eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Stadt Amiens zu diesem Thema organisiert. Am Ende wird eine Zwischenbilanz gezogen, um die Desiderate für eine mögliche Folgekonferenz im Jahr 2025 festzulegen.