Die LEUCOREA arbeitet seit 30 Jahren als Forschungs- und Kongresszentrum an einem der Standorte der alten Wittenberger Universität gleichen Namens. Die geförderten, initiierten und von der Stiftung getragenen Forschungsprojekte fokussieren den historischen Bezug der Wittenberger Reformation und seine Bedeutung für die Formierung von Neuzeit und Moderne. Im Zentrum stehen Transformationsprozesse, die durch reformatorische Impulse seit dem 16. Jahrhundert in Sozialleben, Medizin, Rechtsprechung, Kunst, Philosophie und Theologie ausgelöst wurden.
Im Herbst 2024 findet erstmals das Graduiertenforum LEUCOREA statt, zu dem künftig zweimal jährlich eingeladen werden soll. Ziel dieses Veranstaltungsformats ist es, Doktorand:innen und Postdoktorand:innen unterschiedlicher geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlicher Fächer einen Raum für einen mehrtätigen interdisziplinären Austausch zu bieten. Dazu werden interessante Denkerinnen und Denker der Gegenwart, von deren Werk sich ein Bezug zur reformatorischen Ideenwelt herstellen lässt, nach Wittenberg eingeladen. Ihr Denken soll im Zentrum des interdisziplinären Austauschs stehen und in gemeinsamer Textarbeit ein Stück weit erschlossen werden. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird die Möglichkeit eingeräumt, thematisch einschlägige Forschungsprojekte vorzustellen und zu diskutieren. Teil des Programms ist darüber hinaus ein öffentlicher Abendvortrag des Referenten / der Referentin.
Für die erste Durchführung dieses Formats konnte der bedeutende Soziologe und Sozialphilosoph Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joas gewonnen werden. Hans Joas ist gegenwärtig Ernst-Troeltsch-Professor für Religionssoziologie an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Zentrum des Graduiertenforums soll die für sein Denken zentrale Frage nach dem Verhältnis von Religion und moderner Freiheitsgeschichte stehen. Joas widerspricht nicht nur der gängigen These, dass der aus der Reformation hervorgegangene Protestantismus der entscheidende Motor für die Formierung der Moderne und ihres Freiheitsideals war. Er kritisiert auch das säkularisierungstheoretische Vorurteil, demzufolge mit der gesellschaftlichen Modernisierung auch die Befreiung von Religion überhaupt einhergehe. Stattdessen schreibt er religiösen Erfahrungen von Selbsttranszendenz eine fundamentale Bedeutung für die Entstehung von Wertüberzeugungen zu, was er insbesondere an der Entstehung der modernen Menschen- und Freiheitsrechte sowie des moralischen Universalismus aufzeigt. Damit ist eine Reihe von Themen benannt, die im Rahmen des Graduiertenforums debattiert werden können. Dies soll anhand einschlägiger Passagen aus verschiedenen Veröffentlichungen von Hans Joas geschehen, die allen Teilnehmenden in Form eines Readers zur Verfügung gestellt werden. Besonders hingewiesen sei aber auf sein im Jahr 2020 im Suhrkamp-Verlag erschienenes Buch „Im Bannkreis der Freiheit“, das dem Graduiertenforum den Titel gab.
Bewerbungen für die Teilnahme am Graduiertenforum mit Hans Joas, die Promovierenden und Post-Docs aus Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften offensteht, werden bis zum 19.7.2024 an folgende Kontaktadresse erbeten: karl.tetzlaff@leucorea.uni-halle.de. Für insgesamt zwanzig Personen kann eine Teilnahme inklusive der Erstattung der (inländischen) Reise-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten realisiert werden. Die Zu- oder Absagen werden zeitnah nach dem Ende der Bewerbungsfrist verschickt.
Bitte fügen Sie neben Angaben zum Forschungsprofil auch ein kurzes Motivationsschreiben mit Bezug auf die Thematik der Veranstaltung bei.
Bei Interesse an einer Projektvorstellung ist darüber hinaus ein Exposé des Forschungsprojekts vonnöten, das Berührungspunkte zum Veranstaltungsthema haben sollte.
Die Veranstaltung wird mit freundlicher Unterstützung von CAMPUS WITTENBERG e.V. realisiert.