Eine andere Dialektik der Aufklärung. Zur Rezeption weiblicher Herrschaft in der Frühmoderne

Eine andere Dialektik der Aufklärung. Zur Rezeption weiblicher Herrschaft in der Frühmoderne

Veranstalter
Prof. Dr. Martina Kessel Dr. Mareike Menne GK Archiv, Macht, Wissen Abt. Geschichtswissenschaft Universität Bielefeld 33501 Bielefeld
Veranstaltungsort
Universität Bielefeld
Ort
Bielefeld
Land
Deutschland
Vom - Bis
11.01.2008 - 12.01.2008
Deadline
15.10.2007
Website
Von
Mareike Menne

Der vormoderne Rechtssatz „major dignitas est in sexu virili“ leitet bis heute die Diskussionen um Frauen in Macht- und Führungspositionen von Politik und Wirtschaft. Kennzeichen dieser Debatten ist allerdings auch die Selbstvergewisserung der gesellschaftlichen Fortschrittlichkeit, welche es Frauen nun erstmalig ermögliche, legitim Macht auszuüben. Und dennoch werden politisch aktiven, mächtigen Frauen unterschiedliche Rollen zugeschrieben, die ihre Rezeption und Bewertung maßgeblich mitbestimmen, nicht zuletzt ihre geschlechtliche Rolle, die ihre Führungsposition als ein „Trotzdem“ erscheinen lässt. Doch weder sind Frauen mit Herrschaftskompetenzen ein modernes Phänomen, noch ist es das Ringen um eine angemessene Rezeption. Insbesondere in den juristischen und kameralistischen Debatten des 17. und 18. Jahrhunderts bildete sich ein Diskurs um die Rechtslage weiblicher Herrschaft heraus, die wesentlich zur Rollenkonstruktion der Herrscherin beitrugen. Hier findet sich eine „andere Dialektik“ der Aufklärung, nämlich die zunehmende Einschränkung der Aktionsradien von Frauen in dieser für unser heutiges Menschenbild konstitutiven Zeit. Die Frau wurde ein anthropologischer Sonderfall.
Die Personalität nicht nur der vormodernen Herrschaft verweist auf die Vielzahl von Rollen, in denen sich die Akteure bewegen, die sie einerseits gezielt instrumentalisieren können, in denen sie andererseits jedoch auch ohne unmittelbare Steuerungsoptionen wahrgenommen werden. Für männliche Herrschaft entsteht allmählich eine Auseinandersetzung mit der Rollen- und Identitätspluralität über die klassische Biographie hinaus. Als Ergebnis zeichnet sich ab, dass vormoderne Regenten durchaus in der Lage waren, unterschiedliche Rollen zu reflektieren und in ihr Aktionsfeld zu integrieren, so ihre Zugehörigkeit zu einer Dynastie, ihre Funktion als Reichs- und als Landesfürst, als Mäzen, Kriegsherr, Geistlicher und Richter. Die Rollen der Herrscherin sind davon an und für sich gar nicht verschieden, doch werden sie sowohl im Rechtsdiskurs als auch in der Rezeption ergänzt um die Rollen als Ehefrau/ Witwe und Mutter – auch dies eine Konstante, die die Gegenwart aus der Vormoderne ableitete. Es ist die wesentliche Leitfrage des Workshops, dem multiplen Menschenbild der vormodernen Gesellschaft in seiner Bedeutung für das weibliche Geschlecht nachzugehen, die verschiedenen Rollen und Funktionen weiblicher Herrscherinnen heuristisch auseinander zu halten und die Wirkmechanismen und Nachhaltigkeiten in der Zusammenführung dieser Rollen zu einem „ganzheitlichen“ Individuum, wie es sich in der Rezeption des 18. Jahrhunderts findet, für verschiedene Personen und Repräsentationen herauszuarbeiten.
Es soll also die Leitfrage nach einem typisch weiblichen Herrschaftsstil überwunden werden zugunsten einer Anerkennung der Heterogenität und kontextuellen Abhängigkeit der Herrschaft von Frauen. Verhältnismäßig homogen gestaltet sich hingegen die Wahrnehmung und Konstruktion des Bildes von weiblicher Herrschaft, und dies zumeist rechtlich uneindeutig, in der Folge abwertend bis diffamierend. So fragt der Workshop also nicht: Was ist typisch für weibliche Herrschaft?, sondern: Welche wiederkehrenden Topoi und Bewertungen finden sich in der Rezeption weiblicher Herrschaft? Durch welche exogenen Faktoren wurden sie bedingt? Und: Welche Wirkmächtigkeit entfalten diese, mithin bis in die Gegenwart?
Beitragsvorschläge (ca. 400 Worte) können sich an folgenden Leitmotiven orientieren:
- biographische und rezeptionsästhetische Beispiele für weibliche Herrschaft,
- Typologien weiblicher Herrschaft,
- Methodische und theoretische Reflexion zur wissenschaftlichen Rezeption im Rahmen von Gender- und Biographiehistorie.
Das Thema soll in der gebotenen geographischen und methodischen Breite sowie zeitlichen Begrenzung angegangen werden. Der Schwerpunkt soll auf der weiblichen Herrschaft und ihrer Rezeption im 17. und 18. Jahrhundert liegen.

Programm

Kontakt

Dr. Mareike Menne

GK 1049 Archiv, Macht, Wissen
Abt. Geschichtswissenschaft
Universität Bielefeld
33501 Bielefeld
0521-106-3237

mareike.menne@uni-bielefeld.de