Akademische Freiheit oder akademische Frechheit? Studentische Identität, universitäre Konflikte und obrigkeitliche Disziplinierung vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart

Von
Dunja Houelleu

Sommeruniversität des Deutschen Historischen Instituts Paris (DHIP) vom 22. bis 27. Juni 2014

Prof. Dr. Marian Füssel (Universität Göttingen)
Johan Lange, M.A. (Deutsches Historisches Institut Paris)
Dr. Jean-Luc Le Cam (Université de Brest)

Geht man als Student demonstrieren, wenn man Studiengebühren bezahlt – und scheut Konflikte, wenn man von einem Stipendium abhängig ist?
Verschwinden gewaltsam ausgetragene Konflikte, wenn ein studentisches Ideal sich anstatt an adeligen an bürgerlichen Werten orientiert?
Widersprechen Studenten ihren Dozenten häufiger, wenn es keine Abschlussprüfungen und keine Zeugnisse gibt?

Diese und viele weitere Fragen stellen sich, wenn man versucht, die Geschichte der europäischen Universitäten mit Fokus auf die von ihrer Anzahl her größte Mitgliedergruppe zu schreiben: die Studierenden. Wie beeinflussen soziale, ökonomische oder religiöse Normen die studentischen Selbstbilder und die Auseinandersetzungen zwischen Studierenden und der Institution der Universität? – ob semantisch durch Kämpfe um die Deutungshoheit zentraler Begriffe wie z.B. „Akademische Freiheit“ oder physisch durch gewaltsame Studentenproteste.

In der einwöchigen Sommeruniversität des DHIP vom 22. bis 27. Juni 2014 sollen epochenübergreifend Konfliktfelder zwischen Studierenden und ihnen gegenüberstehenden Obrigkeiten in den Blick genommen werden. Ein Fokus der Sommerschule liegt dabei auf dem Vergleich zwischen deutschen und französischen Universitäten, um die verschiedenen Forschungsgemeinschaften rechts und links des Rheins miteinander ins Gespräch zu bringen, Kontakte zu knüpfen und einen weiterführenden wissenschaftlichen Austausch zu befördern.

Das gemeinsame Erkenntnisinteresse der Sommeruniversität liegt darin, die historischen Strukturunterschiede der Universitäten auf ihren Einfluss auf studentische Identität(en) und universitäre Disziplinierungsformen zu befragen. Sind studentische Identität und obrigkeitliche Disziplinierung z. B. abhängig:

1. von Sozialisationsformen der Studierenden (z.B. Bursen, Seminarien, Studentenverbindungen, Parteiorganisationen)?
2. vom institutionellen Aufbau der Universität (z.B. Partizipationsrechte der Studierenden, Autonomie der Universität gegenüber anderen staatlichen oder gesellschaftlichen Institutionen)?
3. vom wirtschaftlichen Aufbau der Universität (z.B. Stiftungsvermögen, Kolleggelder, Privatvorlesungen, Stipendienprogramme, Studiengebühren)?
4. von ideengeschichlichen Kontexten, die die Stellung des Studierenden in der Gesellschaft und der Funktion der Universität neu definieren (z.B. Ordensreformen, Reformation und Gegenreformation, Aufklärung, Nationalsozialismus oder Vichy-Regierung, Kalter Krieg, Europäischer Einigung und Bologna-Prozess)?
5. von den kulturellen Praktiken der Studenten, Professoren und Obrigkeiten, den symbolischen Formen der Aneignung, Repräsentation und Herausforderung (z.B. Boykotte, Sit-ins, Flugblätter) ebenso wie der Kontrolle, Steuerung oder Reglementierung (z.B. Statuten, Denunziation, Haftstrafen, Relegation)?

Das Programm der Sommerschule wird aus einer Mischung von Inputreferaten der Teilnehmer, Vorstellungen von Forschungsprojekten der Nachwuchswissenschaftler, Diskussionen relevanter (Theorie-)Texte und öffentlichen Abendvorträgen bestehen. Neben den drei Hauptorganisatoren, die in ihrer eigenen Forschung vor allem die Frühe Neuzeit vertreten, werden deutsche und französische Spezialisten für die Universitätsgeschichte der weiteren Epochen am Forschungsatelier teilnehmen und mit ihrer Expertise begleiten.

Das Forschungsatelier richtet sich an Nachwuchswissenschaftler (Doktoranden und Post-Docs), aber Bewerbungen von Masterstudierenden mit einem Schwerpunkt in oder einem eigenen Forschungsprojekt zur Universitätsgeschichte sind ebenfalls willkommen. Dies gilt auch für Bewerbungen aus historisch arbeitenden Nachbardisziplinen wie Politologie, Soziologie und Philosophie.

Die Reisekosten der Teilnehmer/innen können erstattet werden. Eine Unterkunft kann bei Bedarf vom DHIP kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Ihre Bewerbung um Teilnahme sollte ein Motivationsschreiben beinhalten, in dem sie Ihr Interesse an der Universitätsgeschichte und Ihre Erwartungen an die Sommerschule darlegen. Darüber hinaus bitten wir um einen Lebenslauf und ggf. eine Publikationsliste.
Die Arbeitssprachen sind Französisch und Deutsch. Die aktive Beherrschung der einen und das passive Verständnis der zweiten Sprache sind Teilnahmevoraussetzung.

Ihre Bewerbung mit den entsprechenden Unterlagen schicken Sie bitte bis zum 15. April 2014 per eMail als eine PDF-Datei an marian.fuessel@phil.uni-goettingen.de oder an jean-luc.lecam@univ-brest.fr.

Programm

Kontakt

Dunja Houelleu

DHIP, 8 rue du Parc-Royal, 75003 Paris

dhouelleu@dhi-paris.fr

http://www.dhi-paris.fr/de/news/aktuelles/detail/ausschreibung-sommeruniversitaet-akademische-freiheit-oder-akademische-frechheit.html