Die Frauen und der politische Katholizismus (1871–1933)

Die Frauen und der politische Katholizismus (1871–1933)

Veranstalter
Dr. Andreas Linsenmann, PD Dr. Markus Raasch, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Historisches Seminar, Arbeitsbereich Zeitgeschichte
Veranstaltungsort
Erbacher Hof, Akademie und Tagungszentrum des Bistums Mainz
Ort
Mainz
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.08.2016 -
Deadline
20.08.2016
Website
Von
Raasch, Markus

Frauen spielen in der umfangreichen Zentrumshistoriografie bisher lediglich am Rande eine Rolle. Jenseits der "großen" Parlamentarierinnen wie Helene Weber, Christine Teusch oder Helene Wessel sind der weibliche Beitrag zur Formulierung und Gestaltung von Politik ebenso wie die weibliche Perspektive auf den politischen Katholizismus immer noch unzureichend konturiert. Für die Zeit vor 1918 bildet sie eine terra incognita. So intensiv die Rolle der Frauen in den Strukturen des katholischen Milieus beforscht worden ist, so starr scheint bis heute in der Zentrumsforschung die Formel zu gelten: kein Wahlrecht, keine parteipolitische Bedeutung, keine Notwendigkeit der Erwähnung. Diese Vernachlässigung der Frauen erscheint besonders unbefriedigend, weil das Zentrum als erste Volkspartei gesehen werden kann, die in der "Weimarer Republik" zur wichtigsten Regierungspartei avancierte und für gewöhnlich als idealer Untersuchungsgegenstand gilt, um Möglichkeiten und Grenzen „einer lebensfähigen pluralistischen parlamentarischen Tradition in Deutschland" zu bestimmen (Margaret Lavinia Anderson).
Hier möchte eine interdisziplinär angelegte Tagung ansetzen. Sie will Bilanz der bisherigen Forschung ziehen und zugleich aktuelle Forschungstrends aufgreifen und neue, international anschlussfähige Zugriffe auf das klassische Feld der Parteiengeschichte ausloten.
Zum einen interessiert uns die essentialistische Perspektive: Welche Rolle spielte die Frau im Selbstverständnis, im Programm und im politischen Alltag der Zentrumspartei? Inwiefern hatte das Jahr 1918 Zäsurcharakter? Wie gestaltete sich die Interaktion mit den Frauenorganisationen des eigenen Milieus? Wie stand der politische Katholizismus zur Frauenbewegung und deren Forderungen? Wie positionierte er sich zu Wandlungen des Frauenbildes? Inwieweit bespielte er auf verschiedenen Politikfeldern frauenspezifische Themen? War die Zentrumspartei in Relation zu anderen politischen Gruppierungen und im internationalen Vergleich frauenfeindlich?
Zum anderen gilt die Verpflichtung einem akteurszentrierten Zugang. Vier Personengruppen erscheinen besonders relevant: Zentrumsnahe Aktivistinnen und Intellektuelle, die (Ehe-)Frauen der Parlamentarier, die Frauen im Parlament, die Historikerinnen der Zentrumspartei. Für alle Gruppen soll gefragt werden: Woher kamen die Frauen? Welche sozialen, kulturellen und habituellen Prägungen brachten sie mit? Was kennzeichnete ihre Imaginationen von Weib- und Männlichkeit? In welchen Netzwerken agierten sie? Inwieweit waren sie im vorpolitischen Raum, insbesondere im Verbands-, Vereins- und Pressewesen des katholischen Milieus, aktiv? Welche Ideen und Ziele verfolgten sie? Wie lässt sich die praxeologische Ebene ihres Engagements beschreiben? Mit welchen Fremdwahrnehmungen sahen sie sich konfrontiert, wie gingen sie mit diesen um? Auf welchen Feldern wurden sie in welcher Weise aktiv und umgekehrt: auf welchen Feldern wurden sie aus welchen Gründen nicht aktiv? Welche Gestaltungsmacht wollten und konnten sie entwickeln? Inwieweit operierten sie in internationalen Zusammenhängen?

Die Tagung findet am 9./10. Februar 2017 im Erbacher Hof, Akademie und Tagungszentrum des Bistums Mainz, statt. Kosten für Übernachtung und Verpflegung werden übernommen. Um eine Erstattung der Reisekosten bemühen wir uns.

Themenvorschläge in Form eines Abstracts des geplanten Vortrags im Umfang von maximal 400 Wörtern und eines kurzen akademischen Lebenslaufs werden bis zum 20. August 2016 per Email erbeten an: maraasch@uni-mainz.de. Die Rückmeldung über die Annahme erfolgt bis zum 10. September 2016.

Programm

Kontakt

Markus Raasch

Johannes Gutenberg-Universität, Arbeitsbereich Zeitgeschichte, Jakob-Welderweg 18, 55122 Mainz

maraasch@uni-mainz.de