Der "Neue Mensch" und das Jahrhundertspiel. Sowjetfussball als kulturelle Kraft und politische Macht im 20. Jahrhundert

Der "Neue Mensch" und das Jahrhundertspiel. Sowjetfussball als kulturelle Kraft und politische Macht im 20. Jahrhundert

Veranstalter
Zentrum deutsche Sportgeschichte, Emanuel Lasker Gesellschaft
Veranstaltungsort
Russisches Haus der Wissenschaft und Kultur, Friedrichstr. 179, 10117 Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.11.2017 - 11.11.2017
Von
Zentrum deutsche Sportgeschichte

Der Sport in der Sowjetunion ist ein Paradebeispiel von Utopie und Wirklichkeit des Kommunismus im 20. Jahrhundert. Die Körperkultur der Sowjetunion sollte den „Neuen Sowjetmenschen“ formen – ein Anspruch, der sich auf Physis, Lebensführung und Denken der Allgemeinheit wie der Sportler/Innen bezog. Der Kommunismus prägte zudem über Jahrzehnte den Weltsport, in der Sportdiplomatie ebenso wie beim Export von nicht-zivilen Organisationen wie „Dynamo“. Die Konferenz beleuchtet den Fußball in der Sowjetunion aus multidimensionaler Perspektive: Als staatlich und parteilich gestalteter Repräsentationsraum, als kommunistisches Sportsystem, das Wettkampfbetrieb wie Spieler diktatorisch zu lenken wusste, als Faktor der internationalen Politik aber auch als kulturelles Gepräge für Kunst, Architektur, Jugend- und Erinnerungskultur. Der Sowjetfussball wurde in den Dekaden seiner Existenz sowohl gegen "bürgerliches" Sporttreiben, gegen das nationalsozialistische Regime wie auch gegen den "Kapitalismus" in Stellung gebracht. Sportliche Begegnungen wurden somit häufig mit einem politischen Auftrag überformt – in der Rückschau gerieten einzelne Spiele zu emotional und ideologisch aufgeladenen Mythen.

Die Tagung wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Rahmen des Jahresschwerpunkts „Der Kommunismus: Utopie und Wirklichkeit. 1917-2017: 100 Jahre Oktoberrevolution" gefördert. Die Konferenz wird in Kooperation mit dem Sportmuseum Berlin, dem Deutschen Rundfunkarchiv, dem Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur sowie dem Tagesspiegel ausgerichtet und von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport unterstützt.
Die historische Rückschau mit internationalen Experten findet zugleich mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland statt und bietet einen fundierten Einblick in die Geschichte der wechselseitigen sportpolitischen und kulturellen Beziehungen zum WM-Gastgeberland.

Programm

Donnerstag, 9.11.2017

10.00 Uhr Begrüßung

Botschaft der Russischen Föderation in der Bundesrepublik Deutschland
Jens Hüttmann - Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Jutta Braun - Zentrum deutsche Sportgeschichte
Paul Werner Wagner - Lasker-Gesellschaft

11.30 Key Notes

11.30 Uhr
Soviet Football from Capitalism to Capitalism
Robert Edelman - University of California, San Diego

12.15 Uhr
Soviet Football under the control of Communist Party Leaders
Mikhail Prozumenshchikov - Rossiiskii gosudarstvennyi arkhiv noveishei istorii (Russisches Staatsarchiv für Zeitgeschichte, Moskau)

13.00 Uhr
Mittag

I. Fussballdiplomatie und Sportpolitik

14.00 Uhr
Politische Funktionen des Sowjetfußballs im internationalen Kontext der 1930er Jahre
André Gounot - Université de Strasbourg

14.45 Uhr
„Drei Streifen für die Sbornaja“: Promotion- und Lizenzverträge von Adidas mit sowjetischen Betrieben
Rainer Karlsch - Institut für Zeitgeschichte, München-Berlin

15.30 Uhr
Inselstadt im Abseits? Der Austragungsort West-Berlin als Spielball im Kalten Krieg
Jutta Braun - Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam/Zentrum deutsche Sportgeschichte, Berlin

16.15 Uhr
Kaffee

17 Uhr
Podiumsdiskussion: „Russland und die Fußball-WM“
Johannes Aumüller (Süddeutsche, Die Zeit), Gennadi Orlov (Sportjournalist und WM-Botschafter St. Petersburg)
Moderation: Robert Ide (Der Tagesspiegel)

Freitag, 10.11.2017

II. Fußballbrüder – Fußballgegner: Der Sowjetfußball in Osteuropa

10.00 Uhr
Freundschaftsfussball auf dem Rasen? Länderspiele gegen die Sowjetunion im Spiegel der Presse
Gregor Feindt - Leibniz-Institut für Europäische Geschichte Mainz

10.45 Uhr
Polen gegen die Sowjetunion - eine Beziehungsgeschichte
Dariusz Wojtaszyn - Willy-Brandt-Zentrum der Universität Wroclaw

11.30 Uhr
Die Sowjetunion und der sowjetische Fußball in der Fußball-Berichterstattung der DDR
Kai Reinhart - Westfälische Wilhelms-Universität Münster

12.30 Uhr
Mittag

III. Macht und Emanzipation: Nationale und kulturelle Repräsentationen (1918-1990)

14.00 Uhr
Fußball in der Frühphase der Sowjetunion
Nikolaus Katzer, Deutsches Historisches Institut, Moskau

14.45 Uhr
„Zerschnittene Pioniertücher.“ Die Ursprünge organisierter Fankultur in Russland
Manfred Zeller - Universität Bremen

15.30 Uhr
Fußball in der Stadtarchitektur der Sowjetunion
Alexandra Köhring - Kunsthistorikerin und Freie Autorin Hamburg

16.15 Uhr
Kaffee

IV. Schaufenster Sowjetsport: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“

17.00 Uhr
Sowjetische Einflüsse im Sport Rumäniens in den 1950er Jahren
Bogdan Popa - Institut de Istorie „Nicolae Iorga“ Bukarest

17.45 Uhr
Fußballwissen in der DDR: „… von den Sowjetmenschen lernen“
Justus Kalthoff - Westfälische Wilhelms-Universität Münster

18.30 Uhr
DINAMO: Das sowjetische Vorbild im ostdeutschen Fußball
Jutta Braun - Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam/Zentrum deutsche Sportgeschichte, Berlin

V. Große Spiele: Sowjetunion – Deutschland 1955 - 1964 - 1972 (I)
19.30 Uhr
Filmsequenzen und Podiumsgespräch
EM-Finale 1972 Sowjetunion – Deutschland
Moderation: Paul Werner Wagner und Gäste

Samstag, 10.11.2017

VI. Mythen und Traditionsbildung: Das „Todesspiel“

10.00 Uhr
Das „Todesspiel“ von Kiew 1942 – Dekonstruktion eines Mythos
Thomas Urban - Süddeutsche Zeitung, Madrid

10.45 Uhr
„Das Spiel mit dem Tode“ – die DDR und der Mythos vom „Todesspiel“
René Wiese - Zentrum deutsche Sportgeschichte, Berlin

11.30 Uhr
Filmaufführung „Die dritte Halbzeit“ (Tretij Tajm), Mosfilm 1962, Regie: Jewgenij Karelow.
Einführung: Thomas Urban - Süddeutsche Zeitung, Madrid

13.30 Uhr
Mittag

VII. Große Spiele: Sowjetunion – Deutschland 1955 - 1964 - 1972 (II)

14.30 Uhr
Eisbrecher Adenauers – das Spiel der Herberger-Elf in Moskau 1955
Matthias Kneifl - freier Publizist und Historiker, Darmstadt

15.15 Uhr
Filmaufführung „Der Kracher von Moskau“, Autor: Thomas Grimm, 2015

16.15 Uhr
Gespräch: Matthias Kneifl, Thomas Grimm
Moderation: René Wiese

16.45 Uhr
Kaffee

17.00 Uhr
Filmsequenzen und Podiumsgespräch
Olympiaqualifikation 1964 DDR-Sowjetunion
Moderation: Paul Werner Wagner und Gäste

Kontakt

Dr. René Wiese
Zentrum deutsche Sportgeschichte
Griebenowstr. 21
10435 Berlin

http://www.zentrum-deutsche-sportgeschichte.de
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