1940–2020: 80 Jahre ist es her, seit die Vorgänge der Südtiroler Option ihren Höhepunkt erreichten. Aus diesem Anlass zeigt die Ausstellung auf Schloss Tirol bislang völlig unbekanntes nationalsozialistisches Propagandamaterial, das für die geschlossene Abwanderung der Südtiroler Bevölkerung in das Großdeutsche Reich warb. Die apologetischen Entwürfe aus der Zeit um 1939/40 stammen aus dem Nachlass des Südtiroler SS-Mitglieds Josef Dorfmann (1921–1944) und waren an den „Volksgruppenführer“ Peter Hofer adressiert. In ihnen kommen verstärkt visuelle Aspekte zum Tragen, die bisher noch kaum in den Blick geraten sind. Die Artefakte richteten sich bevorzugt an
jugendliche Eliten, die sich im Völkischen Kampfring Südtirols (VKS) oder in seinem pronazistischen Umfeld formierten. Die Propagandazeichnungen stammen von unterschiedlichen Händen. Aufgrund von Dorfmanns Gesamtregie bilden sie aber ein eindrucksvolles Gesamtdokument des völkischen Totalitarismus. Die Zeichnungen sind mit dem Stempel der Waffen-SS, Leibstandarte „Adolf Hitler“, und mit Dorfmanns Vermerken zur beabsichtigten Verwendung versehen. Einige Entwürfe können Südtiroler Künstlern wie Heiner Gschwendt oder Max Sparer zugeordnet werden.
Die Ausstellung und ihr Katalog leisten die historische Aufarbeitung des brisanten Materials. Darüber hinaus setzen sie den so verkitschten wie verstörenden Visionen völkischer Zukunft die zeitgenössische Ästhetik des Künstlers Riccardo Giacconi entgegen, dessen Zyklus Tingierung von 2019 eine zusätzliche Brechung und Verfremdung des Materials bietet.
Öffnungszeiten / Orari di apertura / Opening hours
täglich 10–17 Uhr (Mo. und Di. Ruhetag)