„Arisierung“, Restitution und Wiedergutmachung in deutschen Städten

„Arisierung“, Restitution und Wiedergutmachung in deutschen Städten

Veranstalter
Prof. Dr. Johannes Paulmann; Dr. Christiane Fritsche
Veranstaltungsort
Ort
Mannheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
19.04.2012 - 20.04.2012
Deadline
01.05.2011
Website
Von
Johannes Paulmann / Christiane Fritsche

„Arisierung“, Restitution und Wiedergutmachung in deutschen Städten

Die Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben und ihre systematische Ausplünderung waren ein historisches Ereignis, das deutsche Städte unmittelbar berührte. Die „Arisierung“ fand vor aller Augen statt, kommunale Einrichtungen waren beteiligt und man kannte einander. Das gleiche traf teilweise für die Restitution und Wiedergutmachung nach dem Zweiten Weltkrieg zu. Die Tagung stellt den Umgang der Gesellschaft in deutschen Städten mit „Arisierung“ und Wiedergutmachung in den Mittelpunkt. Gemeinsamkeiten und Besonderheiten einzelner Städte sollen erarbeitet werden. Lebensläufe der beteiligten Opfer und Täter während und nach der „Arisierung“ werden miteinander verglichen.

„Arisierung“ und Wiedergutmachung werden in der historischen Forschung oft getrennt voneinander betrachtet. Die Wiedergutmachungs- bzw. Restitutionsakten sind jedoch nicht nur für die Rekonstruktion von Arisierungsvorgängen von zentraler Bedeutung, sondern geben zugleich Aufschluss darüber, wie Städte nach dem Holocaust mit der Verdrängung der Juden aus ihren Stadtgesellschaften umgingen. „Arisierung“ wird in einem sehr weit gefassten Sinn verstanden: So interessieren Firmen- und Grundstücksarisierungen, die Arisierung von Kunstsammlungen und Bibliotheken, die finanzielle Ausplünderung der Juden und die „Verwertung“ des jüdischen Besitzes nach Emigration bzw. Deportation. Auch für die Nachkriegszeit wird der Bogen bewusst sehr weit gespannt: Die Tagung wird sowohl erste lokale Hilfsmaßnahmen unmittelbar nach dem Krieg als auch die Restitution jüdischen Eigentums und die Entschädigungsleistungen im Rahmen der Wiedergutmachung analysieren. Dabei soll auch die Wiedergutmachung für andere Opfergruppen wie politisch Verfolgte oder Kriegsversehrte vergleichend betrachtet werden.

Ein zentraler Ansatzpunkt der Tagung ist die kommunale Perspektive. Bis zum Erlass reichsweiter Verordnungen zur „Arisierung“ ab 1938 gab es markante lokale Unterschiede bei der Verdrängung der deutschen Juden aus der Wirtschaft. Diesen will die Tagung nachspüren und wird dabei vor allem das Verhalten der deutschen Kommunen als Akteure bei der „Arisierung“ vergleichend in den Blick nehmen. Für die Zeit nach 1945 sollen die Unterschiede zwischen einzelnen Städten bei ersten Hilfsmaßnahmen für NS-Opfer nach dem Krieg ebenso wie die Unterschiede zwischen Besatzungszonen bzw. Bundesländern bei Restitution und Entschädigung beleuchtet werden.

Neben dem kommunalen Ansatz ist zweitens ein biographischer Zugang zu „Arisierung“ und Wiedergutmachung vielversprechend. Im Rahmen der Tagung sollen daher anhand konkreter Lebensläufe von Opfern und Tätern ihre jeweiligen Strategien, Handlungsspielräume und Alternativen aufzeigt werden. Dabei soll die Zeit ab 1933 und bis nach 1945 berücksichtigt werden, also das Schicksal von jüdischen Emigranten in der neuen Heimat bzw. die Nachkriegs-Karrieren von Ariseuren und Profiteuren untersucht werden.

Der im weiteren Sinne gesellschaftliche Umgang mit „Arisierung“ und Wiedergutmachung in einer Stadt bildet einen dritten Schwerpunkt der Tagung. Die „Arisierung“ des jüdischen Eigentums war der umfassendste Besitzwechsel in der deutschen Geschichte, der sich öffentlich abspielte und von dem neben dem Deutschen Reich Kommunen und die örtliche Bevölkerung profitierten. Nach 1945 waren in Restitutions- und Wiedergutmachungsverfahren zahlreiche Deutsche als Zeugen oder Fachgutachter eingebunden. Die Tagung will analysieren, wie insbesondere Stadtgesellschaften mit „Arisierung“ und Wiedergutmachung umgingen.

Interessierte sind eingeladen, bis zum 1. Mai 2011 ein Vortragsthema zusammen mit einer kurzen Skizze (maximal 500 Worte) und einer kurzen Vita einzureichen. Besonders willkommen sind Tagungsbeiträge, die auf jüngst abgeschlossenen oder laufenden Forschungsarbeiten beruhen.

Die Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten ist vorgesehen. Die Publikation eines Tagungsbandes ist geplant.

Bitte senden Sie Ihren Vorschlag an:
christiane.fritsche@arcor.de
und
j.paulmann@uni-mannheim.de

Programm

Kontakt

Johannes Paulmann

Universität Mannheim

+ 49 (0)621- 181 2260

j.paulmann@uni-mannheim.de