Vlad III. Ţepeş „Dracula“ ist durch eine Reihe von Gräueltaten im historischen Gedächtnis verankert. Das aus einer zeitgenössischen Rufmordkampagne resultierende Image rekurrierte vor allem auf seine vermeintliche despotische Blutrünstigkeit. Im Pantheon des rumänischen Geschichtsdenkens erwarb er sich hingegen einen Heldenplatz, da er die Auseinandersetzung mit Mehmed II., dem Eroberer Konstantinopels, gesucht hatte. Osmanische Chroniken schildern Vlad aber als ungläubigen und tyrannischen Rebellen, der unschädlich gemacht werden musste, um eine Pax Ottomana im europäischen Südosten herbeiführen und legitimieren zu können. Zwischen den Zeilen kristallisiert sich aus den Quellen jedoch auch das Bild eines Kreuzritters oder Volkstribunen heraus. Dass Vlad letztlich von Ungarn, Sachsen und Bojaren verraten wurde, machte deren moralische Argumentationsstrategien obsolet und erleichterte es der späteren rumänischen Nationalhistoriographie, ihren Heroen zu idealisieren. Bis heute verfügt die Forschung über keine nach zeitgemäßen wissenschaftlichen Kriterien verfasste Biographie des Vlad Ţepeş oder eine eingehende Aufarbeitung der späteren Erinnerungskulturen und historiographischen Debatten über ihn.
Gerade die Vita des Vlad Ţepeş bietet sich an, um über verschiedenartige kulturelle Prägungen charismatischer Herrscherpersönlichkeiten in Südosteuropa während des Spätmittelalters und in der frühen Neuzeit nachzudenken. Die Tagung soll deshalb in einer Vergleichsperspektive die komplexen Lebensläufe auch anderer Herrscher sowie die damals und heute damit verknüpften Erinnerungskulturen in den Blick nehmen. Übergreifend sollen Einblicke in eine große Zone der geschichtlichen Verflechtungen zwischen Ostmitteleuropa und dem Osmanischen Reich ermöglicht werden.
Anlass der Tagung ist die dreibändige Dokumentation „Corpus Draculianum“ (http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb04/institute/geschichte/osteuropa/corpus), deren erster Teil in Kürze von Thomas Bohn, Adrian Gheorghe und Albert Weber bei Harassowitz in Wiesbaden veröffentlicht wird.
Konferenzsprachen sind deutsch und englisch. Die Manuskripte der Vorträge sollen den Organisatoren zu Beginn der Tagung vorliegen und werden später in einem Sammelband publiziert.