Unternehmen und Wissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Jahrestagung AKKU 2015

Unternehmen und Wissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Jahrestagung AKKU 2015

Veranstalter
Peter Kramper (München)/Michael C. Schneider (Düsseldorf) in Verbindung mit dem Arbeitskreis Kritische Unternehmens- und Industriegeschichte e.V.
Veranstaltungsort
Düsseldorf
Ort
Düsseldorf
Land
Deutschland
Vom - Bis
13.11.2015 - 14.11.2015
Deadline
15.03.2015
Website
Von
Arbeitskreis Kritische Unternehmens- und Industriegeschichte e.V.

Unternehmen und Wissenschaft im 19. und 20. Jahrhundert

Die Frage nach dem außerwissenschaftlichen Nutzen der Wissenschaft ist so alt wie die moderne Wissenschaft selbst. Vor allem der wirtschaftliche Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnisse steht spätestens seit dem Beginn der Industrialisierung im Fokus des politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Interesses, mithin auch das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Unstrittig ist dabei seit dem Ende des 19. Jahrhunderts die zunehmend zentrale Rolle wissenschaftlichen Wissens für den Erfolg von Unternehmen in den sogenannten „wissensbasierten“ Industriezweigen, namentlich der chemischen und der elektrotechnischen Industrie, aber auch vieler anderer Branchen. Vor diesem Hintergrund überrascht der Befund, dass das außerordentlich vielschichtige Verhältnis zwischen Unternehmen und den verschiedenartigen Ausprägungen wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung nur selten Gegenstand synthetisierender unternehmenshistorischer Überlegungen geworden ist.

An diesem Punkt will die geplante Tagung ansetzen. Sie fragt nach den Kontaktzonen zwischen Unternehmen auf der einen Seite und der wissenschaftlichen Welt auf der anderen Seite, nach wechselseitigen Einflüssen ebenso wie nach Konfliktpotentialen, die sich aus der Kooperation beider Bereiche ergeben können und ergeben haben. Dabei, so ist aufgrund der bisherigen Forschung zu diesem Thema zu vermuten, entstehen aufgrund der unterschiedlichen Funktionsbedingungen beider Bereiche vielfach Konfliktlinien und Spannungen, die produktiv oder produktivitätshemmend wirken können. Während aus unternehmenshistorischer Perspektive traditionell zumeist die unmittelbaren Beiträge anwendungsbezogener wissenschaftlicher Forschung im Zentrum des Interesses standen und stehen, werden aus der Perspektive der Wissenschaftsforschung unternehmerische Involvierungen in wissenschaftliche Belange zumeist kritisch gesehen. Die geplante Tagung möchte beide Engführungen überwinden und systematisch nach den unterschiedlichen Ausprägungen der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Unternehmen sowie nach ihren Folgen sowohl für die Wissenschaften als auch für die Unternehmen fragen.

Das Panorama der Kontaktzonen, die unter dieser Prämisse untersucht werden sollen, ist dabei weitgefächert und reicht von den klassischen wissenschaftlichen Industrielaboratorien über Unternehmensausgründungen aus Universitäten bis hin zu wissenschaftlichen Einrichtungen, die unternehmerisch geführt werden. Zudem beschreiben solche institutionalisierten Verbindungen keineswegs die einzigen Formen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der wissenschaftlichen Sphäre. So greifen Unternehmen auch auf andere Weise auf wissenschaftliche Ressourcen zurück: Etwa wenn sie sich verwissenschaftlichter Instrumente der Unternehmensführung oder der Marktforschung bedienen oder wenn sie Produkte herstellen, die nur in Kooperation mit wissenschaftlichen Institutionen erprobt werden können, etwa medizinische Geräte oder Pharmazeutika. Schließlich nehmen Unternehmen auch über die Finanzierung etwa von universitären Lehrstühlen oder wissenschaftlichen Einrichtungen direkten oder zumindest indirekten Einfluss auf die wissenschaftliche Agenda.
Bei allen Beiträgen sind ausdrücklich auch Rückbezüge auf allgemeinere Debatten erwünscht, seien es solche, die aus unternehmenshistorischer Perspektive das schon länger diskutierte Thema der „porösen Grenzen“ von Unternehmen unter einer Fokussierung auf die unterschiedlichen Formen der Nutzbarmachung wissenschaftlichen Wissens neu aufgreifen, seien es aus der Perspektive der Wissenschaftsforschung solche Ansätze, die sich auf die „Bindeglieder und Knoten“ u.a. in die Welt der Unternehmen (Latour) beziehen, ohne die die Entstehung wissenschaftlichen Wissens nicht verstanden werden kann. Fragen der unternehmerischen Integration und Kontrolle wissenschaftlicher Laboratorien ließen sich in organisationstheoretischer Perspektive betrachten. Schließlich wäre auch eine Einbeziehung systemtheoretischer Überlegungen sowie aktueller Forschungen der Technik-, Innovations- und Wissensgeschichte zu begrüßen.

In empirischer wie theoretischer Hinsicht soll sich die Tagung im Wesentlichen auf das 19. und 20. Jahrhundert beziehen, da hier eine Vielzahl unterschiedlicher Rahmenbedingungen wie Phasen der wirtschaftlichen Prosperität und der Krisen, der Rüstungspolitik und der Weltkriege vermuten lassen, dass sie sich auf das Verhältnis von Unternehmen und wissenschaftlicher Welt in je unterschiedlicher Weise ausgewirkt haben. Dabei sollte sich die Tagung nicht auf deutsche Beispiele beschränken: So könnte gefragt werden, ob ein diktatorisches Umfeld grundsätzlich anders auf das Unternehmen-Wissenschaftsverhältnis wirkt als ein demokratisches, oder ob sich die Gestalt der Kontaktzonen zwischen beiden Sphären in Phasen gesamtwirtschaftlicher Prosperität oder der Stagnation in den 1970er Jahren im internationalen Vergleich ähnlich ausprägte. Schließlich wäre auch zu überlegen, inwiefern transnationale Expansionstendenzen multinationaler Unternehmen an wissenschaftliche Internationalisierungsprozesse zurückgekoppelt waren.

Mögliche thematische Schwerpunkte der Tagung könnten sein:

I. Verwissenschaftlichung der Unternehmensführung/des Marketing
II. Wissenschaftsproduktion innerhalb der Unternehmensgrenzen
III. Unternehmerischer Einfluss auf die Wissenschaftsorganisation (z.B. Einflussnahmen auf Lehrstuhlbesetzungen an Universitäten oder Gründung eigener Forschungsinstitute außerhalb der Unternehmensgrenzen)
IV. Wissenschaft als Unternehmen (z.B. Ausgründungen von Unternehmen aus universitären Kontexten)

Die Tagung ist geplant für den 13/14.11.2015 in Düsseldorf. Abstracts in der Länge von ca. 300-500 Worten für einen Vortrag von ca. 20 Minuten sowie kurze Angaben zur Person erbitten wir bis zum 15.3.2015 an Peter Kramper (peter.kramper@historischeskolleg.de) oder Michael C. Schneider (michael.schneider@uni-duesseldorf.de), in Kopie an Stefanie van de Kerkhof (stefanie@vandekerkhof.de) zu senden. Für Fragen und Informationen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Programm

Kontakt

Peter Kramper (peter.kramper@historischeskolleg.de)
Michael C. Schneider (michael.schneider@uni-duesseldorf.de)
Stefanie van de Kerkhof (stefanie@vandekerkhof.de)


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Deutsch
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