Gesprächsreihe: Deutschland 1945 | 2015. Fragen an die Zeitgeschichte

Gesprächsreihe: Deutschland 1945 | 2015. Fragen an die Zeitgeschichte

Veranstalter
Eine Veranstaltungsreihe der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und des Studium generale der Bucerius Law School
Veranstaltungsort
Auditorium maximum der Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
11.02.2015 - 10.06.2015
Von
Willems, Dagmar

Wirtschaftswunder, Wiederbewaffnung, Wiedervereinigung – die deutsche Geschichte der vergangenen sieben Jahrzehnte war geprägt von Umbrüchen und Neuorientierungen. Historische Entwicklungen, die von heute aus selbstverständlich erscheinen, waren zu ihrer Zeit umstritten, verlangten nach neuer Verständigung über die deutsche Vergangenheit und nicht selten nach neuer Bewertung. Und auch unsere Gegenwart bleibt von der Notwendigkeit bestimmt, die Geschichte immer wieder aufs Neue zu befragen, um auf aktuelle Krisen und Veränderungen reagieren zu können.

Die fünfteilige Veranstaltungsreihe »Deutschland 1945 | 2015«, initiiert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und dem Studium generale der Bucerius Law School, behandelt wichtige Ereignisse und Etappen im politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben in West und Ost seit dem Zweiten Weltkrieg. In Gesprächen zwischen Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Kultur sollen aktuelle Vergangenheitsdeutungen und deutsche Selbstbilder einer kritischen Prüfung unterzogen und so ein Nachdenken über deutsche Zeitgeschichte angeregt werden.

Moderation:

Ralph Bollmann studierte Neuere Geschichte, Politikwissenschaft und Öffentliches Recht. Als Korrespondent für Wirtschaftspolitik berichtet er für die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ und schreibt regelmäßig für Zeitschriften wie „Merkur“ und „Internationale Politik“. Kundig verknüpft er den Blick des Historikers mit dem des politischen Journalisten–auch in seinen Büchern, beispielsweise „Die Deutsche: Angela Merkel und wir“ (2013) oder „Lob des Imperiums: Der Untergang Roms und die Zukunft des Westens“ (2006).

Programm

(Prolog 1/5) | Moralisch ambitioniert?
Zur Frage nach einer besonderen Verantwortung Deutschlands nach 1945

Mittwoch, 11. Februar 2015, 18 Uhr

Der Umgang mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit ist für das Bild Deutschlands in der Welt, aber auch für das deutsche Selbstbild von zentraler Bedeutung. Ergibt sich aus diesem historischen Erbe eine besondere Verantwortung für unser Land? Entspringt diese Verantwortung einer inneren Haltung der Deutschen? Oder ist sie vor allem das Ergebnis der von außen an Deutschland herangetragenen Erwartungen?

Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister der Finanzen, gestaltet als dienstältester Abgeordneter in der Geschichte der Bundesrepublik (seit 1972) seit Jahrzehnten die politische Entwicklung Deutschlands mit. Der promovierte Jurist übte zahlreiche Ämter sowohl innerhalb der CDU als auch auf Regierungsebene aus. Als Bundeminister des Inneren führte er 1989/1990 mit der DDR die Verhandlungen über die deutsche Einigung. Seine Verdienste um die europäische Einigung wurden 2012 mit dem Karlspreis gewürdigt.

(2/5) | Politisch erwachsen?
Von der Potsdamer Konferenz zur Wiedervereinigung

Mittwoch, 18.Februar 2015, 19 Uhr

Das Ende des „Dritten Reiches“ war für Deutschland zwar keine „Stunde Null“, es stellte aber eine tiefe Zäsur dar. Die politischen Entwicklungen standen seither, nicht zuletzt durch die Einbindung der beiden deutschen Staaten in konkurrierende Machtsysteme, in einem Spannungsfeld von äußeren Zwängen und inneren Antrieben. Kann dieser politische Findungsprozess inzwischen im Wesentlichen als abgeschlossen betrachtet werden? Wie und wann sind die Menschen im politischen System der Bundesrepublik angekommen?

Prof. Dr. Ulrich Herbert ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 2014 erschien seine umfassende „Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert". Darin gelingt es dem Leibniz-Preisträger (1999), die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in Deutschland vom späten 19. Jahrhundert über die Zäsur 1945 hinweg bis in unsere Gegenwart hinein eingehend darzustellen und zu analysieren.

Jana Hensel ist Schriftstellerin und Journalistin. Mit der Essaysammlung „Achtung Zone – Warum wir Ostdeutschen anders bleiben sollten“ (2009) und dem Erinnerungsband „Zonenkinder“ (2002) kritisiert bzw. beschreibt sie die kulturelle Anpassung der DDR-Jugend an die westdeutsche Gesellschaft nach der Wiedervereinigung. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie 2010 mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet.


(3/5) | Wirtschaftlich ungebremst?
Vom Marshall-Plan zum Exportweltmeister

Mittwoch, 11.März 2015, 19 Uhr

In der äußeren Wahrnehmung stieg die Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg wie ein Phoenix aus der Asche. Mit US-amerikanischer Hilfe vollzog sich im Westen eine rasante Entwicklung zum „Wirtschaftswunderland“, während im Osten unter ganz anderen Bedingungen gewirtschaftet wurde. Wie hat sich die Situation nach der Wiedervereinigung entwickelt? Welche Reaktionen löste das wirtschaftliche Wachstum Deutschlands, in Verbindung mit seinem zunehmenden politischen Gewicht, im In- und Ausland aus?

Prof. Dr. Werner Abelshauser ist Forschungsprofessor für Historische Sozialwissenschaft an der Universität Bielefeld. Seine zunächst umstrittene „Deutsche Wirtschaftsgeschichte. Von 1945 bis zur Gegenwart“ (1983/2011) gilt heute als Standardwerk. Der an der Universität Mannheim ausgebildete Volkswirt ist Mitglied der unabhängigen Geschichtskommission des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und gehört zu den Herausgebern der „Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften (ZSE)“.

Amelie Deuflhard, seit 2007 Intendantin der Kulturfabrik Kampnagel, studierte Romanistik, Geschichte und Kulturwissenschaften. In Berlin leitete sie die Sophiensaele und gestaltete die künstlerische Zwischennutzung des Palasts der Republik. Als kulturpolitisch engagierte Theaterproduzentin und prägende Figur der freien Theaterszene in Deutschland wurde sie ausgezeichnet mit dem Caroline-Neuber-Preis der Stadt Leipzig (2012) und 2013 zum Chevalier des Arts et des Lettres ernannt.

(4/5) | Zivil kultiviert?
Von der Kapitulation zu den Ostermärschen

Mittwoch, 6. Mai 2015, 19 Uhr

Bedeutung und Selbstverständnis des Militärs haben sich in Deutschland nach 1945 gegenüber früheren Epochen der deutschen Geschichte tiefgreifend verändert. Die Zurückhaltung auf militärischem Gebiet spiegelt einen breiten gesellschaftlichen Wandel, der sich auch in der Entwicklung einer aktiven Zivilgesellschaft zeigt. Auf beiden Ebenen werden deutsche Sonderpositionen in nationalen und internationalen Diskussionen mit historischen Argumenten begründet. Doch tragen diese Erklärungen heute noch?

Prof. Dr. Ute Frevert ist Direktorin des Forschungsbereichs „Geschichte der Gefühle“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Zuvor lehrte sie fünf Jahre lang als Professorin Deutsche Geschichte an der Yale University in den USA. Sie hat u.a. Werke zum Verhältnis von Militär und Gesellschaft publiziert. Aktuelle Forschungsinteressen der Leibniz-Preisträgerin (1998) sind Emotionsgeschichte sowie Sozial- und Kulturgeschichte der Moderne.

Ali Samadi Ahadi, Filmemacher, floh als Kind infolge des Ersten Golfkriegs aus dem Iran nach Deutschland. Seine Filme wurden mehrfach ausgezeichnet, beispielsweise seine Culture-Clash-Komödie „Salami Aleikum“ oder sein Dokumentarfilm „Lost Children“ über das Schicksal von Kindersoldaten im Konflikt zwischen ugandischen Regierungstruppen und Rebellen. Er ist Gründungsmitglied der Akademie der Künste der Welt in Köln. 

(5/5) | Wissenschaftlich aufgeklärt?
Vom Historikerstreit zu den Historikerkommissionen

Mittwoch, 10. Juni 2015, 19 Uhr

Nach dem Krieg gingen die Deutschen der aktiven Auseinandersetzung mit ihrer jüngeren Vergangenheit eine Zeit lang aus dem Weg, heute gilt die Bundesrepublik international als Muster beispielgeschichtlicher Aufarbeitung. Wissenschaftliche Kommissionen haben daran ebenso ihren Anteil wie die Vergabe privater Auftragsarbeiten zur Unternehmens- oder Familiengeschichte. Was hat diesen Wandel bewirkt? Gibt es noch Bereiche, die in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung vernachlässigt werden?

Prof. Dr. Martin Sabrow leitet das Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam und ist Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die DDR-Forschung sowie Historiographie- und Erinnerungsgeschichte. Er war Vorsitzender der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Dr. Per Leo war mit seinem Erstlingswerk „Flut und Boden“ 2014 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Der Roman erzählt eine Familiengeschichte und thematisiert die Auseinandersetzung der Enkel-Generation mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Seine geschichtswissenschaftliche Dissertation über die Tradition charakterologischen Denkens in Deutschland wurde 2011 mit dem Humboldtpreis (Sonderpreis »Judentum und Antisemitismus«) ausgezeichnet.

Kontakt

Dagmar Willems

Bucerius Law School, Zentrum für Studium generale und Persönlichkeitsentwicklung, Jungiusstraße 6, Hamburg

040 30706 0
040 30706254
dagmar.willems@law-school.de

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