Gesellschaftsepochen und ihre Kunstwelten

Gesellschaftsepochen und ihre Kunstwelten

Veranstalter
DGS-AK Soziologie der Künste, Prof. L. Hieber/ Prof. E. Barlösius
Veranstaltungsort
Institut für Soziologie, Leibniz Universität Hannover
Ort
Hannover
Land
Deutschland
Vom - Bis
06.11.2015 - 07.11.2015
Deadline
01.05.2015
Von
Lutz Hieber/Eva Barlösius

Individuelle Erfahrung, wie sie das Kunstwerk verkörpert, ist nicht weniger gültig als die methodische der Wissenschaften (Horkheimer). Kunstwerke sind eine Quelle der Erkenntnis. Angemessen verstehen und beurteilen lassen sie sich nur unter Berücksichtigung der Lebenszusammenhänge und der Geistesgeschichte, in denen sie wurzeln. Allgemein steht die Kanon-Bildung der Kunstwelten in einer gewissen Abhängigkeit von kulturtragenden sozialen Milieus. Doch der Blick, der sich auf das Vergangene und Bewahrte richtet, kann auch eine Dialektik entfalten. Denn das Frühere kann auch einem kritischen Beleuchten hegemonialer Ideen und Ideologien unserer Gegenwart dienen, um gängige Bildungskonventionen zu hinterfragen und insofern das verfestigte ›kulturell Unbewusste‹ (Bourdieu) zu lockern.
Nachdem die vorangegangenen Tagungen des Arbeitskreises »Soziologie der Künste« die Gegenwart ins Zentrum stellten, möchten wir unter dem Thema »Gesellschaftsepochen und ihre Kunstwelten« frühere Epochen thematisieren, für die wir einen Zeitraum zwischen Renaissance bzw. Spätgotik und Avantgarden des 20. Jahrhunderts ins Auge fassen. Dabei soll es um Ermöglichung bzw. Verschließung von Aneignungsweisen und Zugängen zu den Beständen unserer Kunstwelt gehen, wie sie durch Institutionen wie Museen, Theater, Opernhäuser, Bibliotheken gepflegt und präsentiert werden.
Bereits die ersten Schritte der Drucktechnik leiteten eine frühe Medienrevolution ein. Gemälde Dürers und Raffaels entstanden als Auftragsarbeiten, aber beide wandten sich der Druckgrafik zu, um persönliche Unabhängigkeit von Gönnern zu erlangen. Dürers großes Interesse galt – wie Erwin Panofsky herausarbeitete – der Druckgrafik, die er als Unternehmer herausbrachte und mit seinem berühmten Logo versah. Raffael nutzte eine manufakturartig-arbeitsteilig organisierte Werkstatt für die Umsetzung seiner Vorlagen (›Raffael-Grafik‹). Beide standen am Startpunkt einer rasanten Steigerung des Bilderbestandes, der immer mehr soziale Schichten mit erschwinglichen Bildern belieferte. Seit dem frühen 16. Jahrhundert reflektierte der Manierismus den Beginn der Risikogesellschaft. Die kopernikanische Wende, die Herausbildung des Finanzkapitals mit all ihren Risiken, die weltanschaulichen Antagonismen von Reformation und Gegenreformation, sowie Machiavellis Programm des politischen Realismus bezeichnen Kräfte, die traditionelle Lebensorientierungen aus den Angeln hoben. Bildende Kunst, Architektur, Drama und Dichtung des Manierismus formulierten Empfindungen einer gewissen Entfremdung (Arnold Hauser).
Gesellschaftlicher Wandel und die Entwicklung künstlerischer Praktiken stehen bis in unsere Gegenwart in einem vielschichtigen Verhältnis von wechselseitigen Beeinflussungen. Der in die Vergangenheit gerichtete Blick legt Fragen nahe wie: Wie waren die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstlerinnen und Künstler? Waren sie direkt von Auftraggebern abhängig oder bestand bereits ein Kunstmarkt? Welche Vorgaben machten die jeweiligen Auftraggeber bzw. wie war überhaupt die Resonanzfähigkeit der Kunstkonsumentinnen und -konsumenten? Doch auch die Vergangenheit kann, durch einige der in kulturellen Institutionen bewahrten Werke die Blickrichtung umkehren und Schlaglichter auf vermeintlich selbstverständliche Gepflogenheiten werfen. So kann ein an alten Werken geschulter Blick auf unsere Gegenwart Fragen nahelegen wie: Sind nicht einige der in älterer Kunst unterschiedlicher Epochen formulierten Lebensauffassungen geeignet, konventionelle Haltungen der Gegenwart zu irritieren? Welche Lebensstile gab es in früheren kulturtragenden Gesellschaftsklassen, und in welcher Weise unterscheiden sie sich beispielsweise von der Körperpolitik der bürgerlichen Gesellschaft? Welche Naturbilder formulierten Künstlerinnen und Künstler aufgrund welcher Erfahrungen, und welche Folgen hatten sie für den Umgang mit der Landschaft?
Wir bitten um Exposés (max. 2500 Zeichen) und einer Kurzbiografie bis zum 01. Mai 2015.

Programm

Kontakt

Lutz Hieber

Schneiderberg 50, 30167 Hannover

(+49)511-10536471

hieber@ish.uni-hannover.de

http://www.soziologie-der-kunst.de
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