4. Internationale Sommerschule Prag – Stettin 2015: Juden in Ostmitteleuropa. Geschichte und Erinnerung

4. Internationale Sommerschule Prag – Stettin 2015: Juden in Ostmitteleuropa. Geschichte und Erinnerung

Veranstalter
Prof. Dr. Jörg Hackmann, Universität Szczecin, Institut für Geschichte und Internationale Beziehungen Dr. Torsten Lorenz, Karls-Universität Prag, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Veranstaltungsort
Ort
Prag / Warschau / Stettin
Land
Czech Republic
Vom - Bis
13.09.2015 - 27.09.2015
Deadline
31.05.2015
Von
Jörg Hackmann

Die Sommerschule „Juden in Ostmitteleuropa. Geschichte und Erinnerung“ ist die vierte gemeinsame Internationale Sommerschule der Universität Stettin und der Karls-Universität Prag. Sie wird aus dem „Go East“-Programm des DAAD und vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert und findet in Kooperation mit dem Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien der Europa-Universität Frankfurt/Oder statt.

Jüdische Kultur und Geschichte, die seit dem Mittelalter einen zentralen Platz in der Geschichte Ostmitteleuropas einnehmen, erfahren in Polen und in Tschechien seit Jahren ein stetig zunehmendes öffentliches Interesse. Sichtbarstes Zeichen ist das Museum der Geschichte der polnischen Juden (POLIN), das 2014 in Warschau eröffnet wurde. Angesichts des Holocausts und der jüdischen Emigration nach dem Zweiten Weltkrieg handelt es sich bei dieser Renaissance in hohem Maße um eine Beschäftigung mit Vergangenheit und Kultur, die aus dem nichtjüdischen Umfeld getragen wird. Nach 1989 ist aber auch eine Rückkehr jüdischen Lebens festzustellen. Vor diesem Hintergrund stellt sich zum einen die Frage nach dem Verlust durch die Auslöschung des ostmitteleuropäischen Judentums. Zum anderen wird in Polen insbesondere seit der Diskussion über die Ermordung der jüdischen Bewohner von Jedwabne nach der Mitverantwortung der christlichen Nachbarn gefragt. Dazu hat beigetragen, dass die überlebenden Juden auch nach 1945 noch Opfer von Pogromen wurden und antisemitischen Einstellungen ausgesetzt waren.

Insofern sind die Diskussionen über und die kollektive Erinnerung an Juden im östlichen Mitteleuropa seit den 1980er Jahren nicht nur ein geschichts- oder kulturwissenschaftliches Thema sondern ebenso ein eminent politisches, das in den letzten Jahren sowohl in innenpolitischen wie in transnationalen Diskussionen kontrovers diskutiert wurde. Zu den Problemen, die auf der Internationalen Sommerschule 2015 erörtert werden sollen, zählt erstens die Einbeziehung von Juden in die nationalen Kulturen und Geschichtsdiskurse, da ihr Anteil nicht selten übersehen oder nur partiell wahrgenommen wird. Zweitens standen Juden seit dem 19. Jahrhundert häufig zwischen den nationalen Kulturen und sahen sich konkurrierenden Assimilationsforderungen ausgesetzt. Drittens haben sich scharfe Kontroversen um die Anschuldigungen entwickelt, Juden seien Agenten des Bolschewismus und ebenso Protagonisten der sozialistischen Regime gewesen. Ein besonderes Problem stellt sich schließlich bei der Erinnerung an das jüdische Leben in den ehemals deutschen Städten im polnischen Westen, aber auch in den ehemals „sudetendeutschen” Regionen der Tschechoslowakei: Hier ist die jüdische Bevölkerung – auch trotz ihrer Verfolgung durch den Nationalsozialismus – als Teil der deutschen Geschichte betrachtet worden und so nach 1945 weitgehend in Vergessenheit geraten. Umgekehrt sind sie auch in der deutschen Erinnerung nach 1945 weitgehend ausgeblendet worden.

Die Internationale Sommerschule „Juden in Ostmitteleuropa. Geschichte und Erinnerung“ findet in Prag, Warschau und Stettin statt.
Prag ist eines der wichtigsten historischen Zentren jüdischen Lebens im Mitteleuropa und war auch der Ort einer transkulturellen literarischen Produktion, in deren Zentrum jüdische Schriftsteller standen. Diese deutsch-jüdisch-tschechischen Verflechtungen sind in der letzten Zeit Gegenstand neuer kulturwissenschaftlicher Forschungen geworden.
Warschau ist nicht nur durch das neue Museum für die Geschichte der polnischen Juden Mittelpunkt der kollektiven Erinnerung an polnische Juden, sondern auch Sitz wichtiger Institutionen, die sich mit jüdischer Geschichte und Erinnerungskulturen befassen. Zudem kristallisiert sich in Warschau auch die Musealisierung polnischer Geschichte, so dass dort das Verhältnis zwischen nationaler und jüdischer Geschichte erörtert und analysiert werden kann.
Stettin nimmt – historisch betrachtet – in zweifacher Hinsicht eine Sonderstellung ein: Es war die erste deutsche Großstadt, aus der 1940 die jüdische Bevölkerung deportiert wurde, und es erlebte nach 1945 eine Einwanderungswelle überlebender Juden aus dem östlichen Europa.

Die Sommerschule gliedert sich in vier Phasen: Zunächst sollen sich die Teilnehmer in Prag einen Überblick über jüdische Geschichte im östlichen Mitteleuropa verschaffen. In einem zweiten Schritt soll in Warschau die kollektive Erinnerung an Juden in Polen diskutiert werden. Im dritten Teil der Sommerschule in Stettin soll dann an eine Dokumentation jüdischer Geschichte in der Stadt erstellt werden. Abschließend sollen die Ergebnisse zusammengefasst und ein systematischer Vergleich zwischen Polen und der Tschechoslowakei/Tschechien unternommen werden, aber auch Bezüge zu Debatten in Deutschland hergestellt werden.

Die Internationale Sommerschule „Juden in Ostmitteleuropa. Geschichte und Erinnerung“ richtet sich an Studierende der kulturwissenschaftlichen Fächer, insbesondere Historiker, Kulturanthropologen bzw. Ethnologen sowie Politikwissenschaftler und Soziologen aus Deutschland, Polen, der Tschechischen Republik und darüber hinaus. Sie wird die aktuelle Bedeutung der Beschäftigung mit jüdischer Geschichte und Kultur in Ostmitteleuropa diskutieren und am konkreten Beispiel Stettins die transnationale Dimension jüdischer Geschichte herausarbeiten. Die Teilnehmer werden in Vortrags - und Diskussionsrunden mit ausgewiesenen Experten (Historikern, Kultur- und Sozialwissenschaftlern) sowie in eigenen Beiträgen ausgewählte Probleme der aktuellen Debatten zu jüdischer Kultur und Geschichte erörtern und analysieren. Ortstermine und Exkursionen, um die Orte jüdischen Lebens und jüdischer Erinnerung in Augenschein zu nehmen, bilden einen wichtigen Bestandteil des Programms. Für die Teilnahme an der Sommerschule und die Erstellung eines Essays können ECTS-Punkte vergeben werden.

Die Verhandlungssprache der Sommerschule ist Englisch.

Teilnahmebedingungen:
Bewerbung mit einseitigem Motivationsschreiben, Lebenslauf, Anmeldeformular, Gutachten einer/s Hochschullehrer/in/s
Kenntnisse in Jiddisch, Polnisch oder Tschechisch sind hilfreich, aber keine Voraussetzung.

Teilnahmegebühr: 650 EUR (Kosten für Teilnehmer aus Ostmittel- und Osteuropa auf Anfrage)

Der DAAD fördert bis zu 12 Studenten aus Deutschland mit Übernahme der Reisekosten, Teilnahmegebühr und einem Stipendium, nähere Informationen unter:
https://goeast.daad.de/de/25457/index.html

Bewerbungsfrist: 31.5.2015

weitere Informationen zum Programm und Anmeldeformulare unter: http://www.joerghackmann.eu/summer_school.html

sowie bei den Organisatoren: joerg.hackmann@univ.szczecin.pl und torsten.lorenz@ff.cuni.cz

Programm

Kontakt

Jörg Hackmann

Universität Szczecin, Institut für Geschichte und internationale Beziehungen
ul. Krakowska 71-79, 71-017 Szczecin, POLEN

joerg.hackmann@univ.szczecin.pl

http://www.joerghackmann.eu/summer_school.html
Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Klassifikation
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch
Sprache der Ankündigung