Zurück in die Zukunft? 9. Aachener Tag der Wissenschaftsgeschichte

Zurück in die Zukunft? 9. Aachener Tag der Wissenschaftsgeschichte

Veranstalter
Aachener Kompetenzzentrum für Wissenschaftsgeschichte; Univ. Prof. Dr. Klaus Freitag, Tagungsleiter, Historisches Institut der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Alte Geschichte; Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß, Sprecher des AKWG, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen; Dr. phil. Ylva Söderfeldt, Geschäftsführerin des AKWG Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen
Veranstaltungsort
Ort
Aachen
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.11.2015 -
Deadline
31.05.2015
Von
Ylva Söderfeldt

Call for Papers
Zurück in die Zukunft? Die Bedeutung von Diskursen über „Zukunft“ in der Wissenschaftsgeschichte

9. Aachener Tag der Wissenschaftsgeschichte, 20.11.2015
Aachener Kompetenzzentrum für Wissenschaftsgeschichte in Kooperation mit dem Historischen Institut der RWTH
Der Historiker Lucian Hölscher hat in seinem Buch Die Entdeckung der Zukunft (1999) zu zeigen versucht, dass Zukunft als „einheitlicher geschichtlicher Zeitraum" eine moderne Vorstellung ist, die erst seit der Aufklärung um sich gegriffen habe. Der moderne Begriff von Zukunft habe somit nicht der Erfahrungswelt der Menschen in Antike und Mittelalter entsprochen. Diese Hypothese findet zwar mit kritischen Blick auf vormodernen Gesellschaften keine uneingeschränkte Zustimmung, wichtiger ist aber zweifellos der Hinweis darauf, dass „Zukunft" keine anthropologische Konstante ist, sondern vielmehr eine "historisch spezifische Denkweise", die nur in ihrem spezifischen gesellschaftlichen kulturellen Umfeld verständlich wird. Der Aachener Historiker Armin Heinen hat zudem jüngst betont, dass die Geschichtswissenschaft, wenngleich sie nicht die Zukunft vorhersehen könne, so doch in der Lage sei, unterschiedliche Wege der Zukunftsvorsorge und in „Zukünfte“ hinein zu beschreiben.
Der Begriff „Zukunft“ wurde in verschiedenen Epochen und Wissensbereichen also sehr unterschiedlich verwendet und hatte nicht zuletzt im 20. Jahrhundert eine zentrale politische wie wissenschaftliche Bedeutung. Der Begriff wurde von Ideologien, Paradigmen und gesellschaftliche Prozessen wie verschiedenen Formen des Positivismus, utopisch ausgerichteten Weltanschauungen, naturwissenschaftlich geprägten Fortschrittsglauben und Säkularisierungsvorgänge geprägt und durch den Postmodernismus in Frage gestellt.

Gegenwärtig steht nicht nur die Geschichtswissenschaft dem Konzept „Zukunft“ mitunter sehr ambivalent entgegen, sondern dies gilt auch für die eher systematisch-empirisch angelegten Disziplinen wie Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften. Damit entfernen sich auch diese Fachrichtungen vom Grundgedanken, dass ein Ziel ihrer Forschung selbstverständlich darin besteht, „Zukunft“ zu ergründen.
Die Natur- und Ingenieurswissenschaften und auch die Medizin waren lange Zeit uneingeschränkt vom Gedanken getragen, dass sie zu gesellschaftlichen Fortschritt beitragen und demnach Wege in eine bessere Zukunft eröffnen. Aber auch dort ist man in den letzten Jahrzehnten angesichts von Ereignissen wie immer wiederkehrenden Wirtschaftskrisen, technikbedingte Katastrophen wie der Contergan-Fall und die Reaktorunglücke von Tschernobyl und Fukushima, sowie Rückschläge wie sich verbreitende Antibiotikaresistenzen sensibler für die Risiken der Technik geworden. Darüber hinaus hat sich weithin ein Bewusstsein dafür etabliert, dass bei allem wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt sichere Aussagen über „Zukunft“ nicht möglich sind. Diese Einsichten wiederum hatten weit reichende Auswirkungen auch auf das Selbstverständnis von WissenschaftlerInnen und ihrer Fachdisziplinen. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Experten für Zukunftsfragen – diesen Eindruck gewinnt man angesichts aktueller Diskussionen in der Öffentlichkeit - nicht mehr genuin aus dem wissenschaftlichen Bereich kommen, sondern vor allen aus Unternehmensagenturen und vergleichbaren Institutionen. Man wird gespannt sein, ob es gelingt, dieser vielerorts als höchst problematisch eingeschätzten Entwicklung dadurch entgegenzusteuern, indem man die Wissenschaftslandschaft mit Instituten für „Zukunftsfragen“ und Professuren für Zukunftsforschung versieht und dementsprechende Studiengänge einrichtet.

Vor diesen Hintergründen ist es das Ziel der nunmehr 9. Tagung des „Aachener Kompetenzzentrums für Wissenschaftsgeschichte“ (AKWG), sich aus wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive mit dem Thema „Zukunft“ zu beschäftigen. Wir laden daher WissenschaftlerInnen aller relevanten Fachrichtungen ein, sich mit Beiträgen zu folgenden und ähnlichen Fragestellungen zu beteiligen:

- Wie gestalteten sich vergangene Zukunftsentwürfe und wie sind diese vor ihrem jeweiligen gesellschaftlich-kulturellen Hintergrund einzuordnen?
- Welche Funktion hatte der Zukunftsbegriff im Diskurs einzelner Fachdisziplinen aus dem Bereich der Geistes- und Naturwissenschaften sowie der Medizin und den Ingenieurwissenschaften in Geschichte und Gegenwart?
- Inwieweit und auf welcher Art waren bzw. sind politisch und gesellschaftlich bzw. wissenschaftlich geprägte Zukunftskonzepte miteinander verflochten?
- Wie trugen Vorstellungen über die Zukunft dazu bei, Ideologie und Wissenschaft zu Ressourcen füreinander zu machen in verschiedenen politischen Systemen und wie prägte dies den gesellschaftlichen wie wissenschaftlichen Diskurs?

Vorschläge für 20-minütige Vorträge werden bis zum 31.5.2015 in elektronischer Form und im Umfang von bis zu 500 Wörtern erbeten an akwg@rwth-aachen.de.
Eine Veröffentlichung in Form eines Tagungsbandes in der AKWG-Schriftenreihe ist vorgesehen.

Univ. Prof. Dr. Klaus Freitag, Tagungsleiter
Historisches Institut der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Alte Geschichte

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß, Sprecher des AKWG
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen

Dr. phil. Ylva Söderfeldt, Geschäftsführerin des AKWG
Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen

Programm

Kontakt

Ylva Söderfeldt

Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen
Wendlingweg 2, 520 74 Aachen
0241 80 85502

akwg@rwth-aachen.de

http://www.akwg.rwth-aachen.de
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Deutsch
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