Call for Projects
Recht und Erfahrung
Jüdische Juristen des 19. und 20. Jahrhunderts
Das Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig plant die Erforschung der Biografien und des Werks jüdischer Juristinnen und Juristen des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies soll in drei eng aufeinander abgestimmten, interdisziplinär ausgerichteten Einzelstudien erfolgen. Für dieses Vorhaben werden Projektbearbeiterinnen und Projektbearbeiter gesucht.
Die Lebensbeschreibungen sollen kulturhistorische und rechtsgeschichtliche Fragen adressieren und entlang der Werkgeschichte ausgerichtet sein. Im Fokus steht das Wechselverhältnis von Recht und Erfahrung, das anhand der Gegenüberstellung von Biografie und Werk herausragender – prominenter ebenso wie bislang kaum wahrgenommener – Juristinnen und Juristen herausgestellt werden soll. Von besonderem Interesse sind die Einflüsse politischer und historischer Konstellationen, sozialer und lebensweltlicher Umstände sowie religiöser Prägungen auf das Rechtsverständnis. Bei dieser Analyse soll es nicht um den Nachweis schlichter Kausalitäten zwischen Ereignis und Werk gehen. Wir erhoffen uns eine sorgfältige Unterscheidung und gleichzeitige Verknüpfung von Herkunft, Biografie und Denkbewegung. Gefragt werden soll nach übergeordneten biografischen, beruflichen und wissenschaftstheoretischen Gemeinsamkeiten: Gab es Rechtsgebiete, zu denen jüdische Juristinnen und Juristen eine besondere Affinität ausbildeten? Existierten rechtstheoretische, rechtsphilosophische oder rechtsgeschichtliche Richtungen, die eine besondere Ausstrahlungskraft auf sie ausübten? Inwieweit prägten jüdische Juristinnen und Juristen die Entwicklung von Schulen oder Rechtsgebieten im deutschsprachigen und internationalen (insbesondere angelsächsischen) Rahmen? Trugen spezifisch jüdische Erfahrungen zur Interpretation und Herausbildung bestimmter Rechtsverständnisse bei? Und änderten sich diese Rechtsauffassungen mit der Veränderung der historischen, politischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen?
Das Forschungsprojekt will diese Fragen vor dem Hintergrund der für die jüdische und allgemeine Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts entscheidenden Brüche untersuchen. Dazu gehören die Entstehung ethnisch homogenisierender Nationalstaaten aus der Konkursmasse der alten Imperien nach dem Ersten Weltkrieg, die Machtübertragung an Hitler und der Beginn der Nachkriegszeit ebenso wie die Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, die durch diese Ereignisse ausgelöst wurden.
Im Rahmen eines Projektworkshops soll im ersten Quartal 2016 die Möglichkeit gegeben werden, ausgewählte Projektentwürfe vorzustellen.
Wir bitten Interessierte, ihre Unterlagen einschließlich CV und dreiseitiger Projektskizze über Leben und Werk einer/s jüdischen Rechtsgelehrten des 19. oder 20. Jahrhunderts, die an den Ausschreibungstext anknüpft, einzusenden.