Theoretisieren, Argumentieren, Disziplinieren. Machtträger und (Krisen-) Management im Zeichen der Moral (6.–16. Jahrhundert)

Theoretisieren, Argumentieren, Disziplinieren. Machtträger und (Krisen-) Management im Zeichen der Moral (6.–16. Jahrhundert)

Veranstalter
TU Darmstadt, Institut für Geschichte, Fachgebiet Mittelalter (Lehrstuhl Prof. Dr. Gerrit J. Schenk): Stephan Ebert, Kristin Zech
Veranstaltungsort
Technische Universität Darmstadt
Ort
Darmstadt
Land
Deutschland
Vom - Bis
09.12.2016 - 10.12.2016
Deadline
15.06.2016
Website
Von
Ebert, Stephan/ Zech, Kristin

„Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen“. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 beschloss die Bundesregierung noch im selben Jahr den Atomausstieg. Die in Deutschland seit den 1970er-Jahren aktive „Atomkraft? Nein Danke“-Bewegung hatte daran keinen unerheblichen Anteil, betonte sie doch beharrlich die potenziellen Gefahren der Atomenergie und trug Argumente für den Ausbau erneuerbarer Energien in die Öffentlichkeit. Kernkraft erschien nach einer Reihe von Störfällen, dem Super-GAU von Tschernobyl 1986 sowie den bis heute drängenden Fragen der Endlagerung von Atommüll gesellschaftlich und dadurch politisch nach den Ereignissen von Fukushima nicht mehr tragbar. Die Entscheidung der Politik war eine Reaktion auf bereits länger bestehende gesellschaftliche Debatten, die unter Vorzeichen wie Verantwortung und Moral geführt wurden.

Auch im Mittelalter fallen Anweisungen von Machtträgern nicht vom Himmel. Ihre Grundlagen sind vielschichtig. Einerseits entstehen sie auf Basis theoretischer Konzepte von Herrschaft, wie sie etwa in Fürstenspiegeln fassbar sind, andererseits bilden sie auch zeitgenössische Wahrnehmungs- und Deutungsmuster einer Gesellschaft ab, indem sie zum Beispiel Stellung „zur Überwindung gegenwärtiger Not“ beziehen. Die Argumentation der Machtträger ist dabei entscheidend für den Erhalt ihrer Position.

Wir verstehen ‚Machtträger‘ als Personen, die über Menschen und ihre Verhältnisse bestimmen. Ihnen wird ein Spagat zwischen ‚traditionellen‘ und ‚progressiven‘ Vorstellungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens abverlangt. Welche Chancen und Grenzen hatten in diesem Zusammenhang ‚neue‘ Ideen zur Sozialdisziplinierung?

Die Tagung möchte entsprechend Verbindungen zwischen Ideengeschichte und politischer Geschichte herausarbeiten: Wie stehen Gelehrtendiskurse, gesellschaftliche Wahrnehmungs- und Deutungsmuster sowie die Praxis der Machttragenden zueinander?

Wir gehen dabei von der Grundannahme aus, dass Krisen gesellschaftliche Herausforderungen lokal und temporal bündeln. Aufgrund der Dringlichkeit, die Krisen im Bezug auf das Handeln von Machtträgern hervorrufen, eignen sich diese gut, um die Hintergründe der Anweisungen, ihre Entstehungsprozesse, Ideen und ihre Herkunft zu beleuchten. Den Begriff der ‚Krise‘ wollen wir dabei als Zuspitzung einer Situation verstanden wissen, die nicht länger tragbar erscheint. Somit geraten beispielsweise auch Zeiten der Gefährdung oder Tiefpunkte bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, die mithilfe des Managements der Machtträger zu überwinden versucht wurden (oder werden sollten), in den Fokus. Auch Beiträge, die Machtträger-Management im Zeichen von Moral außerhalb des Krisenmanagements fassen können, sind herzlich willkommen. Solche könnten eine Diskussion ermöglichen, ob und inwiefern Unterschiede in Argumentation, Theoretisierung und Disziplinierung bestehen. Die Tagung möchte Beiträge des Früh-, Hoch- und Spätmittelalters zusammenbringen, um über mögliche Wandlungsprozesse oder persistente Spezifika im Verlauf der Epoche ins Gespräch zu kommen.

Antworten auf folgende Fragen sollen auf der Nachwuchstagung diskutiert werden:

- Theorie: Welcher politisch-theologische Rahmen liegt den Anweisungen der Machtträger zugrunde?
- Argumentation: Wie argumentieren die Machträger, um moralisch tragfähig zu sein? Welche Wirkung soll mit der entsprechenden Argumentation verfolgt werden?
- Disziplinierung: Welche Vorstellungen zur Formung einer Gesellschaft unter moralischen Gesichtspunkten können dabei fassbar gemacht werden?

Die Tagung wird von Kristin Zech und Stephan Ebert (Wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte von Prof. Dr. Gerrit Jasper Schenk) organisiert und findet an der TU Darmstadt statt. Sie richtet sich besonders an Nachwuchswissenschaftler (Praedoc/ Postdoc), die zu diesen Themenbereichen arbeiten.

Der Beginn der Tagung ist für Freitag, den 9. Dezember 2016 ab 13 Uhr vorgesehen, das Ende für Samstag, den 10. Dezember 2016 um spätestens 15 Uhr. Reisekosten (möglichst DB, 2. Klasse) und eine Hotelübernachtung können für Vortragende voraussichtlich übernommen werden.
An einem Beitrag Interessierte werden gebeten, ihren Vorschlag inkl. Titel, Abstract (250–300 Wörter) und CV bis zum 15. Juni 2016 an zech@pg.tu-darmstadt.de zu senden. Bei Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Programm

Kontakt

Kristin Zech

Institut für Geschichte, Fachgebiet Mittelalter, Dolivostraße 15
64293 Darmstadt

zech@pg.tu-darmstadt.de