Erinnerungskulturen in transnationaler Perspektive: Deutsch-polnische Grenzgeschichten in Zeiten des Kommunismus – Zgorzelec und Görlitz (1945-1989)

Erinnerungskulturen in transnationaler Perspektive: Deutsch-polnische Grenzgeschichten in Zeiten des Kommunismus – Zgorzelec und Görlitz (1945-1989)

Veranstalter
Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Austauschprogramm „Memory Work“; Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Thomas Mergel), Humboldt-Universität zu Berlin; Instytut Zachodni (Westinstitut) in Poznań (Dr. Michał Nowosielski)
Veranstaltungsort
Dom Kultury (Ruhmeshalle)
Ort
Zgorzelec/Görlitz
Land
Poland
Vom - Bis
16.06.2016 - 17.06.2016
Website
Von
Trutkowski, Dominik

Der von den kommunistischen Machteliten Polens und der DDR Anfang der 1950er Jahre
begründete politische Mythos der „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ („Odra i Nysa – Granica
Pokoju“) ist 1989/90 gemeinsam mit dem Kommunismus in Europa untergegangen. Erinnerungskulturell ist dieser Mythos mitsamt seiner Wirkungsgeschichte – den vielfältigen Deutungsmustern, Wahrnehmungen und Narrationen der Grenzbevölkerung – jedoch bis heute kaum aufgearbeitet worden. Und das weder von deutscher noch von polnischer Seite. Anfang Juli 2015 jährte sich die Unterzeichnung des Görlitzer Vertrags (Układ Zgorzelecki) zum 65. Mal, ohne dass dieses Ereignis in der Öffentlichkeit auf irgendein Interesse gestoßen wäre. Dabei markiert die in Zeiten des Kommunismus zwischen den beiden „Bruderländern“ bestehende Grenze einen vielschichtigen und überaus spannenden lieu de memoire. In besonderer Weise offenbart sich diese Grenze als ein im kollektiven Gedächtnis verankerter symbolischer Ort in der Stadt Görlitz/Zgorzelec. Denn an kaum einem anderen Ort werden die Verflechtungen der rund 40 Jahre andauernden Geschichte zwischen Polen und der DDR deutlicher als in diesem Grenzraum.

Das erste Panel widmet sich der Frage nach den verschiedenen Formen einer nationalen sowie transnationalen und europäischen Erinnerungskultur über den Grenzraum Görlitz/Zgorzelec. Unter anderem soll hier diskutiert werden, welchen Platz Görlitz und Zgorzelec als „Stadt der Vertriebenen“ in den Erinnerungskulturen der Einwohner beiderseits der Neiße eingenommen hat, welche Kontinuitäten und Brüche in den verschiedenen regionalen Identitätserzählungen für die Zeit des Kommunismus vorherrschend waren und inwiefern diese Narrative in heutiger Zeit eine eher trennende oder vergemeinschaftende Funktion erfüllen. Das zweite Panel beschäftigt sich mit der Grenze zwischen Görlitz und Zgorzelec aus der subjektiven Perspektive der in diesem Grenzraum lebenden Einwohner. Zeitzeugen erinnern sich und schildern ihre mit der Grenze in kommunistischer Zeit gemachten Alltagserfahrungen, wobei sie sich nicht nur auf die transnationalen Kontakte, Verbindungslinien und Kooperationen, sondern auch auf die Widersprüche und Konfliktfelder konzentrieren. Im Mittelpunkt dieses Panels steht die Frage nach einer funktionalen Kommunizierbarkeit der gemeinsam erlebten Geschichte der Grenze – und zwar als einem diskursiven Aushandlungsprozess der in Görlitz und Zgorzelec lebenden Menschen selbst. Das dritte Panel fragt aus einer praxistheoretischen Sicht nach den Problemen, Methoden und Themen sowie den Herausforderungen, Erwartungen und Potenzialen der (musealen) Repräsentation deutsch-polnischer Ausstellungen am Beispiel der Stadt Görlitz/Zgorzelec. Ausgangspunkt dieses Panels ist die Frage, auf welche Weise die Kategorie „Raum“ als emergenter Aspekt des Sozialen in historischen Ausstellungen darstellbar ist. Vor allem hier sollen praxistheoretische mit raumtheoretischen Ansätzen verknüpft werden.
Die Konferenzsprache wird hauptsächlich Deutsch sein. Bei Bedarf werden wir uns mit dem Englischen oder deutsch-polnischen Simultandolmetschungen behelfen.

Die Konferenz ist Teil des von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur getragenen Austauschprogramms „Memory Work“ und ein Kooperationsprojekt zwischen dem Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Thomas Mergel) an der Humboldt-Universität zu Berlin und dem Instytut Zachodni (Westinstitut) in Poznań (Dr. Michał Nowosielski) und wird durch die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS) und die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Programm

16. Juni 2016 (Donnerstag)

16:45
Ankunft der Teilnehmer

17:15-17:30
Begrüßung und Einführung in das Thema (Konferenzsaal im Dom Kultury (Ruhmeshalle) in Zgorzelec)
(Dominik Trutkowski M.A., HU Berlin & Instytut Zachodni Poznań)

17:30-18:15
Abendvortrag: Zuhause an der Neiße. Görlitz und Zgorzelec 1945-1989
(Dr. Kazimierz Wóycicki, Uniwersytet Warszawski, Akademia Europejska Krzyżowa)

18:15-18:45 Diskussion

19:30-22:00 Abendessen

17. Juni 2016 (Freitag)

9:00-10:00
Besuch der Ausstellung im Schlesischen Museum: „Die große Not. Erinnerungen an Kriegsende und Nachkriegszeit in Görlitz und Zgorzelec“
(Führung: Dr. Martina Pietsch, Schlesisches Museum, Görlitz)

10:30-12:00
Panel 1
Gemeinsames oder geteiltes Gedächtnis? Muster einer nationalen, transnationalen oder europäischen Erinnerungskultur

Die Kollektive Erinnerung an die Oder-Neiße-Grenze in Transnationalisierungsprozessen: Polen und Deutschland im Vergleich
(Christian Hörbelt B.A., Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)

Schlesische Metamorphosen. Ethnographie Görlitzer Identitätserzählungen nach 1989
(Dr. des. Robert Lorenz, HU Berlin)

Kontinuitäten und Brüche deutsch-polnischer Erinnerungskulturen. Görlitz und Zgorzelec 1945-2006
(Dr. Elżbieta Opiłowska, Centrum im. Willy Brandta, Wrocław)

Diskussion
(Moderation: Dr. Annemarie Franke, Schlesisches Museum, Görlitz)


12:00-13:00
Mittagspause

13:00-14:30
Panel 2
Die Grenze aus der subjektiven Perspektive der Einwohner: Transnationale Kontakte, Verbindungslinien and Kooperationen

Zgorzelecer Arbeiterinnen in volkseigenen Betrieben in Görlitz 1967-1989
(Klaus Kauer Dipl. Ing., ehem. Leiter VEB Elektroschaltgeräte Görlitz)

Wahrnehmung von Stereotypisierungen – Görlitz und Zgorzelec in den 1970er Jahren
(Dr. Ernst Kretzschmar, ehem. Städtische Kunstsammlungen Görlitz)

Kultur- und Bildungsarbeit: Die Beziehungen zwischen Zgorzelec und Görlitz vor und nach 1989
(Hanna Barbara Majewska M.A., ehem. Lehrerin, Zgorzelec)

Diskussion
(Moderation: Dominik Trutkowski M.A, HU Berlin & Instytut Zachodni Poznań)

14:30-15:00
Kaffeepause

15:00-16:30
Panel 3
Repräsentationsmodi transnationaler Ausstellungen – Probleme and Perspektiven, Methoden und Themen

Die „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ in den Erinnerungskulturen der Stadt Görlitz-Zgorzelec
(Dominik Trutkowski M.A., HU Berlin & Instytut Zachodni Poznań)

Na nowym wśród obcych – Im Neuland unter Freunden
(Vertreter des Muzeum Łużyckie, Zgorzelec)

„Sie bewiesen Zivilcourage - Bürger aus Görlitz und Zgorzelec 1945 - 1989"
(Kinga Hartmann-Wóycicka M.A., Meeting Point Music Messiaen e.V., Görlitz-Zgorzelec)

Diskussion
(Moderation: Dr. des. Robert Lorenz, HU Berlin)

16:30-16:45
Kaffeepause

16:45-17:15
Abschlussdiskussion – Konferenzende

Kontakt

Dominik Trutkowski

Lehrstuhl für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts (Prof. Dr. Thomas Mergel) der HU Berlin
Instytut Zachodni, Poznań (Dr. Michał Nowosielski)

0049-17670655403

trutkowd@hu-berlin.de


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Deutsch
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