Die Stadt und ihre Mauern. 36. Internationale Tagung des Archivs der Hauptstadt Prag

Die Stadt und ihre Mauern. 36. Internationale Tagung des Archivs der Hauptstadt Prag

Veranstalter
Archiv der Hauptstadt Prag, das Institut für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, die Fakultät für Humanistische Studien der Karls-Universität Prag und der Lehrstuhl für Geschichte der Philosophischen Fakultät der J. E. Purkyně-Universität in Ústí nad Labem
Veranstaltungsort
Clam-Gallas Palais, Husova 20, Prag 1
Ort
Prag
Land
Czech Republic
Vom - Bis
10.10.2017 - 11.10.2017
Deadline
15.04.2017
Von
Olga Fejtova

Stadtmauern gehörten seit dem Mittelalter zu den grundlegenden baulichen Komponenten fast aller Städte, seit der Frühen Neuzeit dann zumindest der meisten europäischen Städte (London und auch Paris nach der Fronde seien hier als spezifische Ausnahmen erwähnt). Die Stadtmauern, in vielen Fällen festungsähnliche Wehranlagen städtischer Siedlungen, waren somit eines der zentralen – u. a. symbolisch aufgeladenen – Attribute der Städte seit dem Mittelalter (im Falle Prags seit den Dreißigerjahren des 13. Jahrhunderts) bis zur zweiten Hälfte des 19. bzw. in einigen Fällen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts.
Die gemauerten Stadtbefestigungen, welche die älteren Erd- und Holzbefestigungen menschlicher Siedlungen ersetzten, hatten in erster Linie eine Sicherheits- und Verteidigungsfunktion. Zugleich definierten (und begrenzten) sie jedoch auch das städtische Territorium und waren ein gewisse Visualisierung der räumlichen Grenze der Rechts- und Verwaltungsbezirke bzw. zumindest ihrer Kerne (die Fragen des „Burgfrieds“ und der Geltung des städtischen Rechts in den umliegenden Gebieten seien hier ausgeklammert, auch wenn sie selbstverständlich im Zusammenhang mit dem „Eigentumsrecht und den Pflichten“ in Bezug auf die Befestigungsanlage von großer Bedeutung waren).
Das, was uns interessiert, sind die Stadtmauern als urbanistisches, architektonisches und verteidigungsbauliches Phänomen, und zwar – in der Tradition unserer internationalen Konferenzen – im gesamteuropäischen Vergleich. Dabei geht es uns nicht um die militärische Ereignisgeschichte der Überwindung oder im Gegenteil der heldenhaften Verteidigung der Wehranlagen, sondern vielmehr um ihr Ausmaß, das Konzept ihrer Trassierung im Rahmen der Siedlungsagglomerationen und um ihre baulichen Aspekte: Wer initiierte sie, wer plante sie und nach welchen konkreten Vorlagen? Wer definierte ihre Baugestalt und -konstruktion?
Die Fragen, die wir thematisieren möchten, sei es nun auf Basis neuer Forschungen oder in einer komparativen Zusammenfassung bisheriger Erkenntnisse, sind jedoch mehrere: Wer realisierte die Stadtmauern bautechnisch und auf wessen Kosten? (Einheimische Meister oder eine aus dem Ausland bestellte Bauhütte?) Wann und inwieweit fand der Bau bzw. wesentliche Umbau der Befestigungsanlage auf Initiative der einzelnen Städte statt und wann gab der Herrscher bzw. das Land dazu die Anregung bzw. den Befehl und übernahm die finanzielle Absicherung (einschließlich etwa der Anordnung der Landesrobot zu ihrem Bau oder der Anweisung, dass die Klöster und Kapitel Arbeitskontingente für den Bau der Stadtbefestigung abstellen müssen)?
Was blieb hinter den neuen Stadtmauern und was bedeutete diese Aufteilung des Siedlungsraums durch die neu vermessene und gebaute Befestigungsanlage für die metropolitane Agglomeration? Wie trugen die Stadtmauern zur Aufwertung der Siedlungsbezirke bei? Welche Bautypen, welche Arten von Architektur und welche Bauareale entstanden in verschiedenen Epochen hinter den Stadtmauern und warum? Wie gestaltete sich die durch die Stadtbefestigung und ihr (Sicherheits-) Regime regulierte Beziehung des unmittelbaren Umlands zur Stadt?
Welche Rechtsverankerung hatte die Stadtbefestigung? Wer kümmerte sich auf welcher Rechtsgrundlage später um die fertiggestellte Wehranlage und finanzierte ihre Instandhaltung, Ausbesserung und Verbesserung? Wie stand es um die Reflexion der Gründung und Etablierung „befestigter Städte“ seitens des Herrschers einerseits und der Bürger bzw. später der Stadträte andererseits? Und wie wurden die Stadtmauern im Wandel der Zeit durch die ländlichen und ausländischen Besucher der Stadt wahrgenommen?
Überdies interessiert uns, und zwar insbesondere für die Frühe Neuzeit und das 19. Jahrhundert, wie sich die Modernisierungen der Fortifikation zum Wandel und Wachstum der Stadt als multifunktioneller ökonomischer, sozialer, repräsentativer und Verkehrsorganismus verhielten: War die Dominanz der Befestigungsrolle eher die Regel oder eher die Ausnahme?
Zum Thema gehört ebenfalls die Problematik der Stadtmauern als einer „harten Grenzlinie“ des gelebten Raums der Stadt bzw. später, insbesondere nach dem Ende der vornehmlich militärischen Bedeutung der Befestigungen im 19. Jahrhundert, als eines spezifischen Raums, der Bestandteil des städtischen Raums und der bürgerlichen Alltäglichkeit war.
Ein eigenes Kapitel bilden dann der Verkauf und die Schleifung der Stadtmauern (in der Prager Altstadt um 1800, die äußeren Befestigungen dann nach 1866) bzw. die verschiedenen Nutzungsformen der ausgedienten Befestigungsareale.

Interessenten werden gebeten, den geplanten Titel ihres Vortrags zusammen mit einem Abstract bis zum 15. April 2017 an die untenstehende Adresse zu senden. Die Organisatoren behalten sich vor, unter den eingesandten Beiträgen eine Auswahl zu treffen. Die Unterbringung der ausländischen Referenten erfolgt auf Kosten der Organisatoren in den Gästehäusern der Akademie der Wissenschaften und der Karls-Universität Prag. Ein Tagungsbeitrag wird nicht erhoben. Die offiziellen Tagungssprachen sind Tschechisch und Deutsch (ggf. Englisch), für eine Simultanübersetzung wird gesorgt. Die vorgetragenen Referate werden in überarbeiteter Fassung in Form eines Tagungsbands in der Reihe Documenta Pragensia veröffentlicht.

Für die Organisatoren:

Prof. PhDr. Jiří Pešek, CSc., PhDr. Olga Fejtová, Ph.D., Doc. PhDr. Michaela Hrubá, Ph.D., Mgr. Tomáš Sterneck, Ph.D.

Programm

Kontakt

Markéta Růčková

Archiv der Hauptstadt Prag, Archivní 6, 149 00 Praha 4, Tschechische Republik

00420236004020;

Marketa.Ruckova@praha.eu

http://www.ahmp.cz/eng/index.html?mid=45