Historische Aspekte der Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention in Deutschland und Polen / Historical Aspects of Preventive Healthcare in Germany and Poland

Historische Aspekte der Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention in Deutschland und Polen / Historical Aspects of Preventive Healthcare in Germany and Poland

Veranstalter
Deutsch-Polnische Gesellschaft für Geschichte der Medizin; Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Veranstaltungsort
Medizinhistorisches Museum Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.07.2017 - 14.07.2017
Deadline
01.04.2017
Website
Von
Fritz Dross

- English version below -

Dass Vorbeugen besser als Heilen sei, scheint auf den ersten Blick die Formulierung einer annähernd „ewigen Wahrheit“. Tatsächlich sind die Formen der Krankheitsverhütung ebenso historisch veränderlich wie die medizinischen Theorien und Praktiken, die entsprechenden Krankheiten zu erklären und zu behandeln. Von besonderem Interesse ist das Verhältnis von Krankheitsprophylaxe und Medizin: Im Mittelpunkt präventiver Praktiken steht nicht der erkrankte, sondern der gesunde Mensch, zu Gebote steht keine medizinische Intervention (Ausnahme: Impfung, ggf. Medikamente), sondern die Veränderung des Verhaltens (Beispiel Ernährung) oder aber die Veränderung der Verhältnisse (Beispiel Luft- oder Wasserverschmutzung, Arbeitsmedizin), also in der Regel eine soziale Intervention. Systematisch sind zwei Ebenen der Krankheitsprävention zu unterscheiden, die sich in zahlreichen vorbeugenden Praktiken auch überschneiden: Zum einen in der Tradition der antiken Diätetik alle auf individuelle Gesundheit zielenden Maßgaben für eine gesunde Lebensführung, zum anderen die erst in der Neuzeit ausformulierten Überlegungen und Maßnahmen zum Schutz und der Beförderung einer öffentlichen Gesundheit.

Für die Medizingeschichte ist die Geschichte der Prävention in verschiedener Hinsicht besonders aufschlussreich: Zum einen erlaubt sie die Analyse des Selbstverständnisses der Medizin hinsichtlich der Bevölkerung und ihrer gesellschaftlichen Ordnung weit über ein singuläres Arzt-Patienten-Verhältnis hinaus. Zum anderen erlaubt sie die Analyse des Stellenwertes von Gesundheit (und Medizin) durch die Gesellschaft und in der Moderne insbesondere der staatlichen Einrichtungen, die Infrastrukturen gesundheitlicher Versorgung (Krankenversicherung, Krankenhauswesen, Gesundheitssystem) etablierten. In den historischen Blick gerät damit, inwiefern die Medizin – auch vor und nach Salomon Neumann und Rudolf Virchow in der Mitte des 19. Jahrhunderts – eine „sociale Wissenschaft“ war, und wie sie als solche wahrgenommen, legitimiert und ggf. instrumentalisiert wurde.

Die Tagung will sich auf Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention im deutsch-polnischen Kontext konzentrieren. Weit über das sozialmedizinische ‚Erweckungserlebnis’ Rudolf Virchows im schlesischen Industrierevier hinaus bietet eine vergleichende Perspektive die Möglichkeit, medikale Kulturen, Gesundheits- und soziale Verhältnisse, Medizin, Politik in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit als gouvernmentale Diskurse und Praktiken zu analysieren.

Bevorzugte Tagungssprache ist das Englische, akzeptiert werden auch Vorträge in polnischer und deutscher Sprache – eine Simultanübersetzung kann in diesem Jahr leider nicht finanziert werden. Die Tagung beginnt mit der Eröffnung am Mittwoch Abend (12. Juli) und wird am Freitag (14. Juli) so enden, dass eine Abreise noch möglich ist. Die Tagungsgebühr beträgt 35 Euro; die Kosten für Reise und Unterkunft können leider nicht ersetzt werden. Vortragsvorschläge mit einem Abstract von max. 1 Seite werden bis zum 1. April 2017 per Email erbeten an: fritz.dross@fau.de

------------------------------------------------------------
At first sight, the promise that prevention is a better option than cure seems to be an "eternal truth". However, in the course of history, the methods of disease prevention have changed as much as the medical theories explaining, and the practices treating the diseases. The interactions between disease prophylaxis and medicine are of particular interest: preventive practices are not focused on the diseased, but on the healthy person. Prevention does not include medical intervention (except for vaccination and some pharmacological actions) – it intends to change behaviour (e.g. nutrition), and alter certain environmental and cultural circumstances (e.g. water pollution, occupational medicine). In most cases, prevention is an act of social intervention. Systematically, two levels of disease prevention can be distinguished, which also cross over in numerous preventive practices: on the one hand, all measures aimed at individual health for a healthy lifestyle, following the tradition of ancient dietetics. On the other hand, the reflections and measures for the promotion of public health, which were formed in the modern times.

For the history of medicine, the history of prevention is particularly revealing in some respects. Far beyond the personal physician-patient relationship, it allows an analysis of the concepts and policies of medicine with regard to population and social order. Furthermore, it allows an analysis of the values past societies attributed to health (and medicine), as reflected in particular by establishing a state infrastructure for health care (health insurance, hospital, health system). As Salomon Neumann and Rudolf Virchow have put it in the middle of the nineteenth century, medicine became a "social science". Historians can reflect how it was perceived, legitimized and, if necessary, utilized.

The conference will focus on preventive medicine and disease prevention strategies in the Polish-German context. Besides and beyond the ‘awakening’ of Rudolf Virchow regarding public health matters taking place in the Silesian industrial region, a comparative perspective allows for analyzing diversified constellations of medical cultures, health, medicine, and governance structures as well as governmentality discourses and practices.

The primary conference language is English. Submissions should be either in German, Polish or English (during the conference there will be no translation of Polish and German papers into English). The conference opening will be on Wednesday, July 12 in the evening and will end on Friday, July 14. Conference fee is 35 Euros; accommodation and travel cost will not be reimbursed. Please send your abstract to <fritz.dross@fau.de> by the 1st of April 2017.

Programm

Kontakt

Fritz Dross

Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Glückstraße 10, 91054 Erlangen

fritz.dross@fau.de