Lesen lernen mit katechetischen Texten – geschichtliche Annäherungen

Lesen lernen mit katechetischen Texten – geschichtliche Annäherungen

Veranstalter
Interessengemeinschaft Fibeln (Reading Primers SIG) der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuchforschung
Veranstaltungsort
Tagungshotel der Diakonie „Am alten Park“, Frölichstraße 17, 86150 Augsburg
Ort
Augsburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
07.10.2017 - 08.10.2017
Deadline
31.05.2017
Von
Sroka, Wendelin

Panel im Rahmen der Tagung “ Religion und Bildungsmedien“ – Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuch- und Bildungsmedienforschung e.V.,

In den in Europa vom Christentum geprägten Kulturen des Mittelalters wie der Frühen Neuzeit war die Vermittlung elementarer Lesefertigkeiten eng mit der Einführung in Grundlagen der jeweils herrschenden kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre verknüpft. Ähnliches gilt, soweit wir das anhand einzelner Quellen feststellen können, auch für bildungsgeschichtliche Entwicklungen im Einflussbereich nichtchristlicher Religionsgemeinschaften. In Europa tritt historisch zur ursprünglich mündlichen (Tauf-)Katechese die Unterweisung im Lesenlernen und damit auf Seiten der Lernenden ein auf die Lektüre standardisierter Texte gestützter Wissenserwerb hinzu. Zu diesen Texten zählen die „drei alten Hauptstücke“ (Dekalog, Glaubensbekenntnis, „Vater unser“), Auszüge aus der Bibel, Aussagen zu den Sakramenten und zur Sitten- und Kirchenlehre – oftmals in der Form von Frage und Antwort – sowie weitere Gebete. Zusammenstellungen solcherart standardisierter Texte sind Katechismen. Der Buchdruck trug maßgeblich dazu bei, dass sie seit der Reformation, den Bekenntnissen unterschiedlicher Konfessionen folgend, als Lehr-Lern-Mittel in der schulischen Unterweisung Verbreitung fanden. Während man dabei im Einflussbereich der christlichen Orthodoxie lange Zeit dem Kirchenslawischen verpflichtet blieb, wurden Katechismen protestantischer und katholischer Provenienz zunächst in lateinischer Sprache, bald aber auch in den Volkssprachen veröffentlicht.
Mit der gesellschaftlichen Verbreitung schulischer Unterweisung und bei anhaltender kirchlicher Schulaufsicht gelangten in der Frühen Neuzeit auch solche Katechismen in den Druck, deren Haupttexten das Alphabet und ggf. einfache Silbenübungen beigefügt waren – frühe Ansätze eines „Leselehrgangs“. Diese Sonderform des Katechismus stellt in der Neuzeit eine von mehreren Varietäten solcher Lehr-Lernmittel für den Anfangsunterricht dar, die „zwischen zwei Buchdeckeln“ sowohl katechetische Texte als auch unmittelbar auf die Lesefertigkeit ausgerichtete „säkulare Fibeltexte“ enthalten. Weitere Formen finden sich etwa als „Hahnenfibel“, als Fibel mit einem Kleinen Katechismus als Anhang, als Zusammenstellung biblischer Texte, die ausdrücklich auch der Unterweisung im Lesenlernen diesen soll oder – bis ins 20. Jahrhundert hinein – als Fibel mit vereinzelten katechetischen Texten.
Ein erster Kreis von Fragen, die im Panel erörtert werden sollen, ist den Merkmalen jener Lehr-Lern-Mittel für den Erstleseunterricht gewidmet, in denen katechetische mit Fibel-Texten verbunden sind: Welche Typen von Katechismus-Fibel-Verbindungen lassen sich identifizieren? Wie lassen sie sich heute – in interdisziplinärer Perspektive – angemessen klassifizieren und benennen? Unter welchen Bedingungen sind diese Lehr-Lern-Mittel entstanden? In welcher Weise kommen bei der gemeinsamen Entwicklung von Katechese und Leseunterricht konfessionelle und ggf. auch weitere Einflüsse zum Tragen – mit Blick sowohl auf das Korpus katechetischer Texte als auch auf die Herausbildung eigenständiger Leselehrgänge? Für das Panel sind daher Beiträge erwünscht, die sich exemplarisch entweder mit Erscheinungsformen der Verbindung von katechetischen und Fibeltexten und deren Wandel sowie den Bedingungsfaktoren für diese Veränderungen oder – vorzugsweise in transnationaler Perspektive – mit entsprechenden typologischen bzw. Begriffs-Fragen befassen.
Die Analyse von Lehr-Lernmitteln lässt Rückschlüsse auf Praktiken der Unterweisung allenfalls ansatzweise zu. Ein zweiter Fragenkreis soll im Panel daher den Praktiken des Erstleseunterrichts gewidmet werden: Welche Rolle spielten in der Frühen Neuzeit Katechismen – auch sog. „große Katechismen“ – ohne lesedidaktischen Teil für die erste Unterweisung im Lesen, insbesondere im katholischen und protestantischen Kon-text? Wie gestaltete sich in der Schulkatechese der Übergang von der Mündlichkeit in die Schriftlichkeit? Wie kam es im 18. Jahrhundert – etwa in Polen-Litauen und in der Habsburger Monarchie – zur parallelen Vermarktung von Fibeln mit und ohne beigefügten Katechismus, und was bedeutete das jeweils für die Praxis des schulischen Anfangsunterrichts? Welche Faktoren begünstigten schließlich die Loslösung des Erstleseunterrichts von der Katechese, auch mit Blick auf das Lehrpersonal und die Akteure der Schulaufsicht? Für das Panel sind mit Blick auf die genannten Fragen auch religions-, bildungs- und buchgeschichtliche Beiträge im weiteren Sinn willkommen, die über Praktiken der Unterweisung im schulischen Anfangsunterricht an Schnittstellen von Katechese und Erstleseunterricht – im Einflussbereich christlicher wie auch anderer Religionsgemeinschaften – Auskunft zu geben vermögen.
Das Panel ist eine Initiative der Interessengemeinschaft Fibeln (Reading Primers Special Interest Group). Es wird vorbereitet von Margarita Korzo (korzor(at)mail.ru) und Wendelin Sroka (wendelin.sroka(at)arcor.de), die das Panel auch moderieren werden.
Themenvorschläge im Umfang von ca. 2.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) werden bis spätestens 31. Mai 2017 erbeten an die Vorsitzende der Internationalen Gesellschaft für historische und systematische Schulbuch- und Bildungsmedienforschung e.V.:
Prof. Dr. Eva Matthes, E-Mail: eva.matthes(at)phil.uni-augsburg.de

Die Rückmeldung über die Annahme oder Ablehnung des Vorschlags erfolgt bis zum 30. Juni 2017.

Die Tagung “Religion und Bildungsmedien“ findet in Augsburg, Deutschland, statt. Tagungsort ist das Tagungshotel der Diakonie „Am alten Park“, Frölichstraße 17, 86150 Augsburg.

Link zum Call for Papers der Tagung:
http://www.philso.uni-augsburg.de/de/lehrstuehle/paedagogik/igschub/downloads/IGSBi_2017_Religion_Bildungsmedien_CfP_Deutsch.docx

Programm

Kontakt

Wendelin Sroka

Reading Primers SIG

rp-sig@arcor.de

https://www.philso.uni-augsburg.de/de/lehrstuehle/paedagogik/igschub/fibeln/
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