Grenzüberschreitungen in Literatur und Kultur / theorie

Grenzüberschreitungen in Literatur und Kultur / theorie

Veranstalter
Vera Faber / Evelyn Kraut / Barbara Seidl / Gerlinde Steininger / Tanja Veverka, Universität Wien, Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft (EVSL)
Veranstaltungsort
Universität Wien, Institut für EVSL / Abt. Finno-Ugristik, Uni Campus AAKH, Spitalgasse 2, Hof 7 (Do & Fr) & Institut für EVSL, Sensengasse 3a (Sa)
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
28.09.2017 - 30.09.2017
Von
Vera Faber

Grenzüberschreitungen können als ein wesentliches Kennzeichen postmoderner Denkbewegungen angesehen werden: die vermeintlich festen Kategorien der Moderne werden problematisiert, destabilisiert und überschritten. Poststrukturalistische Theorien und Strategien richten ihren Fokus auf Praktiken und Prozesse von Grenzziehungen und auf die mit ihnen erzeugten Ordnungen. So könnte man mit Foucault das „Auftauchen einer Form des Denkens” konstatieren, „in der das Fragen nach der Grenze an die Stelle einer Suche nach der Totalität tritt“ (1963).

Untersucht werden jene kulturellen Ordnungen vor allem aus der Perspektive/unter Einbezug dessen, was ausgeschlossen beziehungsweise als das jeweils Andere oder Fremde konstruiert wird. Dichotomien wie Kultur/Natur, Mann/Frau, Vernunft/Wahnsinn, Zivilisation/Barbarei, Okzident/Orient, Signifikant/Signifikat werden solcherart von innen heraus, ausgehend von der sie erzeugenden Grenzziehung, dekonstruiert. Es wird zudem eine dritte Position zugelassen und als etwas Neues ermöglichend konzipiert. Die différance, das Hymen (Derrida), die Pfropfung (Derrida/Wirth), das Rhizom (Deleuze/Guattari), die Heterotopie (Foucault), der Dritte Raum (Bhabha), postnationale und trans-/postgender-Identitäten sowie das/der Cyborg (Haraway) sind nur einige Beispiele solcher innovativen Konzepte. Kategorien wie Subjekt, Identität, Geschlecht, Ethnizität, Raum, Nation oder Gattung erfahren auf diese Weise Umbrüche, Umstürze, Erweiterungen, Dekonstruktionen und Rekonstruktionen. Sie werden nicht mehr als a priori gegebene, stabile Entitäten verstanden, sondern vielmehr als historisch bedingte und instabile kulturelle Konstrukte, die diskursiv und performativ erzeugt werden, mit Macht- und Herrschaftsansprüchen verbunden und interdependent verstrickt sind. Um zu funktionieren, müssen sie eine ständige Ordnungsbestätigung und -stärkung erfahren, und sie müssen von den Mitgliedern einer Kultur sowohl erkannt als auch anerkannt werden – woraus folgt, dass sie auch dekonstruiert und resignifiziert werden können.

Die Revisionen traditioneller Vorstellungen und Kategorien sowie die damit einhergehende Bildung neuer Denkfiguren und Begrifflichkeiten bewirken eine Weiter-/Neuentwicklung der theoretischen und analytischen Instrumentarien sowie der spezifischen Gegenstandsfelder unterschiedlichster Wissenschaftszweige. Diese interdisziplinären Auseinandersetzungen mit und die Anwendungen von unterschiedlichen Ansätzen und Methoden bringen neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen mit sich, die im Rahmen der Konferenz diskutiert werden.

Die dreitägige Konferenz am Institut für EVSL der Universität Wien umfasst einleitende Keynote Lectures von Johan Schimanski (Universität Oslo) und Wolfgang Müller-Funk (Universität Wien), einen Abschlussvortrag von Clemens Ruthner (Dublin), Vorträge und Posterpräsentationen von Nachwuchswissenschaftler_innen aus den Literatur- und Kulturwissenschaften sowie Lesekreise/Diskussionsrunden.

Programm

Donnerstag 28.9.2017
Universität Wien, Institut für EVSL/Abt. Finno-Ugristik
Uni Campus AAKH, Spitalgasse 2, Hof 7, 1. Stock, HS 1
(Lageplan: http://finno-ugristik.univie.ac.at/ueber-uns/kontakt-und-lage/)

13.30 – 13.45 Uhr / Eröffnung
Begrüßung durch die Organisatorinnen

13.45 – 15.15 Uhr / Lesekreis I – in Kooperation mit dem Arbeitskreis Kulturanalyse (aka)
Julia Grillmayr (Wien): „Wanderer durch die Sprache“ – Lesekreis zu Elsewhere, within here
von Trinh T. Minh-ha

15.15 – 15.45 Uhr / Kaffeepause

15.45 – 17.15 Uhr / Eröffnungsvortrag I
Johan Schimanski (Oslo): Border Utopias, Border Dystopias
Moderation: Gerlinde Steininger & Tanja Veverka

17.15 – 17.30 Uhr / Kaffeepause

17.30 – 19.00 Uhr / Eröffnungsvortrag II
Wolfgang Müller-Funk (Wien): Mauer und Membran. Zu einer kleinen Phänomenologie des Liminalen
Moderation: Gerlinde Steininger & Tanja Veverka

19.00 – 19.30 Uhr / Ausklang

Ab ca. 20.00 Uhr / gemeinsames Abendessen (fakultativ)

Freitag, 29.9.2017
Universität Wien, Institut für EVSL/Abt. Finno-Ugristik
Uni Campus AAKH, Spitalgasse 2, Hof 7, 1. Stock, HS 1
(Lageplan: http://finno-ugristik.univie.ac.at/ueber-uns/kontakt-und-lage/)

10.00 – 11.45 Uhr / Panel I: Grenzgänge & Durchgangsräume
- Iana Pavlova (Basel): Raumproduktion und Grenzkonzepte: Ansätze bei Henri Lefebvre und Jurij Lotman
- Anja Ketterl (Maryland): Grenzmanöver: Robert Walsers Rahmentechnik
- Valerija Schwarz (Köln): Frauen im Hotel: Grenzgänge & Geschlechterkonfigurationen im heterotopischen Schwellenraum
Respondenz: Wolfgang Müller-Funk
Vorsitz: Vera Faber

11.45 – 12.00 Uhr / Kaffeepause

12.00 – 13.30 Uhr / Diskussionsrunde
Syntia Hasenöhrl, Roman Kabelik, Barbara Maly-Bowie (Wien): Die Materialität der Grenze und ihre mediale Überschreitung

13.30 – 15.00 Uhr / Mittagspause

15.00 – 16.00 Uhr / Posterpräsentationen
Ganna Gnedkova, Philipp Kastropp, Daniel Kuran, Christine Mayrhofer, Carolin Schmieding,
Philipp Sperner, Bettina Trauner, Bernhard Winkler
Moderation: Barbara Seidl

16.00 – 16.15 Uhr / Kaffeepause

16.15 – 18.00 Uhr / Panel II: Räumliche Repräsentationen & Imaginationen
- Johanna Chovanec (Wien/Istanbul): Sultan Abdülaziz’ Reise nach Europa 1867 – mehr als eine territoriale Grenzüberschreitung
- Silvia Ruzzi (Berlin): The Mediterranean Sea as b/order space in Le Baiser de Lampedusa: a geo-literary analysis
- Julia Frisch (Kaiserslautern): Grenzüberschreitende Kulturkontakte in der Science-Fiction – Auf der Suche nach den Grenzen des Mensch-Seins
Respondenz: Alfred Noe
Vorsitz: Evelyn Kraut

Ab 20.00 Uhr / Abendveranstaltung (fakultativ)

Samstag, 30.9.2017
Universität Wien, Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft (EVSL),
Sensengasse 3a, 1. Stock, HS 1
(Lageplan: http://complit.univie.ac.at/lageplan/)

10.00 – 11.45 Uhr / Panel III: Das Subjekt als Schwelle und Schnittstelle
- Roman Seifert (Basel): Die befreiende Wunde. Zur Öffnung der Körpergrenzen in Kafkas Der Geier
- Fabian Lutz (Freiburg): „Er schreibt nun seinen eigenen Wahnsinn“. Expressionistische Reflexionsprosa und mentale Grenzüberschreitung: Gustav Sacks Paralyse und Paul Adlers Nämlich
- Olga Hog (Augsburg): Grenzüberschreitung als bestimmter Aspekt der narrativen Identität in Lena Goreliks Die Listensammlerin und Natascha Wodins Sie kam aus Mariupol
Respondenz: Marlen Bidwell-Steiner
Vorsitz: Tanja Veverka

11.45 – 12.00 Uhr / Kaffeepause

12.00 – 13.30 Uhr / Lesekreis II
Arno Herberth, Günther Schaunig (Wien): Topoi des Reisens. Grenzüberschreitungen bei Christoph Ransmayr

13.30 – 15.00 Uhr / Mittagspause

15.00 – 16.45 Uhr / Panel IV: Fremdheit & Exil
- Katharina Martl (München): Verrückte Grenzpfähle. Fremdheit in der skandinavischen Literatur der Moderne
- Julie Bartosch (Wien): „[…] die Stadt, die Menschen aller Rassen wie ein glühender Hochofen verschmolz“. Intersektionale Identitätsverhandlungen im urbanen Exil
- Rebecca Söregi (Wien): Neither Apple nor Mango. Food Metaphors and Third Space in Contemporary Black British Poems
Respondenz: Maria Oikonomou
Vorsitz: Barbara Seidl

16.45 – 17.00 Uhr / Kaffeepause

17.00 – 18.00 Uhr / Abschlussvortrag
Clemens Ruthner (Dublin): GrenzWertig: Liminalität als kritisches Konzept in der Literatur- und Kulturwissenschaft
Moderation: Vera Faber & Evelyn Kraut

18.00 – 19.00 Uhr / Abschlussdiskussion
Moderation: Clemens Ruthner, Vera Faber & Evelyn Kraut
+ Schlussworte der Organisatorinnen

Ab 19.30 Uhr / gemeinsames Abendprogramm (fakultativ)

Kontakt

Vera Faber

kontakt@grenzkonferenz.at

http://www.grenzkonferenz.at
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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