Grenzen. Verkehr, Alltag, Illegalität (1939-1945)

Grenzen. Verkehr, Alltag, Illegalität (1939-1945)

Veranstalter
Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne
Veranstaltungsort
Ort
Paris, Frankreich
Land
France
Vom - Bis
25.02.2018 -
Deadline
15.10.2017
Website
Von
Benedetta Carnaghi

Call for Papers - Kolloquium

Grenzen. Verkehr, Alltag, Illegalität (1939-1945)

Am 24. Februar 2018 - Salle Marc Bloch, Paris 1 Panthéon-Sorbonne (Paris, Frankreich)

Die Geschichtsschreibung des Zweiten Weltkriegs hat sich seit 1945 vornehmlich auf die nationalen Besonderheiten sowie die regionalen und nationalen Perspektiven konzentriert. Diese Studien beleuchten die Geschichte oder die Mikro-Geschichte einer mehr oder weniger geografisch breit gestreuten Gesellschaft, die sich mit dem Kriegsausbruch und infolgedessen oftmals auch mit der Nazi-Besatzung konfrontiert sieht. Die länderübergreifende Perspektive hingegen tritt erst seit Kurzem in Erscheinung. Zu nennen sind beispielsweise das 2015 unter der Federführung von Alya Aglan und Robert Frank erschienene Werk <1937-1947: la guerre-monde> sowie das 2017 veröffentlichte Buch Olivier Wieviorkas über den europäischen Widerstand, das die verschiedenen Untergrundbewegungen in Westeuropa anhand eines komparatistischen Ansatzes untersucht.

Ziel dieses Kolloquiums ist es, diese Überlegungen fortzuführen. Im Zentrum der Betrachtungen, die einem dezidiert länderübergreifenden Ansatz folgen, sollen die Dynamiken stehen, die grenznahen und grenzüberschreitenden Räumen während des Zweiten Weltkriegs unweigerlich innewohnen.

Die Grenze, ob nun geografisch oder administrativ, erfüllt im besonderen Kontext der Zeit zwischen 1939-1945 mehrere Aufgaben. So bestehen zunächst einmal die alten Grenzen zwischen den Staaten fort, die die Entwicklung von illegalen und Untergrund-Aktivitäten begünstigen. In diesem Fall kann die Grenze als Synonym für Hoffnung gesehen werden – vor allem für die Flüchtlinge, die ihr Land verlassen haben, um den Festnahmen und den Übergriffen durch die Besatzer zu entfliehen, oder für die abgeschossenen alliierten Piloten, die gerettet und über einen Fluchtweg aus dem Land gebracht wurden. Dadurch, dass sie Gedankenaustausch zulässt, symbolisiert die Grenze darüber hinaus eine Hinwendung zur Zukunft und zur Andersartigkeit.

Andere Grenzen hingegen stehen eher für Einschränkungen, wie zum Beispiel jene, die nach der Niederlage im Mai/Juni 1940 mit der Aufteilung Frankreichs in sieben Zonen auf einmal im täglichen Leben der Franzosen auftauchten. Diese Auferlegung von Grenzen führte bei der örtlichen Bevölkerung zu großer Verzweiflung. Eric Alary zufolge, der als Beispiel die Demarkationslinie untersucht hat, wurden diese Grenzen regelrecht als Wunden und Risse im Lebensumfeld empfunden. Die Wahrnehmung und die Nutzung des Territoriums waren vollkommen auf den Kopf gestellt worden.

Welche Auswirkungen hatten diese neuen oder alten Grenzen auf das alltägliche Leben der örtlichen Bevölkerung? In welcher Weise haben die Widerstandsgruppen und die Führungsstäbe der Alliierten, von denen einige dieser Gruppen abhingen, diese Grenzen in ihre Strategien miteinbezogen? Stehen sie für Ausgrenzung oder haben sie, ganz im Gegenteil, die Entwicklung eines Austauschs jedweder Art zwischen Bevölkerungen oder sogar Widerstandsorganisationen ermöglicht, die für ein gemeinsames Ziel kämpften? Hat die gemeinsame Realität streckenweise dazu beigetragen, eine Abgrenzung aufgrund von Nationalität und, in einem weiteren Schritt, den Begriff „Grenze“ in den Augen der Zeitgenossen aufzuheben?

Dieses Kolloquium setzt sich zum Ziel, die jüngsten Forschungsergebnisse von Historikern und Historikerinnen, die sich mit dem europäischen Gebiet zu jener Zeit befassen, gegenüberzustellen. Die Hauptthemen, die untersucht werden sollen, sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Die administrativen Zwänge, die der örtlichen Bevölkerung in ihrem Alltag auferlegt wurden. Was musste diese in Kauf nehmen, und zu welchen Anpassungen sah sie sich genötigt? Es stellt sich ebenso die Frage nach dem Kriegsausstieg. Wie wurden die Aufhebung der restriktiven Grenze und die Rückkehr zur Vorkriegssituation erlebt? Hat das Verschwinden dieser Grenze im kollektiven Gedächtnis Spuren hinterlassen und zu bestimmten Erinnerungsdarstellungen geführt?
- Die Flucht der Bevölkerung vor den Besatzern, die illegalen Grenzüberschreitungen, der legale oder illegale Austausch von Waren, Ideen oder Kapital zwischen den Landesgrenzen. Haben sich das Verständnis von Identität und nationaler Zugehörigkeit aufgrund der während der Besatzungszeit getroffenen Entscheidungen auf individueller Ebene weiterentwickelt?
- Die illegalen Aktivitäten von Widerstandsgruppen oder Einzelpersonen, die durch das Vorhandensein einer Grenze hervorgerufen wurden.

Jeder Vortrag, auf Englisch oder auf Französisch, soll etwa 20 Minuten dauern. Im Anschluss können die Zuhörer Fragen stellen. Das Kolloquium soll Thema einer Veröffentlichung auf Französisch werden. Jeder Teilnehmer sollte daher den kompletten Text seines Aufsatzes spätestens am Tag des Kolloquiums bei den Organisatoren einreichen.

Einreichungsbedingungen

Die Abstracts müssen in einem einzigen PDF-Dokument übermittelt werden. Sie müssen einen Titel, eine maximal 300 Wörter lange Zusammenfassung der Präsentation sowie eine Kurzbiographie enthalten. Die 300 Wörter lange Zusammenfassung der Präsentation muss die These und die Argumente beinhalten, die vorgestellt werden. Zudem müssen der Name des Autors/der Autorin, seine/ihre institutionelle Zugehörigkeit sowie seine/ihre E-Mail-Adresse im PDF-Dokument angegeben werden.

Bitte schicken Sie Ihre Abstracts bis spätestens 15. Oktober per E-Mail an das Organisationskomitee unter colloquefrontieres@gmail.com.

Organisationskomitee

Benedetta Carnaghi (Doktorandin, Neueste Geschichte, Cornell University, USA)
Vincent Houle (Doktorand, Neueste Geschichte, SIRICE, binationale Promotion an der Université Paris 1 und der Universität Montreal, Canada)
Guillaume Pollack (Doktorand, Neueste Geschichte, Paris 1, SIRICE, Frankreich)

Wissenschaftskomitee

Alya Aglan (Professeur d'histoire contemporaine, Université Paris 1 - Panthéon-Sorbonne)
Éric Bussière (Professeur d'histoire contemporaine, Université Paris 4 - Sorbonne)
Philip Cooke (Professor of Italian History and Culture, University of Strathclyde, Großbritannien)
Patrick Farges (Professeur des Universités, Université Paris Diderot)
Barbara Lambauer (Chercheure partenaire, UMR SIRICE - Sorbonne-Identités, relations internatio-nales et civilisations de l’Europe)
Sébastien Laurent (Professeur d’histoire contemporaine, Université de Bordeaux)
Enzo Traverso (Susan and Barton Winokur Professor in the Humanities, Cornell University, USA)

Programm

Kontakt

Benedetta Carnaghi

Cornell University, Department of History
450 McGraw Hall, Ithaca, New York 14853

bc552@cornell.edu


Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Französisch
Sprache der Ankündigung