Erinnerungsorte in Belgien zwischen lokaler, regionaler und nationaler Sinnstiftung

Erinnerungsorte in Belgien zwischen lokaler, regionaler und nationaler Sinnstiftung

Veranstalter
Paderborner Belgienzentrum (BELZ)
Veranstaltungsort
Universität Paderborn, Senatssitzungssaal B3.231
Ort
Paderborn
Land
Deutschland
Vom - Bis
26.10.2017 - 27.10.2017
Website
Von
Lars Wolfram

Seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat der Begriff der Erinnerungsorte Konjunktur und stand Pate bei einer Vielzahl von Sammelbänden und Studien, die nicht die Wirkung von Ereignissen und Strukturen auf die Gegenwart in den Blick nahmen, sondern untersuchten, wie bestimmte Nationen, aber auch andere Gemeinschaften ihre als eigen verstandene Vergangenheit aneigneten. Nicht die Geschichte selbst, sondern ihre Sinngebung im Hier und Jetzt standen im Mittelpunkt. Dabei zielten solche Bemühungen nicht einfach darauf ab, den Umgang einer Gemeinschaft oder Gesellschaft mit ihrer Geschichte zu erfassen. Vielmehr wurden und werden die Erinnerungsorte auch als Wegmarken verstanden, um zu einem besseren Verständnis der Beziehungen zwischen kollektivem Gedächtnis, kollektiver Identität und Gemeinschaftsbildung zu gelangen.
Angesichts der Mannigfaltigkeit von Erinnerungsorten, aber auch dank der anfänglichen Konzentration ihrer Aufarbeitung auf nationale Kulturen wurde leicht vergessen, dass eine Reihe von Erinnerungsorten nicht nur für ein bestimmtes Land oder eine bestimmte Nation von Belang sind, sondern zugleich oder auch zu anderen Zeiten für die Bildung von regionalen oder lokalen Identitäten eine wichtige Rolle spielen.
Eine solche Mehrfachfunktionalisierung kann man schon in Deutschland beobachten, mehr aber noch zeigt sie sich im ebenfalls föderalen Belgien, das zudem über unterschiedliche Sprachgemeinschaften verfügt und dessen größere Städte mit einem historisch gewachsenen Selbstbewusstsein ausgestattet sind, das noch heute von der Erinnerung an ihre einstige Autonomie und wirtschaftliche Bedeutung zehrt. Von daher bietet das heutige Belgien ein bestens geeignetes Untersuchungsfeld, um die unterschiedliche Nutzung von ein und demselben Erinnerungsort auf verschiedenen Ebenen des Gemeinschaftsbewusstseins zu erkunden. Genau dies ist das Ziel der Tagung des Paderborner Belgienzentrums (BELZ) am 26. und 27. Oktober an der Universität Paderborn.
Sie konzentriert sich dabei auf Personen, die im kollektiven Gedächtnis bestimmter Orte, aber auch einer der Regionen oder der belgischen Nation eine Rolle spielen. Der historische Bogen reicht von spätmittelalterlichen Aufständischen wie Jakob von Artevelde über die Habsburger Fürsten der Frühen Neuzeit und den Maler Peter Paul Rubens bis zum Krimiautor Georges Simenon und der belgischen Königsfamilie: Welche Taten, Leistungen oder Vorgänge haben diese Personen erinnerungswürdig gemacht, wer waren die Träger, die sich um die Erinnerung bemüht haben; was wurde erinnert und was wurde zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht erinnert; und gab und gibt es Unterschiede, je nachdem ob die Erinnerung lokal, regional oder national in Anspruch genommen wurde? Diesen Fragen widmen sich Vertreter und Vertreterinnen sowohl der Geschichtswissenschaft als auch der Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaft.

Programm

Programm

Donnerstag 26.10.2017

13.30-14.00 Einführung

14.00-14.45 Thérèse de Hemptinne (Universität Gent):
Mémoire « belge » de l’Orient latin: les hommes, les lieux, les monuments.

14.45-15.30 Hermann Kamp (Universität Paderborn):
Vom Franzosenfeind zum Fußfallfreund: Jan Breydel im Gedächtnis der Belgier, Flamen und Brügger Bürger.

16.00-16.45 Marc Boone (Universität Gent):
Jacques d'Artevelde, un héros gantois ou l'histoire médiévale à l'aune des tensions politiques, idéologiques et communautaires belges

16.45-17.30 Eric Bousmar (Universität Saint-Louis — Bruxelles):
Ducs de Bourgogne et premiers Habsbourgs à Liège, Bruxelles, Bruges et
Malines: des lieux de mémoire en mutation.

17.30-18.15 Johannes Süßmann (Universität Paderborn):
Albrecht und Isabella in Brüssel: Von der gestifteten zur angeeigneten Erinnerung

19.30 Abendvortrag: Géry Dumolin (Musée des instruments de musique, Bruxelles):
The Sax phenomenon: a multifaceted memory space in Dinant and beyond

Freitag: 27.10.2017

9.00-9.45
Niels Büttner (Universität Stuttgart /Centrum Rubenianum Antwerpen):
Rubens und das Rubenshaus. Eine deutsch-belgische Geschichte nationaler Vereinnahmungen

9.45-10.30 Daniel Acke (Universität Brüssel):
Le prince de Ligne et Belœil: permanence et variation de deux lieux de mémoire

11.00-11.45 Sabine Schmitz (Universität Paderborn):
Georges Simenon: idéogramme liégeois et wallonne, patrimoine belge et cosmopolite maigretien

13.30-14.15 Marc Derez (Universitätsarchiv Leuven):
La bibliothèque de Louvain: icône culturelle, symbole politique, vecteur identitaire.

14.15-15.00 Peter Quadflieg (Belgisches Staatsarchiv Eupen):
Vive le Roi oder Es lebe der König? - Die belgische Königsfamilie als kollektives Identifikationssymbol für die ostbelgische Bevölkerung

Kontakt

Donato Morelli

Universität Paderborn, Institut für Romanistik
Warburger Str. 100 33098 Paderborn

donato.morelli@upb.de


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Region(en)
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Französisch, Deutsch
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