Medical Humanities-Tagung "Lyrik und Medizin"

Medical Humanities-Tagung "Lyrik und Medizin"

Veranstalter
Katharina Fürholzer, Florian Steger; Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm
Veranstaltungsort
Gewölbesaal im Haus der Stadtgeschichte (Schwörhaus)
Ort
Ulm
Land
Deutschland
Vom - Bis
20.03.2018 - 22.03.2018
Von
Fürholzer, Katharina; Steger, Florian

Krankheit, Schmerz und Sterben zeigen uns über das Leiden hinaus auch die Grenzen der Sprache. Konfrontiert mit eigenem oder fremdem Leid fehlen oft die Worte, um sich anderen mitzuteilen. Die Bedeutung der Literatur lässt sich vor diesem Hintergrund nicht von der Hand weisen, wird doch im ästhetischen Ausdruck das eigentlich Unsagbare sagbar. Das trifft insbesondere auf die Gattung der Lyrik zu: Denn die spezifische Semantik der poetischen Sprache oder das Spiel aus Schrift, Versbruch und Papier machen es möglich, Leidenserfahrungen zumindest zwischen den Zeilen zum Ausdruck zu bringen. So finden sich auch kaum Dichter/-innen, die sich in ihrem Schaffen nicht auch mit medizinischen Themen befasst haben. Exemplarisch sei verwiesen auf das Gedicht „Von unfolgsamen Kranken“ aus Sebastian Brants Das Narrenschiff (1494), auf die Leidensthematik in Andreas Gryphius’ „Tränen in schwerer Krankheit“ (1640) oder die Krankheitsgedichte der an bipolarer affektiver Störung erkrankten Lyrikerin Sylvia Plath (1932–1963). Die Faszination der Dichtung am Gegenstandsbereich der Medizin zeigt sich auch in umgekehrter Weise: S Schriften von Dichterärzten wie Justinus Kerner (1786–1862) oder Gottfried Benn (1886–1956) legen beredtes Zeugnis davon ab, welchen Reiz das poetische Wort auch auf die Medizin ausübt. Dass eine ganze Reihe dieser aus ärztlicher Hand stammenden Gedichte Teil des literarischen Kanons sind, zeigt die literarische Qualität dieser Werke an.

Die spezifische Beziehung zwischen Medizin und Lyrik hat in der Forschung bisher nur eine Randposition eingenommen. Mit der Tagung "Lyrik und Medizin", die vom 20.-22.3.2018 im historischen Gewölbesaal des Ulmer Schwörhauses stattfinden wird, soll vor diesem Hintergrund ein wichtiger Schritt getan werden, den Wechselwirkungen zwischen Lyrik und Medizin ein Stück weit näher zu kommen.

Interessierte Zuhörer sind herzlich willkommen. Wir bitten um vorherige Anmeldung per Mail.

Programm

Dienstag, 20.3.2018
Tagesthematik: Klinisch-lyrische Wechselwirkungen

13:00
Florian Steger (Ulm)
Begrüßung

Sektion 1: Praxis …
13:15
Rudolf Drux (Köln)
Leben aus der Retorte. Reproduktionsmedizinische Ereignisse im Spiegel der Lyrik
14:00
Giovanni Rubeis (Ulm)
Medizinisches Wissen und medizinische Praxis in der Lyrik der Frühen Neuzeit. Die Podagra-Briefe im Werk Wolfgang Reicharts (1486–um 1547)
14:45
Pause
15:00
Nils Ritter (Berlin)
Die „klinische Lyrik“ des expressionistischen Jahrzehnts

Sektion 2: … und Theorie
15:45
Birgit Bunzel Linder (Hong Kong)
Chinese Illness Poetics. A contribution to the cross-cultural critical humanities
16:30
Pause
17:00
Anita Wohlmann (Odense)
Symbol, Simile and Metaphor. The Uses and Misuses of Poetic Devices in Medicine
17:45
Jarmila Mildorf (Paderborn)
Why Poetry Matters. Defamiliarization and Perspective in Poetry
19:00
Abendessen

Mittwoch, 21.3.2018
Tagesthematik: Ärztliche Praxis – Ärztliche Lyrik

Sektion 3: Arzt und Krankheit als Motiv
9:30
Anett Lütteken (Zürich)
„Diesen heißen Wasserfluß, Der auch mich curiren muß“. Kur-Gedichte des 18. Jahrhunderts
10:15
Amelie Bendheim (Luxemburg)
Liebe – Krankheit – Wahn. Lyrische Spielarten im Minnesang
11:00
Pause
11:15
Peter Steinkamp (Ulm)
Doktor Eisenbarth und Sanitätsgefreiter Neumann. Medizinisches im Spottvers
12:00
Davina Höll (Mainz)
„Das orientalische Gespenst“. Lyrik der Cholera im 19. Jahrhundert
12:45
Mittagessen

Sektion 4: Schriftstellerärzte
14:00
Dagmar Reichardt (Riga)
Migration und das Pennebaker Paradigma. Trauma und therapeutische Aspekte in der Lyrik des Dichters und Arztes Giuseppe Bonaviri
14:45
Peter Musaeus (Aarhus)
Poet-Physician Aarestrup. Between Exile and Excitement
15:30
Pause
16:00
Sayed Gouda (Changchun)
The doctor who heals himself. Poetry as healing power in the poetry of the Egyptian poet Ibrahim Nagi
16:45
Thomas Augais (Fribourg), Julien Knebusch (Fribourg)
Krankheit, Schmerz und Sterben in „Krankenhausblätter“ („Feuilles d’hôpital“) von Lorand Gaspar
17:30
Pause
17:45
Julia Pröll (Innsbruck)
Französischsprachige Dichterärzte aus Haiti. Erkundungen an der Schnittstelle von postkolonialem und medizinischem Diskurs
19:00
Abendessen und Lyriklesung

Donnerstag, 22.3.2018
Tagesthematik: Lyriker als Kranke und Angehörige

Sektion 5: Krankheitserfahrungen
9:30
Barbara Wiedemann (Tübingen)
„Hirnstamm und Herzstamm“. Medizinische Lektüre in Gedichten Paul Celans
10:15
Daniel Ketteler (Berlin)
Hörreste, Sehrreste. Sublimation und Psychose in der späten Lyrik Paul Celans.
11:00
Pause
11:15
Yuuki Kazaoka (Sagamihara)
Zum Einfluss der Medizin auf Ingeborg Bachmanns lyrisches Schaffen. Vier Gedichtfragmente
12:00
Mittagessen

Sektion 6: Sterben, Tod und Trauer
13:00
Thorsten Fitzon (Stuttgart)
Margaretha Susanna von Kuntschens Düsterer Cypressen-Wald. Zyklische Kindertotenlyrik zwischen rhetorischer Consolatio und narrativer Trauerarbeit (1685–1694)
13:45
Alastair Morrison (Odense)
Narrative Time and Dementia Lyric. Reading Pia Tafdrup
14:30
Verabschiedung und Abreise

Kontakt

Katharina Fürholzer

Parkstraße 11
89073 Ulm
+49(0)731500-39907
+49(0)731500-39902
katharina.fuerholzer@uni-ulm.de

https://www.uni-ulm.de/med/med-medgeschichte/forschung/medical-humanities/tagung-lyrik-und-medizin/
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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