Displaced Persons im Nachkriegseuropa (1945-1950): Zwischen Zwangsmigration, Flucht und der Suche nach einer neuen Heimat

Displaced Persons im Nachkriegseuropa (1945-1950): Zwischen Zwangsmigration, Flucht und der Suche nach einer neuen Heimat

Veranstalter
Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder; Universität Bonn
Veranstaltungsort
Frankfurt an der Oder und Slubice (PL)
Ort
Frankfurt an der Oder
Land
Deutschland
Vom - Bis
12.09.2018 - 14.09.2018
Deadline
15.06.2018
Website
Von
Markus Nesselrodt

Das Netzwerk Displaced Persons-Forschung (https://www.netzwerkdpforschung.uni-bonn.de/), ein lockerer Zusammenschluss von Nachwuchs- und etablierten Wissenschaftler_innen, veranstaltet vom 12.-14.9.2018 seine mittlerweile vierte Tagung unter dem Oberthema „Displaced Persons im Nachkriegseuropa (1945-1950): Zwischen Zwangsmigration, Flucht und der Suche nach einer neuen Heimat“ und kehrt zu diesem Zweck an die Europa-Universität Viadrina und das Collegium Polonicum in Słubice zurück, wo 2011 zum ersten Mal viele der späteren Mitglieder des Netzwerks zur Tagung „Dimensionen der Displaced Persons-Forschung“ zusammenkamen.

Seit Ende der 1980er Jahre sind Displaced Persons (DPs), eine 1944 von den Alliierten eingeführte Kategorie für vom Krieg entwurzelte Menschen, verstärkt Gegenstand historischer, rechtswissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Studien geworden. DPs zeichneten sich durch einen hohen Grad an Vielfalt in Bezug auf ethnische Herkunft, Konfession, Kriegserfahrung, politische Orientierung und Zukunftsplänen aus und setzten sich aus ehemaligen ZwangsarbeiterInnen, Kriegsgefangenen, befreiten Konzentrationslagerhäftlingen und Flüchtlingen zusammen. Die alliierten Besatzungsmächte einigten sich noch vor Kriegsende in Europa auf die schnelle und umfassende Rückführung der zunächst bis zu 12 Millionen DPs in ihre Heimatländer. Tatsächlich kehrten innerhalb weniger Monate Millionen Menschen in ihre Heimat zurück. Eine signifikante Minderheit weigerte sich jedoch, die Heimreise in die Länder im mittlerweile sowjetischen Einflussbereich anzutreten. Zu dieser Gruppe gehörten jüdische Überlebende aus Osteuropa, deren Wohnorte entweder zerstört oder unbewohnbar geworden waren; ferner ein heterogenes Kollektiv von Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen mit den deutschen Besatzern kollaboriert hatten und für die eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer keine Option darstellte; Flüchtlinge, die wegen des Vormarsches der Roten Armee ihre Herkunftsgebiete verließen und nicht zuletzt zahlreiche Menschen, die aus Angst vor politischer Verfolgung eine Rückkehr ablehnten. Was dieses äußerst vielschichtige Kollektiv von DPs in Deutschland vereint, ist das Bedürfnis nach einem Neuanfang im Exil, begleitet vom Wunsch nach Wiederaufbau kultureller, religiöser, schulischer und politischer Einrichtungen. Der Versuch, den von vielen als transitorisch empfundenen Alltag in Deutschland aktiv zu gestalten, ähnelt sich unabhängig von der ethnischen oder konfessionellen Herkunft der DPs.

Die geplante Tagung fragt nach den Unterschieden und Gemeinsamkeiten der verschiedenen DP-Gruppen, die die Durchlässigkeit aber auch Unüberwindbarkeit ethnischer Kategorien in Prozessen der Vergemeinschaftung zeigen. Wie sich Gruppen zusammensetzten und wer sich ihnen anschließen durfte, hing von einer Vielzahl von Faktoren ab. Neben der ethnischen Zugehörigkeit waren diese vor allem Religion, politische Orientierung und nicht zuletzt die Erfahrungen des Krieges, aus denen DPs diverse Zukunftsoptionen ableiteten.

Die Veranstalter rufen Nachwuchswissenschaftler_innen aller Qualifikationsstufen sowie bereits etablierte Forschende auf, Beiträge zu folgenden Themenbereichen einzureichen:
- soziale Kontakte außerhalb des ethnischen Kollektivs,
- das Verhältnis zur deutschen Bevölkerung zwischen Ablehnung und Freundschaft,
- politische, migratorische und berufliche Zukunftsvorstellungen,
- Genderaspekte,
- Sport, Kultur und Bildung zwischen politischem Handeln und Freizeitbeschäftigung,
- Vergangenheitsdiskurse zwischen Tabuisierung und früher Aufarbeitung,
- DP-Publikationen als Ausdruck von Selbstbehauptung, Selbstverortung und Zukunftsdebatten,
- DPs und DP-Lager als Teil deutscher Lokalgeschichte,
- Kinder als Zukunft von Nation und Geschichte,
- DPs in Deutschland, Österreich und Italien im Vergleich

Themenvorschläge (bis 500 Wörter) und ein kurzer CV werden bis zum 15.6. 2018 an dpworkshop2018@gmail.com erbeten.

Die Kosten für Reise und Unterkunft werden zu den üblichen Konditionen übernommen. Eine Publikation der Tagungsbeiträge wird angestrebt.

Programm

Kontakt

Markus Nesselrodt
Europa-Universität Viadrina
Lehrstuhl für Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas
Große Scharrnstraße 59
15230 Frankfurt/Oder
nesselrodt@europa-uni.de