Kindheitsgeschichte(n) - Grenzen mit- und überdenken

Kindheitsgeschichte(n) - Grenzen mit- und überdenken

Veranstalter
Dr. Wiebke Hiemesch, Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Erziehungswissenschaft/ Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft; Rafaela Schmid, M.A., Universität zu Köln, Department Erziehungs- und Sozialwissenschaften/ Historische Bildungsforschung, mit dem Schwerpunkt Gender History
Veranstaltungsort
Universität Hildesheim
Ort
Hildesheim
Land
Deutschland
Vom - Bis
25.01.2019 - 26.01.2019
Deadline
30.09.2018
Website
Von
Hiemesch, Wiebke

Kindheitsgeschichte(n) ist eine Workshopreihe, die in Kooperation der Universität zu Köln und der Universität Hildesheim ins Leben gerufen wurde. Der Auftakt fand im Oktober 2017 unter dem Titel dezentrierte Perspektiven, de- und rekonstruktive Lesarten an der Universität zu Köln statt. Der zweite Workshop wird 2019 an der Universität Hildesheim veranstaltet. Die Reihe führt Wissenschaftler/innen unterschiedlicher Qualifikationsgrade zusammen, die im weitesten Sinn historisch zu Kindern und Kindheit arbeiten.

Die Workshops richten sich an Forschende im Feld der Erziehungswissenschaft. Darüber hinaus soll ein Raum für einen interdisziplinären Austausch eröffnet werden. Alle Teilnehmenden eint ihr Interesse an den vielfältigen Lebensbedingungen von Kindern sowie den Prozessen, in denen die soziale Kategorie Kindheit zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit Bedeutung gefüllt wird. Historische Studien zu Kindern und Kindheit tauchen häufig im Kontext anderer Themenfelder auf, beispielsweise in der (historischen) Familien- und Wohlfahrtsforschung sowie in der Geschichte von Bildung und Erziehung. Diese Studien beschreiben, wie sich erst in Folge der Aufklärung, zusammen mit dem Modell der bürgerlichen Kleinfamilie und im Kontext der Industrialisierung und Urbanisierung ein spezifisches Kindheitsmodell herausbildete. In Westeuropa und Nordamerika etablierte es sich schließlich bis in das 20. Jahrhundert als hegemoniales Ideal, welches die Kinder aus vielen Bereichen des Erwachsenenlebens ausschloss. Die etablierten Merkmale dieses Kindheitsideals – besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern, Kindheit als eine eigene Lebensphase des Lernens, die Schaffung spezifischer Institutionen für Kinder und die emotionale Höherbewertung der Eltern-Kind-Beziehung – sind jedoch weder historisch noch gegenwärtig für alle Kinder zur Realität geworden. Außerdem ist fraglich, ob dieses Ideal als universelle Interpretationsfolie und als Richtmaß ‚guter Kindheit’ herhalten kann, oder ob der Alltag von Kindern und die jeweiligen Kindheitsvorstellungen nicht stets im konkreten sozialen, räumlichen und zeitlichen Kontext verstanden und ausgedeutet werden müssen.
Mit dem Workshop rücken deshalb ausdrücklich Fragen nach Kindern und Kindheit in den Mittelpunkt, die nicht von vornherein an Setzungen bürgerlich-moderner Kindheit gebunden sind. Damit können auch solche Kindheiten eingeholt werden, die allzu schnell im wissenschaftlichen Nachdenken in Vergessenheit geraten. Mit der Workshopreihe setzen sich die Organisatorinnen zum Ziel, Forschungen zu bündeln, die zu einer Dezentrierung normativer Kindheitsvorstellungen beitragen und die sich kritisch mit Differenzzuschreibungen, wie beispielsweise nationaler und sozialer Herkunft, Alter und/oder Geschlecht auseinandersetzen. Damit eng verbunden ist das Vorhaben, durch die Workshops einen Raum zu eröffnen, um methodische und theoretische Vorannahmen im Forschen über Kinder und Kindheit reflexiv und selbstkritisch zu diskutieren. Bisher gibt es kein regelmäßiges Format mit diesen Zielsetzungen.

Der zweite Workshop nimmt drei Themenfelder auf, die in den Diskussionen des ersten Workshops virulent wurden. Sie beziehen sich auf drei Begrenzungen im Nachdenken über Kinder und Kindheit:
1. Die Wirkmächtigkeit des Ideals bürgerlich-moderner Kindheit, zeigt sich auch in der überproportional hohen Zahl an Studien zu Kindheiten des Globalen Nordens, durch die lediglich ein begrenzter Ausschnitt des (möglichen) Forschungsfeldes sichtbar wird. Diesen bereits verschiedentlich kritisierten Eurozentrismus der (historischen) Kindheitsforschung möchten wir ausdrücklich zum Diskussionsgegenstand machen (bspw. Punch 2003, Winkler 2017, Liebel 2017). Eine Keynote von Prof. Dr Manfred Liebel wird dieses Themenfeld rahmen. Damit rufen wir vor allem Wissenschaftler/innen zur Einreichung auf, die bspw. unter Bezug auf die Postcolonial Studies oder zu globalhistorischen Themen arbeiten.
2. Nicht zuletzt ein internationaler Blick auf die heterogene Ausdeutung der sozialen Kategorie Kindheit fordert Forschende heraus, nachzuzeichnen, wie Kindheit, Jugend und Erwachsenheit in jeweils konkreten gesellschaftshistorischen Kontexten relational in ein Verhältnis gebracht werden. Wir freuen uns deshalb auf Beiträge, die die unterschiedliche Ausgestaltung dieses Verhältnisses und/oder die klare Abgrenzungen der Kategorien in den Blick nehmen.
3. Zudem möchten wir die Differenzkategorien Geschlecht und Sexualität dezidiert zum Gegenstand der Diskussion machen. ‚Das Kind’ taucht häufig als geschlechtslos auf. Die Auswirkungen des Aufwachsens in heteronormativen Gesellschaften – und damit verbundene Begrenzungen – drohen damit aus dem Blick zu geraten. Fragen von Geschlechtlichkeit und Vergeschlechtlichung bleiben unthematisiert. Dieser Aufruf richtet sich an Wissenschaftler/innen, die zumindest eine der beiden Differenzkategorien in ihrer Forschung explizit mitdenken.
Die Themenfelder sind bewusst weit formuliert, um möglichst heterogene Perspektiven zusammenführen zu können. Der geplante Workshop richtet sich an forschende Personen, die sich einem der oben genannten Themenkomplexe zuordnen. Er ist offen für alle Qualifizierungsgrade (Doc- und Post-Doc) ebenso wie für etablierte Wissenschaftler/innen, die an einer offenen und prozessorientierten Diskussion über Kindheitsgeschichte interessiert sind.

Bitte senden Sie ihre Abstracts (ca. 2.500 Zeichen) sowie eine kurze Angabe zu ihrer Person bis zum 30.09.2018 an eine der folgenden Emailadressen:
Dr. Wiebke Hiemesch, Universität Hildesheim: hiemesc@uni-hildesheim.de
Rafaela Schmid, M.A., Universität zu Köln: rafaela.schmid@uni-koeln.de

Der Workshop wird gefördert durch das Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Hildesheim, das Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen sowie die Graduiertenschule der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln.
In den Pausen stehen Getränke und kleine Snacks sowie ein kleiner Mittagsimbiss zur Verfügung. Teilnehmende, die mit eigenen Beiträgen aktiv an dem Workshop mitwirken, werden Fahrt- sowie Übernachtungskosten erstattet.
Nähere Informationen zur Kostenerstattung erhalten Sie in der Antwort der Veranstalter/innen zu den eingereichten Abstracts.

Programm

Kontakt

Wiebke Hiemesch

Universitätsplatz 1, 31134 Hildesheim

hiemesc@uni-hildesheim.de