Kriegsgefangenschaft. Russische und sowjetische Erfahrungen im 20. Jahrhundert. Prisoners of War. Russian and Soviet Experiences in the 20th Century

Kriegsgefangenschaft. Russische und sowjetische Erfahrungen im 20. Jahrhundert. Prisoners of War. Russian and Soviet Experiences in the 20th Century

Veranstalter
Prof. Dr. Tanja Penter (Universität Heidelberg); Dr. Esther Meier (DHI Moskau); Dmitri Stratievski (DHI Moskau); Dr. Heike Winkel (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.)
Veranstaltungsort
Heidelberg
Ort
Heidelberg
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.11.2020 - 06.11.2020
Deadline
17.01.2020
Website
Von
Dr. Esther Meier

Die Kriegsgefangenschaft stellte eine wichtige Erfahrung von Militärangehörigen im Zarenreich und in der Sowjetunion dar, die mehrere Millionen Menschen (nicht nur, aber überwiegend männlichen Geschlechts) betraf und oftmals in den Familien von den Vätern an die Söhne tradiert wurde. Wenngleich sich die Rahmenbedingungen in den verschiedenen Kriegen zweifellos voneinander unterschieden, wie in der Forschung bereits gut dokumentiert ist, so gab es auch verbindende Erfahrungen, die die Soldaten und Offiziere, die in Kriegsgefangenschaft gerieten, miteinander teilten. Dieser übergreifenden Erfahrung von Kriegsgefangenschaft und ihrer Bedeutung für die russische und sowjetische Geschichte im 20. Jahrhundert möchte die Tagung nachspüren. Schwerpunkte sollen dabei auf dem Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie auf dem sowjetischen Afghanistankrieg (1979-1989) liegen, aber auch Studien zu anderen Fallbeispielen (wie dem russisch-japanischen Krieg, dem polnisch-sowjetischen Krieg, dem sowjetisch-finnischen Krieg, den Tschetschenienkriegen) sind willkommen.
Aus der Perspektive einer Erfahrungs- und Wahrnehmungsgeschichte „von unten“ sollen Themen wie die Gefangennahme, der Alltag in den Lagern, Erfahrungen von Gewalt, Hunger, Zwangsarbeit, Krankheiten und Tod sowie individuelle Überlebensstrategien der Kriegsgefangenen diskutiert werden. Wie erlebten die Gefangenen die Beziehungen zum Wachpersonal und Kontakte zur Zivilbevölkerung? Welche transkulturellen Erfahrungen wurden in der Kriegsgefangenschaft gemacht?
Weitere Fragestellungen der Tagung konzentrieren sich auf die Handlungsspielräume der Kriegsgefangenen zwischen Widerstand und Kollaboration, die sozialen Hierarchien innerhalb der Lagergesellschaften, die Rolle von Funktionshäftlingen, die Gruppenbildung in den Lagern (entlang sozialer, religiöser, ethnischer, regionaler und anderer Trennlinien) sowie die Stellung der wenigen weiblichen Kriegsgefangenen und die besondere Erfahrung sexueller Gewalt. Nicht zuletzt soll auch der Frage der Repatriierung und Heimkehr der Kriegsgefangenen und ihrer Reintegration in die Heimatgesellschaft Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Besonders begrüßt werden Beiträge, die Erfahrungen der Kriegsgefangenschaft aus unterschiedlichen Kriegen miteinander in Beziehung setzen. Welche älteren Vorstellungen von Krieg und Kriegsgefangenschaft aber auch welche konkreten Praktiken werden tradiert und erweisen sich als handlungsleitend für die Militärangehörigen? Zuweilen treten solche Bezüge zwischen den verschiedenen Kriegserfahrungen auch in der aktuellen russischen Erinnerungskultur zu Tage. Dabei scheint das alte Tabu, mit dem das Thema Kriegsgefangenschaft seit der Stalinzeit über Jahrzehnte belegt war, nur langsam zu verschwinden.
Im Ergebnis soll durch die diachrone Betrachtung der Erfahrungen und Wahrnehmungen von russischer/sowjetischer Kriegsgefangenschaft eine verflechtungsgeschichtliche Perspektive auf Russlands Kriege des 20. Jahrhunderts herausgearbeitet werden, die zugleich dazu beiträgt, die jeweils spezifische Erfahrung der verschiedenen Kriege schärfer zu konturieren.

Bitte senden Sie Ihr Abstract mit einem kurzen CV bis zum 17. Januar 2020 an Prof. Dr. Tanja Penter (tanja.penter@zegk.uni-heidelberg.de) und Dr. Esther Meier (esther.meier@dhi-moskau.org).
Deadline ist der 17. Januar 2020.

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Prisoners of War
Russian and Soviet Experiences in the 20th Century

War captivity was an important experience for military personnel in the Tsarist Empire and the Soviet Union, affecting several million people (not only, but predominantly male). Conceptions of war captivity were often passed on from fathers to sons. Although the conditions in the various wars undoubtedly differed, as is well documented in research, there were also connecting experiences shared by the soldiers and officers captured in war. The conference aims at tracing this overarching experience of captivity and its significance for Russian and Soviet history in the 20th century. The focus will be on the First and Second World Wars and the Soviet war in Afghanistan (1979-1989), but other case studies (on the Russian-Japanese war, the Polish-Soviet war, the Soviet-Finnish war, the Chechen wars) are also welcome.
From the perspective of a history of experience and perception "from below", topics such as the capture itself, everyday life in the camps, experiences of violence, hunger, forced labour, diseases and death as well as individual survival strategies of the prisoners of war will be discussed. How did the prisoners experience relations with the guards and contacts with the civilian population? What transcultural experiences were made in captivity?
Further questions of the conference will concentrate on the POW's scope for action between resistance and collaboration, the social hierarchies within the camp societies, the role of prisoner functionaries, the formation of groups in the camps (along social, religious, ethnic, regional and other dividing lines) as well as the position of the few female prisoners of war and the experience of sexual violence. Last but not least, attention should also be paid to the question of the repatriation and return of POWs and their reintegration into the home society.
Contributions that relate the experiences of POWs from different wars to one another are particularly welcome. Which older notions of war and captivity, but also which concrete practices are passed on and prove to be the guiding principles of action for military personnel? Sometimes such references between the various war experiences also emerge in the current Russian culture of remembrance. Since the Stalin era war captivity had been a taboo for decades which seems to disappear only slowly.
As a result, the diachronic examination of the experiences and perceptions of Russian/Soviet war captivity is intended to elaborate perspectives of an entangled history on Russia's wars of the 20th century, which at the same time contribute to sharpening the specific experience of the various wars.

Please send your abstract with a short CV by January 17, 2020 to Prof. Dr. Tanja Penter (tanja.penter@zegk.uni-heidelberg.de) and Dr. Esther Meier (esther.meier@dhi-moskau.org).
The deadline is January 17, 2020.

Programm

Kontakt

Dr. Esther Meier

DHI Moskau, Voroncovskaja ulica 7/8, Moskau

esther.meier@dhi-moskau.org


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