Preisauslobung: Forschungen zur NS-Zwangsarbeit der Stadt und im ehemaligen Landkreis Wasserburg a. Inn

Preisauslobung: Forschungen zur NS-Zwangsarbeit der Stadt und im ehemaligen Landkreis Wasserburg a. Inn

Institution
Stadtarchiv Wasserburg a. Inn
Ort
Wasserburg a. Inn
Land
Deutschland
Bewerbungsschluss
13.11.2017
Von
Matthias Haupt

Preisauslobung

Weitergehende Forschungen zur NS-Zwangsarbeit der Stadt und im ehemaligen Landkreis Wasserburg a. Inn/Die Rolle privater Betriebe
Einführung

„Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg. Hinter den vorrückenden Truppen errichteten die Arbeitsämter sofort ihre Dienststellen, um in Abstimmung mit dem Reichssicherheitshauptamt und in Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft ausländische Arbeitskräfte als Freiwillige anzuwerben oder gewaltsam nach Deutschland zu bringen.
Mit den Kriegsgefangenen allein konnte der durch Einberufungen zur Wehrmacht verursachte Mangel an deutschen Arbeitern nicht aufgefangen und der rasant steigende Arbeitskräftebedarf der deutschen Kriegswirtschaft nicht gedeckt werden.
Durch Verordnungen und Vertragsbedingungen in ihren Rechten beschnitten, durch falsche Versprechungen getäuscht, in schlechten Baracken und Lagern bei vielfach ungenügender Ernährung untergebracht und an der Rückkehr in ihre Heimat gehindert, arbeiteten zwischen 1939 und 1945 mehr als zwölf Millionen Frauen und Männer aus allen Teilen Europas im Deutschen Reich. Als Menschenmaterial für die Produktion in der Rüstungsindustrie, der Landwirtschaft und in Versorgungsbetrieben missbraucht, wurden sie zu Zwangsarbeitern der Deutschen.
Die meisten von ihnen kamen aus Polen, Weißrussland, Russland und aus der Ukraine .“
Im September 1944 zählten die Arbeitsamtsbezirke des rechtsrheinischen Bayern 399.257 ausländische Arbeiter (darunter 157.410 Ostarbeiter), wobei dies als untere Grenze angenommen wird . Die Einsätze erfolgten in der Industrie, vor allem aber in der Landwirtschaft. Für Franken konnte bspw. die Zahl von 200.000 bis 250.000 ausländischen Zivilarbeitern und Kriegsgefangenen festgehalten werden, die zu einem sehr großen Teil in der Landwirtschaft arbeiten mussten .
Viele Publikationen setzen sich mit der exakten Bezeichnung der ausländischen Arbeitskräfte im nationalsozialistischen Deutschland auseinander: Es gab freiwillige ausländische Arbeitskräfte, die während der Kriegszeit – je nach Arbeitsvertrag – Deutschland auch verlassen konnten (dies waren Arbeiter aus verbündeten Staaten, wie z.B. Bulgarien etc.), weiterhin Zwangsarbeiter mit geringem Einfluss auf ihre Existenzbedingungen (Zivilarbeiter aus den besetzten Gebieten außerhalb Polens und der Sowjetunion sowie auch Kriegsgefangene bspw. aus Frankreich oder Belgien etc.) und Zwangsarbeiter ohne nennenswerten Einfluss auf ihre Arbeits- und Existenzbedingungen (Zivilarbeiter aus Polen und der Sowjetunion) sowie -Zwangsarbeiter ohne Einfluss auf ihre Existenzbedingungen mit extrem hoher Sterblichkeit (polnisch-jüdische Kriegsgefangene, Häftlinge aus KZs, Zwangsarbeitslagern etc.) .
Im Raum Wasserburg erfolgten die Arbeitseinsätze hauptsächlich in der Landwirtschaft und in gewerblichen Betrieben der Kreisstadt Wasserburg und Umgebung. Die zivilen Zwangsarbeiter, die zumeist aus Polen oder Ländern der Sowjetunion kamen, waren bei den Landwirten der Region oder in Lagern und Baracken der Betriebe untergebracht, bspw. hatte die Molkerei Meggle ein eigenes Lager für die dort beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte. Französische Kriegsgefangene, die ebenfalls Zwangsarbeit leisten mussten, waren in einem Gefangenenlager der Stadt untergebracht .
Im Jahr 2009 wurde in der Zeitschrift Heimat am Inn der Beitrag Nachweise zur NS-Zwangsarbeit in der Stadt und im ehemaligen Landkreis Wasserburg a. Inn in Archivalien des Stadtarchivs Wasserburg a. Inn veröffentlicht. Diese Forschungen waren auf die Rolle der Stadt Wasserburg bzw. die Auswertung städtischer Archivalien fokussiert. Die Erforschung privater Betriebe in diesem Kontext war weitestgehend ausgeklammert.

Die Stadt Wasserburg a. Inn möchte in diesem Jahr einen wissenschaftlichen Preis ausloben. Hierbei soll es darum gehen, die Zwangsarbeit im Raum Wasserburg weitergehend zu erforschen, insbesondere die Rolle privater Betriebe zu klären.

Aufgabenstellung

Erstellung einer wissenschaftlichen, jedoch auch für Laien gut lesbaren, Abhandlung über Die Rolle der Betriebe sowie der staatlichen Arbeitsverteilung und -verwaltung im Zusammenhang der NS-Zwangsarbeit in der Stadt und im ehemaligen Landkreis Wasserburg a. Inn auf der Grundlage der Redaktionsrichtlinien des Stadtarchivs im Umfang von ca. 40-100 DINA4 Seiten: Erwartet wird ein einleitender Teil und die Beachtung des aktuellen Forschungsstandes mit dem Schwerpunkt für den hiesigen historischen Raum. Der Hauptteil der Arbeit soll die Auswertung der Quellenüberlieferung der staatlichen Arbeitsverwaltungen sowie weiterer staatlicher Behörden, privater Betriebe, möglicher privater Überlieferungen und weiterer Quellen aus anderen Archiven und Einrichtungen mit Orts-/Regionalbezug zum Ziel der Darstellung haben. Weiterhin sind –soweit noch möglich – Zeitzeugenbefragungen denkbar. Ein Ausblick stellt das Schicksal der ehemaligen Zwangsarbeiter nach der Befreiung vom Nationalsozialismus dar.
Auf der Grundlage der schriftlichen Ausarbeitung wird im Zusammenhang der Veröffentlichung, welche über die Schriftenreihe des Stadtarchivs realisiert wird, ein Vortragsabend (o. ähnlich) veranstaltet. Hierbei werden die Ergebnisse ansprechend und auch für Laien gut verständlich präsentiert.
Das Manuskript der Abhandlung wird dem Stadtarchiv zum Druck bzw. ggf. auch zur Online-Publikation kostenlos und zeitlich unbefristet überlassen. Eine weitere Vergütung über die Preisauslobung hinaus (bspw. aus den Erlösen des Buchverkaufs) erfolgt nicht.
Zeitliche Perspektive/Bewerbung/Preisgeld
Der Vortragsabend samt Veröffentlichung der Schrift ist spätestens für Januar 2019 (möglicherweise zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus) angedacht. Das Manuskript der schriftlichen Ausarbeitung sollte dem Stadtarchiv im Oktober 2018 vorliegen. Ein Zwischenbericht zum Arbeitsstand wird drei Monate nach Vergabe dieser Preisauslobung erwartet.
Die Arbeit könnte im Kontext wissenschaftlicher Ausbildung stehen. Die Preisauslobung für vorgenannte Aufgabenstellung richtet sich gleichwohl an freiberuflich tätige HistorikerInnen (o.ä.). Über Details zur Quellenüberlieferung informiert das Stadtarchiv Wasserburg a. Inn gerne, ebenso wird jedoch die eigenständige Quellenrecherche hier und in weiteren Einrichtungen und Archiven erwartet.

Um die Preisauslobung bewerben können Sie sich mit einem Motivationsschreiben, Ihrem (v.a. wissenschaftlichen) Lebenslauf, einer Leseprobe (ggf. auch Nachweis bisheriger Veröffentlichungen in Auswahl sowie Referenzen der Vortragstätigkeit) und einer Arbeitsskizze bis 13.11.2017 beim
Stadtarchiv Wasserburg a. Inn
Kellerstr. 10
83512 Wasserburg am Inn.
E-Mail: matthias.haupt@stadt.wasserburg.de

Bitte reichen Sie Ihre Bewerbung ausschließlich elektronisch (per E-Mail) und die Bewerbung im Anhang als eine zusammenhängende pdf.-Datei ein. Im Betreff der Mail nennen Sie bitte die Zeichenfolge: „Bewerbung-NS-Zwangsarbeit-018-019“.
In der beizufügenden Arbeitsskizze erläutern Sie ggf., ob die Arbeitsleistung für Sie im Kontext ähnlich gelagerter Forschungsprojekte steht, in die Sie bereits eingebunden sind oder waren oder die sich bspw. aus Schwerpunktsetzungen im Rahmen der Hochschulausbildung ergeben. Aus Ihrer Arbeitsskizze sollten weiterhin hervorgehen: Erläuterung Ihres Zeitplans, Möglichkeiten und Ziele des Recherchevorhabens, Aufzeigen eines ersten Gliederungskonzeptes der Arbeit, ggf. mit Erläuterungen und Begründungen, Aufzeigen der Möglichkeiten der Vernetzung und Kontextualisierung, ggf. auch Vorschläge, wie bspw. eine allgemeinere Darstellung mit der Darstellung der Entwicklung des hiesigen Raumes verknüpft werden könnte, die über die hier aufgezeigte Grundskizzierung hinausgeht oder von dieser begründet abweichen will.
Die Arbeitsskizze wird maßgeblich sein, zur Beurteilung, ob und an wen die Preisauslobung vergeben werden kann.
Mit der Vergabe der Preisauslobung wird kein Beschäftigungsverhältnis begründet. Zur Definition von Rechten und Pflichten, die sich aus der Vergabe der Preisauslobung ergeben, wird ein Werkvertrag geschlossen. Eine Bewerbung um das Preisgeld selbst wird nicht vergütet.
Das Preisgeld beträgt 3.000€. Reise- und weitere Nebenkosten (wie bspw. Kopiergebühren etc.) werden gegen Nachweis und bis zu einem Höchstbetrag von 500€ erstattet. Aufwendungen für den Vortragsabend werden zusätzlich nochmals pauschal mit 150€ abgegolten. Der Druck der Ausarbeitung wird vom Stadtarchiv Wasserburg finanziert. Der Preisträger erhält auf Wunsch bis zu 20 freie Belegexemplare. Das Stadtarchiv bringt sich unterstützend im Rahmen der Korrekturlesung des Manuskripts ein.
Kontakt:
Ihr Ansprechpartner ist Stadtarchivar Matthias Haupt
Stadtarchiv Wasserburg a. Inn
Kellerstr. 10
83512 Wasserburg am Inn
Telefon: +49 8071 920369
Telefax: +49 8071 920371
E-Mail: matthias.haupt@stadt.wasserburg.de