Avant la guerre: attitudes d’attente et actions expectatives au XVIIe siècle/Vor dem Krieg: Erwartungshaltungen und -handlungen im 17. Jahrhundert

Avant la guerre: attitudes d’attente et actions expectatives au XVIIe siècle/Vor dem Krieg: Erwartungshaltungen und -handlungen im 17. Jahrhundert

Organisatoren
École des hautes études en sciences sociales, Centre de recherches historiques, CRH-EHESS; Deutsches Historisches Institut Paris, DHIP
Ort
Paris
Land
France
Vom - Bis
06.10.2014 - 07.10.2014
Url der Konferenzwebsite
Von
Guido Braun, Deutsches Historisches Institut Rom

Im Vorfeld des Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor einhundert Jahren rückte in der jüngsten Vergangenheit die Erinnerung an die Zeit vor diesem „Großen Krieg“, wie er in Frankreich genannt wird, in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dadurch wurde auch jenseits der Fachgrenzen deutlich, dass die Vorkriegszeit einen Zeitraum sui generis bildet, der beispielsweise durch spezifische Erfahrungen und Erwartungshaltungen konstituiert wird. In der Frühneuzeit-Forschung spielen Vorkriegszeiten hingegen bislang eine allenfalls marginale Rolle. In deren Mittelpunkt stehen im Wesentlichen eine methodisch und inhaltlich (etwa um Alltagserfahrungen) erweiterte Kriegsgeschichte und die Analyse der Prozesse von Friedensstiftung, die auch die Transformation von Kriegs- zu Friedenszeiten (auf symbolischer Ebene beispielsweise durch Friedensfeiern) umfasst. Neben der eigentlichen Friedensstiftung rückten in den letzten Jahren auch Probleme der Friedenssicherung in den Mittelpunkt des Interesses. Doch wissen wir über Vorkriegszeiten in der Frühen Neuzeit bisher sehr wenig. Dieser Befund ist umso bemerkenswerter, als gerade das 16. bis 18. Jahrhundert durch die „Bellizität“ (Johannes Burkhardt)1, das heißt die ungewöhnliche Kriegsdichte dieses Zeitalters besonders reiches Anschauungsmaterial versprechen.

Es ist daher sehr zu begrüßen, dass sich diesem Thema der „Vorkriegszeiten“ jüngst ein zweitägiger Workshop widmete, der von Albert Schirrmeister initiiert und in Verbindung mit Rainer Babel (Deutsches Historisches Institut Paris) organisiert wurde. Dabei wurde neben einem Schwerpunkt im 17. Jahrhundert, das durch den Dreißigjährigen Krieg einen der Höhepunkte frühneuzeitlicher Kriegsverdichtung markiert, auch das 16. Jahrhundert mit den Hugenottenkriegen und das 18. Jahrhundert mit dem Spanischen Erbfolgekrieg in den Blick genommen. Hinsichtlich der Beschäftigung mit Vorkriegszeiten stellt sich das Problem der Quellengrundlage: Während für einige Friedensprozesse, allen voran für die Westfälischen Friedensverhandlungen, ausgezeichnete Quelleneditionen vorliegen, mangelt es im Hinblick auf Vorkriegszeiten nicht nur an Editionen, sondern schlicht an einer systematischen Erschließung einschlägiger Quellenmaterialien. Bei der Veranstaltung wurde vor diesem Hintergrund der methodische Ansatz einer quellenbasierten Diskussion praktiziert. Die Aufgabe der Referenten bestand darin, thematisch aussagekräftige Quellen zu recherchieren und für die gemeinsame Diskussion aufzubereiten. Die einzelnen Vorträge waren daher als Quellenkommentare konzipiert. Die Quellentexte wurden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vorab in Form eines etwa einhundert Seiten umfassenden Readers zur Verfügung gestellt. Dieser methodische Ansatz und die gute Vorbereitung trugen zu einer außergewöhnlich engagierten und intensiven Diskussion bei.

In seinem Eröffnungsreferat bot ALBERT SCHIRRMEISTER (Paris) eine breit gefächerte thematische und methodische Einführung in die Problematik und die Leitfragen der Tagung, aufbauend auf die ersten Ergebnisse seines gleichnamigen Forschungsprojekts (gefördert von der Gerda-Henkel-Stiftung im Rahmen des M4HUMAN Programms). Dabei ging der Referent von Kosellecks Konzept des „Erwartungshorizonts“ mit seiner transzendentalen Funktionalität aus und formulierte die Zielsetzung einer Historisierung dieser Kategorie.2 Erwartungen seien für Historiker nur in konkreten Handlungen greif- und analysierbar. Daher böten sich gerade Vorkriegszeiten als besonders gut geeignete Objekte für eine Historisierung von Erwartungshorizonten an. In diesem Kontext charakterisierte Schirrmeister Kriege als einschneidende Ereignisse, die (im Gegensatz zu Krankheitsepidemien oder Naturkatastrophen) in der Frühen Neuzeit durch Menschen verursacht worden und durch sie auch lenkbar gewesen seien. In Vorkriegszeiten könne mithin eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure und Handlungsoptionen in den Blick genommen und eine entsprechende Bandbreite an Erwartungshandlungen sowie dahinter stehenden Erwartungshaltungen erschlossen werden. Mit dieser neuen Perspektive auf Vorkriegszeiten ließen sich ferner neue Einsichten über die Reichweite politischen oder staatlichen Handelns in der Frühen Neuzeit sowie zum zeitgenössischen praktisch-politischen Denken gewinnen. Dafür stehe ein reichhaltiges, in Vorkriegszeiten produziertes Quellenschriftgut zur Verfügung, das neben den bei der Tagung diskutierten Beispielen etwa auch praktisch-religiöse, theologische oder finanzgeschichtliche Quellen umfasse.

„Krieg“ wurde bei dem Workshop keineswegs nur als zwischenstaatlicher Zustand aufgefasst. Im Gegenteil spielten in den Überlegungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch Vorzeiten von Konflikten innerhalb von Gemeinwesen, also Bürger- und Konfessionskriege, eine herausragende Rolle. So befassten sich die ersten drei Vorträge mit dem 16. Jahrhundert und Quellen zu Vorkriegszeiten im Umfeld der Hugenottenkriege. DAVID EL KENZ (Dijon) ging in seinem Beitrag der grundlegenden Frage nach, welche Elemente aus der Sicht der Zeitgenossen Vorkriegszeiten überhaupt von Kriegszeiten unterscheiden. Diese Frage sei insbesondere mit Blick auf die acht Hugenottenkriege in Frankreich zwischen 1562 und 1598 aufschlussreich, die im Regelfall nicht durch Kriegserklärungen eingeleitet und jeweils nur durch kurze Friedenszeiten unterbrochen worden seien. So falle namentlich beim ersten Religionskrieg 1562 die Antwort auf die Frage nach dem einschneidenden Ereignis, das den Ausbruch des Krieges markiere, je nach Konfession anders aus. Diese unterschiedlichen Deutungen lassen El Kenz zufolge das sukzessive Abgleiten eines prekären Friedenszustandes in einen Kriegszustand deutlich werden. Diese Überlegungen illustrierte der Referent an einem zur Veröffentlichung bestimmten Brief Étienne Pasquiers, der die Bedrohung des Friedens im öffentlichen Raum durch die entfachten religiösen Leidenschaften im Paris der unmittelbaren Vorkriegszeit reflektiert. Pasquier selbst sprach sich in dieser Zeit, die El Kenz als „verdeckten“ Religionskrieg charakterisierte, dezidiert für eine konfessionelle Koexistenz (offensichtlich nach deutschem Vorbild) aus.

Als Teil seiner eigenen Handlungsoptionen betrachtete Pasquier also durchaus die Beeinflussung des ereignisgeschichtlichen Ablaufs im Sinne einer Deeskalation des sich aufstauenden Konfliktpotentials. Umso mehr gilt dies für die politisch führenden Akteure, die im Mittelpunkt der folgenden beiden Vorträge standen. MATTHIEU GELLARD (Paris) präsentierte mehrere Beispiele aus der amtlichen Korrespondenz Katharina von Medicis, die zeitlich von 1562 bis 1585 reichen. Damit wurden hier gleich mehrere Vorkriegszeiten behandelt. Als roter Faden lasse sich in diesen an die Protagonisten der einzelnen Faktionen gerichteten Briefen der Verhandlungswille ausmachen.

Einen anderen Quellentypus stellte TATIANA DEBBAGI-BARANOVA (Paris) vor: Die gedruckte Erklärung Heinrichs IV. als König von Navarra, mit der dieser 1585 auf die Vorwürfe seiner Gegner antwortete. Darin lasse sich einerseits der Versuch zur Beilegung des Konflikts, andererseits aber auch eine Art Ultimatum Heinrichs an seine Widersacher sehen, so die Referentin. Auf der Grundlage des für die frühneuzeitliche Fürstengesellschaft charakteristischen Ehrkonzepts entwickelt Heinrich in diesem ausführlichen (knapp fünfzig Druckseiten umfassenden) Dokument eine Reihe friedlicher Lösungsmöglichkeiten, darunter zur Vermeidung eines allgemeinen Waffenganges auch ein Duell mit dem Herzog von Guise. Darin sah Debbagi-Baranova vermutlich zu Recht eine Parallele zur Herausforderung Franz‘ I. durch Karl V. in Rom ein halbes Jahrhundert zuvor. Eine eventuelle Ablehnung seiner Vorschläge diente jedoch zugleich der Legitimierung eines künftigen Krieges, sodass Elemente zur Friedenswahrung und Kriegsvorbereitung sich in der Argumentation Heinrichs geradezu polyvalent miteinander verbinden und die Offenheit der Erwartungshaltungen widerspiegeln.

Von der Bühne der Hugenottenkriege im französischen 16. Jahrhundert führte der Beitrag von MARION BRÉTÉCHÉ (Paris) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anschließend auf das europäische Parkett des heraufziehenden Spanischen Erbfolgekrieges. Im Mittelpunkt stand die Analyse der Kriegserwartungen in vier französischsprachigen Periodika vom Oktober 1700, also dem unmittelbaren Vorfeld des Todes Karls II. von Spanien, bis zum Januar 1702, als die wenige Monate zuvor abgeschlossene Große Allianz für die Zeitgenossen zu einer politischen Realität geworden war. Bei den behandelten Periodika handelte es sich um „Mercures“, die im Gegensatz zu den auf eine reine Berichterstattung beschränkten „Gazettes“, einen analytischen Journalismus vertreten. In drei der untersuchten Periodika, die sämtlich in Holland erschienen, lässt sich Brétéché zufolge die mediale Konstruktion eines unmittelbar bevorstehenden, durch Ludwig XIV. verursachten Kriegsausbruches erkennen, während das vierte, in Paris publizierte Periodikum, der „Mercure galant“, ganz im Gegensatz dazu keinerlei Kriegserwartungen widerspiegele, sondern Ludwig XIV. als Friedensgaranten stilisiere.

Die Konstruktion von Kriegserwartungen zeigt sich mithin nicht nur als konfessionell, sondern auch politisch gefärbt und beeinflusst durch das Medium ihrer Verbreitung, das jeweilige Zielpublikum und die Verfasserintention. Im Anschluss an diesen Tour d’horizon, der vom 16. ins 18. Jahrhundert und vom französischen Bürger- zum europäischen Mächtekrieg geführt hatte, nahmen sich die folgenden sechs Referate näherhin des 17. Jahrhunderts mit seiner geradezu sprichwörtlichen Kriegsverdichtung an. Zunächst ergriff wiederum ALBERT SCHIRRMEISTER (Paris) das Wort, der mit Pierre de L’Estoile einen der bedeutendsten französischen Memorialisten um 1600 und mit dem weniger bekannten Historiographen Jean-Baptiste Legrain zwei recht unterschiedliche Autoren aus der weiteren Vorkriegszeit des Dreißigjährigen Krieges herausgriff. Im Mittelpunkt stand hierbei jedoch ein letztlich nicht ausgebrochener Krieg in der ersten Dekade des 17. Jahrhunderts, über den in den analysierten Schriften gleichwohl eine Reihe aufschlussreicher Erwartungshaltungen formuliert wird. So lässt sich nach Schirrmeister bei L’Estoile etwa die Erfahrung der französischen Religionskriege als Grundlage seiner Erwartungen bezüglich eines künftigen Konflikts ausmachen. Neben den politischen Vorzeichen einer drohenden Gewalteskalation vor dem Hintergrund der vielfältigen Spannungen in Europa in der Herrschaftszeit Heinrichs IV. spiele in diesen Texten auch die Interpretation von Naturereignissen eine die jeweilige Erwartungshaltung charakterisierende Rolle. In diesem Zusammenhang stellte sich im Vortrag wie auch in der Diskussion die grundsätzliche Frage nach der Verwendung bzw. Bedeutung erzähltechnischer oder stilistischer Elemente wie beispielsweise des Metapher-Gebrauchs.

Den Weg von der Vorkriegszeit in den Krieg beschritt SVEN EXTERNBRINK (Heidelberg) mit seinem Vortrag über Richelieus Memorandum für Ludwig XIII. vom 13. April 1630, welches im Anschluss an die Eroberung Pinerolos verfasst wurde. Obgleich dieses Dokument also eine Situationsanalyse im Krieg darstellt, werden darin auch zukünftige Kriegszeiten und Konfliktszenarien antizipiert. Der Kardinal spricht sich für die Einbehaltung Pinerolos aus, weil damit dem französischen König die Rolle des Arbiters zumindest in Italien zufalle. Konkret stand hinter diesen Aussichten die Frage nach einer direkten Intervention Ludwigs XIII. in Savoyen, zu der Richelieu den Monarchen offensichtlich bewegen wollte. In der Diskussion wies Christian Jouhaud einerseits auf die Kontextgebundenheit der Darstellung des Kardinals hin, sodass für eine Beurteilung der Politik seines Gegenspielers Michel de Marillac unbedingt weitere Quellen hinzuzuziehen seien. Andererseits unterstrich Jouhaud den modellhaften Charakter derartiger Memoranden Richelieus, die den Diplomaten im 19. Jahrhundert zum Vorbild für die Anfertigung politischer Analysen gedient hätten.

Wurden in den bisherigen Beiträgen Schriften politischer Akteure und die politische Publizistik mit ihren je spezifischen Deutungsproblemen thematisiert, so stand im Mittelpunkt des Referates von NICOLAS SCHAPIRA (Marne-la-Vallée) mit dem Tagebuch des Kaufmanns Jean de Maillefer aus Reims ein privates, nicht zur Publikation oder zum politischen Gebrauch bestimmtes Dokument. In diesem Text erweise sich die Vorkriegszeit des Niederländischen Krieges, näherhin die Jahre 1670 bis 1672, als autonome Zeitspanne, die bestimmte Erwartungshaltungen des Verfassers reflektiere. Der Darstellung Maillefers zufolge hatten die Handlungen der Akteure im wirtschaftlichen Bereich den Kriegsausbruch bereits antizipiert, der Handel sei schon 1670 weitgehend zum Erliegen gekommen. Dennoch hielt Maillefer selbst, der sich eigentlich als gut unterrichteter Leser von Büchern und Zeitungen zeigt, einen Krieg für unwahrscheinlich und korrigierte diese Einschätzung erst nach der erfolgten Kriegserklärung. Schapira stellte im Verfassen des Tagebuchs selbst eine Erwartungshandlung Maillefers fest. Dieses Tagebuch greife als eine wesentliche Thematik die Beziehungen zwischen Krieg und Handel auf, der Autor interpretiere in diesem Zusammenhang das 17. Jahrhundert als „eisernes“, das heißt durch den Krieg geprägtes Zeitalter.

Eine weitere Quellengattung nahm DINAH RIBARD (Paris) mit den Mazarinaden in den Blick. Sie widmete sich einer Anfang 1649, vor dem Frieden von Saint-Germain-en-Laye im März des Jahres publizierten Liedsammlung, deren Texte im Wesentlichen gegen Mazarin und die Regierung, in einem Fall jedoch auch gegen das Parlament gerichtet sind. Diese Lieder verbanden Informationen über den Ablauf der Ereignisse mit einer Deutung der Vorkommnisse und trugen selbst zu einer Historisierung der Fronde bei, noch während die Akteure auf den Frieden und ein anschließendes Wiederaufflammen des Bürgerkrieges zusteuerten.

Eine gänzlich aus der Nachkriegszeit heraus konstruierte Vorkriegserfahrung präsentierte CHRISTIAN JOUHAUD (Paris) anhand der Darstellung des „avant-guerre“ in der Freigrafschaft Burgund in den Memoiren Ludwigs XIV. Das Ziel dieses kollektiv verfassten, aber die Fiktion eines allein schreibenden Königs aufrecht erhaltenden Textes habe darin bestanden, eine aus monarchischer Sicht „wirksame“ Deutung der Zeitgeschichte zu liefern. Dem entspricht die Darstellung des Königs als allein beobachtenden, bewertenden und legitim sowie effektiv handelnden Subjekts. Durch die Technik der Dissimulation und ihre Enthüllung beweist der Monarch darüber hinaus seine deutungs- und sinnstiftende Macht.

Von den politischen Akteuren zu einem Militär leitete schließlich HERVÉ DRÉVILLON (Paris) über, der sich Vaubans „Dissertation sur les projets de la campagne prochaine en Piémont“ von 1696 annahm. Damit stellt sich wieder die Frage nach der Bedeutung Pinerolos für die französische Politik, die Vauban anders bewertet als Richelieu und in dieser Festung ein Faustpfand sieht, einen guten Frieden zu erreichen. Ähnlich wie Richelieus Memorandum von 1630 wurde Vaubans „Dissertation“ im Krieg verfasst, genauerhin gegen Ende des Pfälzischen Krieges (französisch „guerre de la Ligue d’Augsbourg“). Der Krieg erscheint jedoch als eine Reihe jeweils durch den Winter unterbrochener Feldzüge. Vaubans Text reflektiert also die zeitgenössischen Erwartungshaltungen hinsichtlich des künftigen Feldzuges, die auf einer eingehenden Analyse historischer Erfahrungen basieren und so ein rationales Verhältnis zwischen Erfahrung und Erwartung herstellen.

In der Schlussdiskussion wurde gerade das Fallbeispiel Pinerolo als Kristallisationskern gewürdigt, anhand dessen sich diffuse Zukunftserwartungen konkretisierten und möglichen zukünftigen Entwicklungen durch die Zeitgenossen ein bestimmter Grad an Wahrscheinlichkeit zugewiesen werden konnte. Insgesamt kreiste die Diskussion zum einen um den Faktor „Temporalität“ mit der in den Quellen reflektierten Erwartungshaltung, zum anderen um das Verhältnis von Vorkriegssituationen und Vorkriegshandeln. Eine Intention der Texte habe offensichtlich häufig darin bestanden, sowohl die Zukunft als auch den Krieg als beherrschbar erscheinen zu lassen. Während das Schreiben in Vorkriegszeiten allgemein eine fiktionale Antizipation der Zukunft deutlich werden lasse, bedürfe die unterschiedliche Positionierung der jeweiligen Akteure (politisch Handelnde, professionelle Publizisten oder Journalisten, politisch informierte Bürger wie beispielweise Kaufleute etc.) einer eingehenderen Untersuchung. Als offener Punkt wurde ferner die Feindesangst als Erwartungshaltung benannt. Eine Fortführung der Diskussion über die bei diesem Workshop aufgeworfenen Fragen ist in einem ähnlichen Format vorgesehen.

Konferenzübersicht:

Thomas Maissen (Deutsches Historisches Institut Paris), Begrüßung

Albert Schirrmeister (École des hautes études en sciences sociales, Centre de recherches historiques, Paris), Thematische Einführung

David El Kenz (Université de Bourgogne, Dijon), Les prémices de la première guerre civile de religion d’après les lettres historiques d’Étienne Pasquier

Matthieu Gellard (Université de Paris-Sorbonne), Négocier avec acharnement. Catherine de Médicis à la veille des guerres civiles

Tatiana Debbagi-Baranova (Université de Paris-Sorbonne), "Déclaration du roy de Navarre sur les calomnies publiées contre luy" (1585)

Marion Brétéché (Université de Paris-Sorbonne), De la mort de Charles II à la guerre de succession d’Espagne: l’horizon de la guerre et son "pronostic" dans la presse francophone (Hollande, France)

Albert Schirrmeister (École des hautes études en sciences sociales, centre de recherches historiques, Paris), La grande guerre qui n’a pas eu lieu: Pierre de L’Étoile et Jean-Baptiste Legrain

Sven Externbrink (Universität Heidelberg), Le mémorandum du cardinal de Richelieu du 13 avril 1630

Nicolas Schapira (Université de Marne-la-Vallée), Jean Maillefer et les prémices de la guerre de Hollande (1670-1672)

Dinah Ribard (École des hautes études en sciences sociales, centre de recherches historiques, Paris), "Recueil de toutes les chansons mazarinistes" (1649)

Christian Jouhaud (École des hautes études en sciences sociales, centre de recherches historiques, Paris), Les Mémoires de Louis XIV et l’avant-guerre en Franche-Comté

Hervé Drévillon (Université de Panthéon-Sorbonne), Marquis de Vauban: "Dissertation sur les projets de la campagne prochaine en Piémont" (1696)

Albert Schirrmeister (École des hautes études en sciences sociales, centre de recherches historiques, Paris), Schlussdiskussion (Moderation)

Anmerkungen:
1 Vgl. Johannes Burkhardt, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität Europas, in: Zeitschrift für Historische Forschung 24 (1997), S. 509-574.
2 Vgl. ursprünglich Reinhart Koselleck, „Erfahrungsraum“ und „Erwartungshorizont“: zwei historische Kategorien, in: Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt, hrsg. von Ulrich Engelhardt [u.a.], Stuttgart 1976, S. 13-33.


Redaktion
Veröffentlicht am
Beiträger
Klassifikation
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Französisch
Sprache des Berichts