M. Durham u.a. (Hrsg.): New Perspectives on the Transnational Right

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Titel
New Perspectives on the Transnational Right.


Herausgeber
Durham, Martin; Power, Margaret
Reihe
Palgrave MacMillan Transnational History
Erschienen
Basingstoke 2010: Palgrave Macmillan
Anzahl Seiten
194 S.
Preis
€ 59,31
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Wolfgang Wippermann, Freie Universität Berlin

„How exactly we might define the Right remains a matter of great controversy“ – räumen die Herausgeber des Sammelbandes, der Senior Lecturer für Politik an der University of Wolverhampton Martin Durham und die Geschichtsprofessorin am Illinois Institute of Technology Margaret Power, in ihrer Einleitung ein. Da haben sie Recht. Ihre Definition der Rechten ist kritikwürdig.

Zur Rechten zählen sie nämlich alle Ideologien, Parteien und Staaten, die seit der Französischen Revolution die Ungleichheit verteidigen und sich gegen Liberalismus, Sozialismus, Kommunismus sowie nach dem Ende des Kalten Krieges gegen Feministinnen, Homosexuelle, Muslime und den liberalen Staat wenden. Da dies sowohl auf konservative wie faschistische, rechte und rechtsextremistische Ideologien, Parteien und Staaten zutrifft, werden Faschismus, Konservativismus, Rechtsextremismus etc. nicht von einander differenziert. Nutzen und Nachteile dieser konkurrierenden politischen Begriffe werden noch nicht einmal diskutiert. Das geht nicht.

Doch das scheint Durham und Power nicht zu stören. Unter Verweis auf Benedict Andersons Begriff der erfundenen, bzw. imaginierten Nation erfinden sie einfach den Begriff der „transnationalen Rechten“. „Transnational“ sollen rechte Bewegungen sein, die nicht nur in einer Nation, aber auch nicht überall auf der Welt auftreten, weshalb sie keinen „globalen“ oder „internationalen“ Charakter haben. Das ist etwas kühn.

Die theoretische Klammer des Sammelbandes erscheint brüchig zu sein. Er enthält Beiträge zu sehr unterschiedlichen rechten Bewegungen in verschiedenen Ländern und Zeiten:
Markku Rutosila analysiert einige antikommunistische bzw. antibolschewistische Bewegungen, die unmittelbar nach der bolschewistischen Revolution entstanden und zu einer transnationalen Bekämpfung des Bolschewismus aufriefen. Arnd Bauerkämper behandelt den Faschismus der Zwischenkriegszeit und die Bestrebungen eine Faschistische Internationale ins Leben zu rufen. Patrick J. Furlong beschäftigt sich mit der südafrikanischen Rechten. Dazu zählt er nicht nur die „National Party“ der Buren, sondern auch die verschiedenen kleineren südafrikanischen Parteien, die Verbindungen mit ausländischen rechten Parteien und Regimen aufnahmen. Unter anderem mit der Christlichen Rechten in den USA, dem Pinochet-Regime in Chile und der Stroessner-Diktatur in Paraguay. Margaret Power skizziert die Geschichte einer konservativ katholischen antikommunistischen Bewegung, die in den 1960er Jahren in Brasilien entstand und sich unter dem bezeichnenden Namen „Tradition, Family and Property“ (TEP) in verschiedenen süd- und dann auch nordamerikanischen Ländern ausbreitete. Heute soll die TEP über 24 Schwester-Organisationen auf sechs Kontinenten verfügen. Gokhan Bacik wendet sich der türkischen „National Action Party“ NAP ( bzw. türkisch „MHP“) zu, die temporär auch unter den Auslands-Türken agitiert hat. In einem relativ kurzen Beitrag behandeln die Herausgeber Martin Durham und Margaret Power die – nach einem Hotel auf einem Schweizer Berg – so genannte „Mont Pelerin Society“, die sich zunächst für die Wiedereinführung der Freien Marktwirtschaft in Chile eingesetzt hat, um sich dann gegen alle als kommunistisch denunzierte Feinde der kapitalistischen Wirtschaftsform zu wenden. Unter der gut gewählten Überschrift „White Hands across the Atlantic“ untersucht Martin Durham die Ausbreitung der rassistische Rock-Musik, der rassistischen Religion und des Holocaust-Revisionismus durch verschiedene neonazistische Gruppen in den USA und Europa. Sie werden hier zur „Extreme Right“ gezählt, was nicht begründet wird. Der letzte Beitrag von Kristin Blakely ist der kanadischen rechten Bewegung der „Real Women in Canada“ und ihren globalen Aktivitäten gewidmet.

Alle Beiträge sind gut geschrieben und gut belegt und enthalten viele Informationen, die sicherlich für viele neu sind. Doch werden damit wirklich „neue Perspektiven auf die transnationale Rechte“ geworfen? Das ist zu bezweifeln. Das gesamte Phänomen transnationale Rechte wird nicht nur unzureichend definiert, seine Existenz und seine Abgrenzung von anderen – Faschismus, Konservativismus, Rechtsextremismus und nicht zuletzt Fundamentalismus – wird nicht hinreichend begründet. Zu loben ist aber der transnationale Zugriff. Er ist zwar nicht unbedingt neu, weil in der internationalen Faschismus- und Nationalismusforschung schon seit längerem angewandt, auf jeden Fall aber eine bedenkenswerte Alternative zu singularisierenden Betrachtungsweisen des Nationalsozialismus und des Holocausts. Andererseits ist immer wieder daran zu erinnern, dass es „verschiedene Wege“ gibt, die „nach Rom“ und zur historischen Erkenntnis führen. Doch das ist nicht nur ein anderes, sondern auch ein „weites Feld.“

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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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