STADION. Internationale Zeitschrift für Geschichte des Sports 48 (2024) 1

Titel der Ausgabe 
STADION. Internationale Zeitschrift für Geschichte des Sports 48 (2024) 1

Erschienen
Baden-Baden 2024: Nomos Verlag
Erscheint 
halbjährlich
Anzahl Seiten
149
Preis
Jahresabo inkl. Online-Zugriff: privat € 54,00; inst. € 129,00; Einzelhefte Print € 30,00

 

Schriftleitung STADION

Manfred Lämmer
Institution
STADION. Internationale Zeitschrift für Geschichte des Sports – International Journal of the History of Sport – Revue Internationale d’Histoire du Sport
Abteilung
Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Sportgeschichte,
Land
Deutschland
PLZ
50933
Ort
Köln
Straße
Am Sportpark Müngersdorf 6
Von
Markwart Herzog, Direktion, Schwabenakademie Irsee

Editorial der Herausgeber

Mit vier Beiträgen und sechs Buchbesprechungen, verfasst von renommierten Autoren, deckt die erste STADION-Ausgabe 2024 ein weites Feld sporthistorischer Themen ab.
Matthias Marschik (Wien) erörtert am Beispiel der Wiener Arbeiter-Olympiade von 1931 Ziele und Selbstverständnis einer proletarischen Bewegung, in der die Körperkultur und der Sport einer parteipolitischen Agenda unterworfen wurden. In die Parteistrukturen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs und die Kultur des Austromarxismus eingebettet, wollte der österreichische Arbeitersport eine Alternative zu einem zunehmend kommerzialisierten, auf Höchstleistung, Rekorde und Konkurrenz, Vergnügen und Unterhaltung setzenden „bürgerlichen“ Sport etablieren, blieb diesem jedoch hoffnungslos unterlegen, so imposant der mit der Veranstaltung im Stadtbild Wiens inszenierte „Rhythmus der Massen“ auch gewesen sein mag. Schon vor Jahrzehnten hatte der Autor überzeugend dargelegt, dass der „Nutzen der Unterhaltung“, den der Sport erbringt, nicht zu unterschätzen ist1.

Volker Kluge (Oberbarnim), einer der weltweit führenden Olympia-Historiker, rekonstruiert den märchenhaften Aufstieg Finnlands zu einer sportlichen Großmacht im 20. Jahrhundert, die sogar politische Großmächte wie die USA oder die UdSSR herauszufordern verstand. Die Sportler der nur 3,5 Millionen Bürger zählenden Nation vermochten es, von Seiten des Staates strategisch gefördert, durch systematisches Training, materielle Anreize, modernste Erkenntnisse der Sportmedizin und Praktiken der Physiotherapie, Talentsuche und -förderung den Zenit olympischen Erfolgs zu erreichen. Namen von Stars wie Paavo Johannes Nurmi, Hannes Kolehmainen oder Vilho Eino „Ville“ Ritola stehen exemplarisch für diesen überraschenden Befund.

Einer der ganz wenigen Spezialisten für die Geschichte des Handballs in Deutschland, Erik Eggers (Kellinghusen), zeichnet en détail die Vorgeschichte der Wiederaufnahme des Handballs in das Programm der Olympischen Spiele nach, die auf der 63. Session des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Oktober 1965 in Madrid beschlossen und bei den Spielen 1972 in München erstmals realisiert wurde. Bemerkenswert sind dabei die Befunde des Autors über die wirtschafts- und militärhistorischen Hintergründe, die zu dieser Entscheidung geführt hatten. Demzufolge waren es nicht zuletzt die wachsende nordamerikanische Dominanz im globalen Sportbusiness und eine erfolgreiche Taktik des US-Handball-Verbandes, der im Vorfeld der olympischen Premiere und im Kontext des Vietnam-Krieges eine höchst ungewöhnliche Kooperation mit dem US-Verteidigungsministerium Pentagon einging.

Michael Krüger (Münster) untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Sport und internationaler Friedensbewegung seit der Gründung der Olympischen Spiele der Neuzeit durch Pierre de Coubertin. Er analysiert das Verständnis von Frieden im Sport der Olympischen Bewegung und die Veränderungen, die es im Lauf der Geschichte erfahren hat. Das Besondere des Friedenskonzepts im olympischen Sport besteht, wie der Autor herausstreicht, demzufolge darin, dass es auf Stärke und Kraft, Kampf und Wettbewerb beruht und sich darin von anderen Vorstellungen von Frieden markant unterscheidet.

Im Rückblick auf die zweite STADION-Ausgabe 2023 sei angemerkt, dass der in ihr veröffentlichten, ebenso quellengesättigten wie umfänglichen Studie von Peter Tauber zum Deutschen Turnfest 1923 das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL einen ausführlichen Bericht gewidmet hat2.

In den vergangenen Monaten sind darüber hinaus vier STADION-Sonderbände erschienen, die von Abonnenten unserer Zeitschrift beim Nomos-Verlag zum Sonderpreis bezogen werden können. Es handelt sich um die Veröffentlichung der für den Druck überarbeiteten Resultate wissenschaftlicher Konferenzen an der Universität Stuttgart über interdisziplinäre Zugänge zur Geschichte des Fußballs3, an der Universität Graz über Sport als Medium des Strebens nach Ruhm und Ehre, Reichtum und Profit von der Antike bis in die Gegenwart4 und an der Schwabenakademie Irsee über die Kulturgeschichte des Badens und Schwimmens5 sowie die Geschichte der deutsch-französischen Sportbeziehungen6.

Anmerkungen
1 Matthias Marschik, Vom Nutzen der Unterhaltung: Der Wiener Fußball in der NS-Zeit zwischen Vereinnahmung und Resistenz, Wien: Turia + Kant, 1998.
2 Andreas Meyhoff, Deutsches Turnfest 1923: Als Hitler den Sport entdeckte. Vor 100 Jahren versuchten die Nationalsozialisten, das Deutsche Turnfest zu kapern. Eine neue Untersuchung zeigt, wie nachhaltig das Großevent den „Führer“ der Partei prägte, in: DER SPIEGEL, Nr. 46, 11. November 2023, 94–95.
3 Wolfram Pyta (Hrsg.), Ballgewinn: Interdisziplinäre Zugänge zur Geschichte des Fußballs (STADION-Sonderband 2), Baden-Baden: Academia bei Nomos, 2023.
4 Walter M. Iber, Johannes Gießauf, Harald Knoll und Peter Mauritsch (Hrsg.), Sport, Prestige, Profit: Historische Betrachtungen zum Run auf Ruhm und Reichtum (STADION-Sonderband 3), Academia bei Nomos: Baden-Baden, 2024.
5 Markwart Herzog und Michael Krüger (Hrsg.), Schwimmen: Wellness – Kunst – Sport (STADION-Sonderband 4), Baden-Baden: Academia bei Nomos, 2024.
6 Philipp Didion, André Gounot, Dietmar Hüser und Manfred Lämmer (Hrsg.), Sport – Frankreich – Deutschland: Transnationale Perspektiven in Geschichte und Gegenwart / Sport – France – Allemagne: Histoire et présent dans une perspective transnationale (STADION-Sonderband 5), Baden-Baden: Academia bei Nomos, 2024.

Inhaltsverzeichnis

Editorial
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 3–4, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-3

Abstracts

Matthias Marschik, „Rhythmus der Masse“: Die Wiener Arbeiter-Olympiade von 1931
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 5–31, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-5
The three “Workers’ Olympiads” of the interwar period were not primarily about “sport”. Rather, the ideas and ideals of socialism were to be transferred to the world of sport and, at the same time, the culture of movement was to be integrated into a world on the road to socialism. In view of the enthusiasm, at least among male workers, for supposedly apolitical bourgeois sport and supposedly global Olympism, in competition with a nationalist “Turner”-movement and in constant internal conflicts between workers’ culture and workers’ movement culture, between theoretical claims and the practical adoption of a bourgeois sporting canon, this meant an almost impossible undertaking, which was implemented very differently in these three events. The euphoria and hope for the future in Frankfurt (1925) was followed by a defensive mood of “¡No pasarán!” at the third edition planned for 1937 in Barcelona and finally held in Antwerp. The following article therefore focuses on the 2nd Workers’ Olympiad, which was held in Vienna in 1931: It was not only the largest event, but also the one in which the message of organized workers’ sport, the presentation of the metaphorical ideal of an individual and collective workers’ body, was most clearly realized. – Keywords: Worker’s movement; worker’s culture; sport; Olympism; interwar years; internationalism; sport and politics; Vienna.

Volker Kluge, Olympische Spiele Paris 1924: „Wunderläufer“ machen das kleine Finnland zu einer sportlichen Großmacht
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 32–75, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-32
With the exception of Brazil’s football star Pele, probably no nation has been more identified with an athlete than little Finland, which produced the “Flying Finn” Paavo Nurmi. 100 years ago, he won five gold medals at the 1924 Olympic Games in Paris. Subsequently, monuments were erected to him, and the German sculptress Renée Sintenis dedicated a statuette to him. His picture adorns Finnish banknotes, coins, and stamps. A Berlin primary school and an asteroid bear his name, and a street was named after him. A gelding called “Nurmi” was the Olympic champion in the Three-Day Event (Military).
What was the secret of this taciturn athlete, who gave virtually no interviews, but who was able to enthral the North American continent with his performances? What characterised Finnish sport, which, with its extraordinary Olympic successes, was also utilised by politicians for foreign policy and economic interests? – Keywords: Paavo Nurmi; Ville Ritola; Paris 1924; Lauri Pihkala.

Erik Eggers, Schicksalstage in Madrid: Zur olympischen Renaissance des Handballs
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 76–98, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-76
After its premiere at the 1936 Olympic Games in Berlin, Handball was no longer part of the Olympic Program after the Second World War. This was due to the handball’s image as a “Nazi-sport” and its lack of popularity outside of Europe. The members of the International Olympic Committee (IOC) were only convinced by the establishment of the United States Team Handball Association (USTHF) – and even more so by two exhibitions at the 63rd IOC Session in Madrid 1965, in which the two teams involved, host Spain and the Federal Republic Germany, at the request of International Handball Federation, simulated sporting equality. – Keywords: Handball; International Handball Federation (IHF); United States Team Handball Federation (USTHF); Handball World Championships 1963 and 1964; International Olympic Committee (IOC); Olympic program; Olympic Games 1972; sport development aid; Pentagon.

Michael Krüger, Zur Genese der Friedensidee im Sport
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 99–124, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-99
The idea of peace in sport dates back to Pierre de Coubertin and the founding of the Olympic Games in modern times. It has been reaffirmed ever since and can be found in the current version of the Olympic Charter. Olympic sport should contribute to the creation of a “peaceful society”. The article systematically discusses the specific concept of peace in (Olympic) sport and also analyses the changes it has undergone historically. The specificity of the concept of peace in Olympic sport is that it is based on strength and competition. The agonistic nature of sport is the basis for peace and fairness. Peace in and through sport is only possible in freedom. – Keywords: Peace; Olympism; Pierre de Coubertin; agonality; fairness.

Reviews
E. John B. Allen, Traveling the Old Ski Tracks of New England. Amherst, MA: Bright Leaf, University of Massachusetts Press, 2022 (Annette R. Hofmann)
Dieter Vaupel, Radsport im Nationalsozialismus: Ein fast vergessenes Kapitel der deutschen Sportgeschichte. Bielefeld: Die Werkstatt, 2023 (Stephan Klemm)
Erik Eggers, Das Goldene Buch des deutschen Handballs. Kellinghusen: Eriks Buchregal, 2023 (Detlef Kuhlmann)
Friederike Trotier, Nation, City, Arena: Sports Events, Nation Building and City Politics in Indonesia. Copenhagen: NIAS Press, 2021 (Jürgen Mittag)
Stefan Hübner, Pan-Asian Sports and the Emergence of Modern Asia 1913–1974. Singapur: NUS Press, 2018 (Jürgen Mittag)
Philipp Ellrich, Die sportliche Handlung: Zur Erzählung und Inszenierung einer sozio-kulturellen Praxis. Bielefeld: transcript, 2023 (Sven Güldenpfennig)
Stadion, Bd. 48, 1/2024, S. 125–149, DOI: 10.5771/0172-4029-2024-1-125

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