Osteuropa 53 (2003), 12

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Osteuropa 53 (2003), 12
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Schwerpunkt: Die Virulenz der Stereotypen. Antisemitismus, Nationalstaat und kollektive Gewalt.

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Jahresabo 79 €, Einzelheft 9,50 €, Doppelhefte je nach Umfang zwischen 18 € und 28 €

 

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Osteuropa
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Deutschland
c/o
Redaktion „Osteuropa“ Dr. Manfred Sapper, Dr. Volker Weichsel, Dr. Andrea Huterer, Olga Radetzkaja, Margrit Breuer Schaperstraße 30 10719 Berlin Tel. 030/30 10 45 - 81 / 82 Fax 030/21 47 84 14 E-mail: osteuropa@dgo-online.org
Von
gebert@dgo-online.org

Inhaltsverzeichnis und Abstracts

Inhaltsverzeichnis

Osteuropa 53. Jahrgang, 12/2003

Inhaltsverzeichnis

Rainer Lindner: Im Reich der Zeichen. Osteuropäische Geschichte als Kulturgeschichte, S. 1757

Susan Stewart: Modell Ukraine? Thesen zum ethnopolitischen Frieden, S. 1772

Schwerpunkt: Die Virulenz der Stereotypen. Antisemitismus, Nationalstaat und kollektive Gewalt.

Zur Einführung, S. 1790

Dietrich Beyrau: Alte Vorurteile und neue Chancen. Die Juden in den russischen Streitkräften 1900 bis 1926, S. 1793

Christoph Mick: Ethnische Gewalt und Pogrome in Lemberg 1914 und 1941, S. 1810

Bogdan Musial: Indigener Judenhaß und die deutsche Kriegsmaschine. Der Nordosten Polens im Sommer 194, S. 1830

Bernhard Chiari: Der polnische Widerstand und die Juden. Anmerkungen zum Diskurs über den Zweiten Weltkrieg, S. 1842

Abstracts

Rainer Lindner: Im Reich der Zeichen. Osteuropäische Geschichte als Kulturgeschichte.
Osteuropäische Geschichte als Disziplin ist im Wandel begriffen. Vor-schnelle Kritiker sahen ihre Bedeutung schwinden, als nach dem Ende des Ost-West-Konflikts der Untersuchungsraum an politischer Relevanz verlor. Einsparungen und Kürzungen in Forschung und Lehre waren die Folge. Die deutschsprachige Forschung hat darauf mit einer Quellen- und Methodenoffensive reagiert. Die Gleichzeitigkeit von Archivrevolution und cultural turn hat diese Offensive beflügelt. Der vorliegende Aufsatz zieht eine Zwischenbilanz der kulturgeschichtlich inspirierten Osteuropaforschung. Am Beispiel der russischen und der sowjetischen Geschichte werden Themen, Fragestellungen und Erkenntnisse diskutiert.

Susan Stewart: Modell Ukraine? Thesen zum ethnopolitischen Frieden.
Der Beitrag untersucht, weshalb ethnopolitische Konflikte in der Ukraine nach 1990 nicht eskaliert sind. Sechs Faktoren haben das Mobilisierungsniveau der ethnischen Gruppen der Ungarn, Rumänen, Krimtataren und Russen beeinflußt: die staatliche Nationalitätenpolitik, eine von den Gruppen wahrgenommene kollektive Benachteiligung, der Gruppenzusammenhalt, die Gruppenidentität, internationale Unterstützung und die ökonomische Entwicklung der Ukraine sowie ihrer Nachbarstaaten. Dabei wirkten diese Faktoren nicht einheitlich, sondern variierten je nach Gruppe und Politikfeld.

Dietrich Beyrau: Alte Vorurteile und neue Chancen. Die Juden in den russischen Streitkräften 1900 bis 1926.
Antisemitismus und Judenfeindschaft existierten in den russischen Streitkräften in verschiedenen Erscheinungsformen. Vor 1914 ging es darum, die "Wehrwürdigkeit" der Juden "wissenschaftlich" nachzuweisen oder zu bestreiten. Obwohl die alten Vorurteile gegen die Juden die Revolution und den Bürgerkrieg überdauerten, hatten es die Bevölkerung und die Streitkräfte auf bolschewistischer Seite nun mit Juden nicht mehr nur als Objekten der Stigmatisierung und Gewalt, sondern als Repräsentanten einer oft genug brutalen Staatsgewalt zu tun. Die mentalen Strukturen, welche die neue Ordnung mit ihrer Kampf- und Feindrhetorik etablierte, blieben offen für ein Denken und Handeln, in die antisemitische Stereotype wieder Eingang finden konnten.

Christoph Mick: Ethnische Gewalt und Pogrome in Lemberg 1914 und 1941.
Zwei Pogrome werden untersucht, die am Ende des Ersten Weltkriegs und zu Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges in Lemberg stattfanden. Im November 1918 stammten die Täter vorwiegend aus der polnischen, im Juli 1941 hauptsächlich aus der ukrainischen Bevölkerung. Die Pogromisten klagten die Juden jeweils an, sich zuvor feindlich verhalten zu haben. Während die polnische Regierung 1918 den Pogrom verurteilte, war der um vieles blutigere Pogrom von 1941 Teil des nationalsozialistischen Mordplans und bildete den Auftakt des Völkermords.

Bogdan Musial: Indigener Judenhaß und die deutsche Kriegsmaschine.
Der Nordosten Polens im Sommer 1941
Im Sommer 1941 kam es in zahlreichen Städten und Dörfern Osteuropas, die gerade von der Wehrmacht besetzt worden waren, zu blutigen Pogromen und Massakern an Juden. Täter waren deutsche Soldaten und Polizisten, insbesondere Angehörige der berüchtigten Einsatzgruppen, sowie Teile der einheimischen nichtjüdischen Bevölkerung: Letten, Litauer, Polen, Ukrainer und Rumänen. Die Hauptursache für diese Gewaltwelle liegt im fatalen Zusammenwirken von indigenem Judenhaß, der sich unter sowjetischer Besatzung radikalisierte, und dem planmäßigen Vorgehen der deutschen Besatzer. Dies wird an den Ereignissen im Nordosten Polens deutlich.

Bernhard Chiari: Der polnische Widerstand und die Juden. Anmerkungen zum Diskurs über den Zweiten Weltkrieg
Der Holocaust vollzog sich vor den Augen der polnischen Kriegsgesellschaft. Juden wie Polen waren Ziel der systematischen Vernichtung durch die deutsche Besatzungsmacht. Der Beitrag untersucht das ambivalente polnische Verhältnis zu den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus anhand aktueller historischer Textbeispiele. Diese betreffen die polnische Heimatarmee, sind aber Teil eines Diskurses über den polnischen Widerstand insgesamt.

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