Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 54 (2006), 3

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 54 (2006), 3
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2006: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 58 €, Stud.abo: 38 € Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 52,80 €, Online-Zugang: 58 €

 

Kontakt

Institution
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München, vfz@ifz-muenchen.de
Von
Jaroschka, Gabriele

Liebe Listenmitglieder,

die neueste Ausgabe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte ist soeben erschienen.

Alle Mitglieder historischer und politikwisschaftlicher Fachverbände möchten wir auf unser Vorzugsabonnement zum Preis von € 52,80 (gegenüber dem Normalpreis von € 58,-) hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Jaroschka
Oldenbourg Wissenschaftsverlag

Inhaltsverzeichnis

Aufsätze

Andreas Rödder: Das "Modell Deutschland" zwischen Erfolgsgeschichte und Verfallsdiagnose

Die publizistische Krisendiagnose des ‚deutschen Patienten' am Beginn des 21. Jahrhunderts steht im Widerspruch zum traditionellen Narrativ der ‚Erfolgsgeschichte' des ‚Modelle Deutschland', das sich aus dem politisch-gesellschaftlichen Diskurs in die Geschichtswissenschaft hinein fortgesetzt hat. Eine Bestandsaufnahme wesentlicher Entwicklungen der bundesdeutschen Geschichte - vom Verhältnis von Wirtschaft und Staat über den Sozialstaat, die demographische Entwicklung, Sozialstruktur und Sozialkultur bis hin zur Verfassung und dem politischen System sowie der Außenpolitik - bilanziert Aktiva und Passiva, letztere vor allem im Hinblick auf die langfristige Sicherung der Aktiva. Dabei hat das Narrativ der Erfolgsgeschichte, als Element von kollektiver Selbstzufriedenheit, selbst dazu beigetragen, das "Modell Deutschland" an den Scheideweg seiner Überlebensfähigkeit zu führen. Weder als teleologische Erfolgs- noch als Verfallsgeschichte, ist die Geschichte der Bundesrepublik vielmehr als eine ergebnisoffene Geschichte der Ambivalenzen zu schreiben.

Eva Ingeborg Fleischhauer: Rathenau in Rapallo. Eine notwendige Korrektur des Forschungsstandes

Der Vertrag von Rapallo, am 16. April 1922 während der Internationalen Konferenz von Genua von Reichsaußenminister Walther Rathenau und dem Volkskommissar für Äußeres der RSFSR, Georgij W. Tschitscherin, unterzeichnet, veränderte die europäische Nachkriegsordnung. Das bolschewistische Russland schied aus dem Kreise der reparationsberechtigten Mächte aus und wurde von Deutschland de jure anerkannt. Rechtfertigungsbestrebungen der deutschen Regierung und Geschichtsforschung ließen die sog. Rapallo-Ära in der Folge im Lichte eines mehr oder minder fruchtbaren Verhältnisses der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit beider Staaten aufscheinen; der Mythos vom Geist von Rapallo umschrieb einen von dem Prinzip des Pazifismus geprägten politisch-kulturellen Neubeginn Ost- und Mitteleuropas.
Diese Mythenbildung hat die Historiographie beider Länder für acht Jahrzehnte über einen gänzlich ungenügenden Quellenstand hinweggetäuscht: Die vorbereitende Planung und begleitende Korrespondenz dieses Vertrags unterlagen auf beiden Seiten strengster Geheimhaltung. Konkrete Hinweise auf jene Vorgänge, die zum Zustandekommen des Vertrags von Rapallo führten, fanden sich auf russischer Seite nicht. Auf deutscher Seite existierte eine einzige substantielle Quelle - die Aufzeichnungen des damaligen Leiters der Ostabteilung des Auswärtigen Amts, Ago von Maltzan. Im Lichte des heutigen Kenntnisstandes werden die wirklichen Intentionen, die zum Abschluß dieses Vertrags führen, mit dieser Quelle eher verschleiert als offenbart. Bei Hinzuziehung ungenutzter Materialien in- und ausländischer Provenienz bestätigen sich ältere Vermutungen von Zeitzeugen und Historikern, nach denen der Rapallo-Vertrag primär das Produkt militärpolitischer Revisionspläne war. Insofern kann er fast als Vorstufe zum Hitler-Stalin-Pakt gelten. Die gegenläufige, friedenssichernde Initiative Rathenaus erlosch spätestens mit seiner Ermordung.

Albert Fischer: Verfolgung, Selbsthilfe, Liquidation: Jüdische Genossenschaftsbanken im nationalsozialistischen Deutschland 1933-1938

Die jüdischen Privatbanken und ihr Schicksal während des "Dritten Reiches" stehen seit jeher im Blickpunkt von Wissenschaft und Öffentlichkeit. Gänzlich unbeachtet geblieben sind bislang die jüdischen Genossenschaftsbanken. Dabei spiegelt sich gerade in ihrer Geschichte augenfällig das Los der jüdischen Minderheit während der Dreißigerjahre wider, und das meint hier vor allem den ökonomischen Verdrängungsprozess, die Vertreibung der Juden aus der deutschen Wirtschaft. Dies in doppelter Hinsicht: Zum einen, weil sich die jüdischen Genossenschaftsbanken ebenso wie alle anderen jüdischen Unternehmen und Gewerbetreibenden nach der "Machtergreifung" einer wachsenden Diskriminierung ausgesetzt sahen; zum anderen, weil speziell ihre Geschäftsentwicklung die sich stetig verschärfende Situation der gesamten jüdischen Bevölkerung vor Augen führt. Die Geschäftsvolumina stiegen nämlich rasch an; und sie stiegen deshalb rasch an, weil immer mehr Juden in ihren bisherigen Hausbanken nicht mehr "erwünscht" waren. Die Situation der jüdischen Genossenschaftsbanken verschlechterte sich gleichwohl rapide. Sie fanden sich bald unter dem doppelten Druck eines sich prononciert antijüdisch gebärdenden "deutschen" Genossenschaftswesens und eines schlussendlich den Wünschen der radikal antisemitischen Mitglieder des Regimes willig Folge leistenden Reichswirtschaftsministeriums. 1938 wurden sie in die Liquidation genötigt.

Mathieu L. L. Segers: Zwischen Pax Americana und Pakt Atomica. Das deutsch-amerikanische Verhältnis während der EURATOM-Verhandlungen 1955-1957

Die amerikanisch-deutsche Beziehungen während der EURATOM-Verhandlungen sind kaum erforscht worden. Die wichtigste Erklärung dafür ist, dass der EWG, aus dem anderen der zwei Römischen Verträge entstanden, eine viel größere Bedeutung zugeteilt wurde. Auch wird häufig die These aufgestellt, dass für die westeuropäische Zusammenarbeit in der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre schlechthin die Behauptung zutrifft, dass die Vereinigten Staaten nicht länger als der allmächtige Außenstehende betrachtet werden müssen. Dieses Bild trifft nicht genau zu. Gerade EURATOM wurde meistens als der Wichtigste der zwei Verträge betrachtet. Die amerikanisch-deutschen Beziehungen während der EURATOM-Verhandlungen wurden durch intensiven diplomatischen Verkehr gekennzeichnet. Das State Department mischte sich direkt mit dem westdeutschen Standpunkt ein. Außerdem hatte die amerikanische Außenpolitik einen indirekten, aber entscheidenden Einfluss auf die westdeutsche Stellungnahme. Ausschlaggebend war das Misstrauen, das die amerikanische Regierung mit dem Radford-Plan bei Bundeskanzler Adenauer schürte. Die Beweggründe von Adenauer um die westdeutsche Position im Herbst 1956 in wesentlichem Maße an den französischen Standpunkt anzugleichen standen im direkten Zusammenhang mit dem Wunsch Adenauers Atomwaffen für die Bundesrepublik zu erlangen um Schutz zu gewähren gegen einem Pakt Atomica der Supermächte.

Dokumentation

Andreas Hilger: Sowjetische Justiz und Kriegsverbrechen. Dokumente zu den Veruteilungen deutscher Kriegsgefangener, 1941-1949

Auch wenn die sowjetische Justiz unter Stalin den zahlenmäßig größten Anteil an der alliierten Verfolgung nationalsozialistischer Kriegs- und Gewaltverbrechen hatte, so konnte sie doch keinen entscheidenden Beitrag zu deren Aufklärung und Ahndung leisten. Die vorgelegten Materialien zur Entscheidungsfindung, Untersuchungsführung und Verfahrensplanung sowjetischer Behörden dokumentieren die grundsätzliche Ambivalenz stalinistischer Prozesse. Das sowjetische Bestreben, die massenhaften Kriegs- und Gewaltverbrechen zu sühnen, wurde zum Einen durch inkompetentes Untersuchungs- und Justizpersonal behindert. Wichtiger war, dass strafpolitische Erwägungen im Zeichen der innen- und außenpolitischen Restalinisierung frühzeitig von außerjustitiellen Gesichtspunkten überwölbt und auf Dauer bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wurden.
Die Dokumente zeichnen die Methoden und Auswirkungen der korrespondierenden Justizlenkung detailliert nach. Im Ergebnis der politischen Instrumentalisierung war die individuelle Schuld von Angeklagten ebenso sekundär wie das konkrete Leid der Opfer. Im Vordergrund der sowjetischen Justizpolitik stand vielmehr das stalinistisch definierte Staatsinteresse, das deutsche Verbrechen im Licht des neuen Kalten Kriegs sowie traditioneller, ideologischer Gewissheiten interpretierte.

Notiz

Michael Schwartz und Hermann Wentker: Erinnerungspolitik auf dem Holzweg. Zu den Empfehlungen der Expertenkommission für eine künftige "Aufarbeitung der SED-Diktatur"

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