Internationale Politik 61 (2006), 11

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Internationale Politik 61 (2006), 11
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Megastädte

Erschienen
Frankfurt am Main 2006: Societäts Verlag
Erscheint 
Erscheinungsweise: deutsch (monatlich), russisch (monatlich), englisch (vierteljährlich)
ISBN
4196721509956
Anzahl Seiten
144 S.
Preis
€ 9,95

 

Kontakt

Institution
Internationale Politik
Land
Deutschland
c/o
Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. Rauchstraße 17-18 10787 Berlin Tel.: +49-(0)30-25 42 31-46 Fax: +49-(0)30-25 42 31-67
Von
IP

Megastädte
Das Jahr 2007, so schreibt die Direktorin von UN-HABITAT, Anna Tibaijuka, in dieser Ausgabe, wird für die Menschheit eine große historische Zäsur markieren: Nach Berechnungen des Siedlungsprogramms der Vereinten Nationen wird dann erstmals in der Geschichte des Homo sapiens sapiens die Hälfte aller Erdbewohner in Städten leben. Bis zur Mitte des Jahrhunderts dürfte das nach wissenschaftlichen Prognosen sogar für zwei Drittel der Weltbevölkerung zutreffen. Vor allem in Asien und Afrika werden Megastädte – nach der UN-Definition Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern – und sogar Hyperstädte, Agglomerationen von 20, 30 und mehr Millionen Menschen, wuchern: meist Quadratkilometer um Quadratkilometer von Slums. Sind solche Gebilde noch regierbar? Können sie ihre sozialen, sanitären, ihre Umwelt-, Müll-, Verkehrs- und Versorgungsprobleme noch lösen? Oder anders gefragt: Wächst dort die Wut auf den reichen Teil der Welt, dessen eigene Megastädte immer mehr zu den Knotenpunkten des Globalisierungsnetzes werden, mächtigen Wirtschafts- und Handelszentren, deren Bedeutung die der Nationalstaaten womöglich schon übersteigt? In den Städten wird sich unsere Zukunft entscheiden. „Wir müssen die Stadt des 21. Jahrhunderts neu erfinden“, fordert Wolfgang Nowak, Sprecher der Geschäftsführung der Alfred Herrhausen Gesellschaft für internationalen Dialog, in dieser IP. Die Herrhausen Stiftung untersucht – gemeinsam mit der London School of Economics und einem internationalen Expertenteam – seit zwei Jahren Lage und Zukunft der Metropolen zu Beginn des neuen Jahrtausends. Unter dem Titel „Urban Age“ haben Konferenzen in New York, Schanghai, London, Mexico City, Halle und Johannesburg stattgefunden; daraus hat sich ein grenzüberschreitendes Netzwerk von Wissenschaftlern, Architekten und Stadtplanern entwickelt, die an Zukunftskonzepten für die Städte von morgen arbeiten. Am 10. und 11. November wird in Berlin ein „Urban Age Summit“ veranstaltet, auf dem die Ergebnisse der Konferenzreihe vorgestellt werden. Die IP präsentiert einige wesentliche Beiträge zum Thema.
Sabine Rosenbladt, Chefredakteurin

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Megastädte
6 Wolfgang Nowak
Am Anfang war die Stadt
Ausgerechnet die wachsenden Megastädte bedeuten den Niedergang urbaner Kultur

Manche Städte und manche Stadtteile wirken schon heute wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen eines Niedergangs der Stadt in immer größer werdenden Agglomerationen. Deshalb gilt es, die Stadt des 21. Jahrhunderts neu zu erfinden – damit sie der Motor der menschlichen Entwicklung bleibt und nicht zu ihrem Endpunkt wird.

9 Anna Tibaijuka
Schwierige neue Welt
Düstere Prognosen: Fast ein Drittel der Menschheit wird bald in Slums leben

Wie der jüngste UN-HABITAT-Report zeigt, entwickeln sich vor allem in Asien und Afrika Agglomerationen so gigantischen Ausmaßes, dass sie den Namen „Hyperstädte“ verdienen. Diese riesigen urbanen Knotenpunkte mit ihren von Millionen Menschen besiedelten Slums regier- und bewohnbar zu machen, ist die Herausforderung des 21. Jahrhunderts.
18 Frauke Kraas und Ulrich Nitschke
Megastädte als Motoren globalen Wandels
Die Welt wird Stadt: neue Herausförderungen der Globalisierung

Die Welt wird Stadt, die Stadt wird zur Welt: Als wirtschaftliche Knotenpunkte, politische Steuerungszentralen und Anziehungspunkte von Millionen wachsen die Megastädte zu mächtigen Akteuren heran, die dem globalen Wandel unterliegen wie ihn bestimmen –
mit Auswirkungen, noch grösser als denen der industriellen Revolution.
30 Josef Ackermann
Stadt contra Staat – eine neue Hierarchie?
Urbane Ballungsräume sind noch keine eigenständigen internationalen Akteure

Die Urbanisierung der Welt schreitet unaufhaltsam voran: Überall entstehen immer gewaltigere Agglomerationsräume, bereits die Hälfte der Menschheit lebt heute in Metropolen und städtischen Ballungszentren. Die Wirtschaftskraft solcher Zentren liegt deutlich über der mancher Nationalstaaten. Damit wächst auch ihr politisches Gewicht. Das macht sie jedoch noch nicht zu eigenständigen internationalen Akteuren.

38 Gunnar Folke Schuppert
Rivalität und Symbiose
Sind Städte und Nationalstaaten koexistierende oder konkurrierende Governancezentren?

Mittelalterliche Städtebünde wie die Hanse oder Stadtstaaten wie Venedig waren schon dank ihrer Funktion als Finanz- und Handelszentren zugleich auch Governancezentren mit ausgeprägten Ordnungsfunktionen. In heutigen Metropolregionen verdichten sich die Governanceprobleme moderner Gesellschaften wie unter einem Brennglas.
44 Xiangming Chen
Fragile Balance
Chinas boomende Städte fordern den kommunistisch regierten Zentralstaat heraus

Seit den achtziger Jahren wurden etliche chinesische
Städte zu Sonderwirtschaftszonen mit weitgehenden Autonomierechten
erklärt. Der heutige wirtschaftliche Aufstieg Chinas beruht weitgehend auf
diesem Erfolgsmodell. Doch die neu gewonnene Macht der Städte und Regionen
stellt die Regierung in Peking vor Legitimationsprobleme.

50 Deyan Sudjic
Laboratorien des Postnationalismus
Der multiethnische Kosmopolitismus der Megastädte ist wegweisend für die Menschheit

Megastädte sind mehr als gigantische Verdichtungsräume: Sie spielen eine äußerst komplexe Rolle in der vernetzten Welt der Globalisierung. Diese hochspezialisierten Wirtschaftszentren beziehen ihre Vitalität, ihre Innovationskraft und ihre intellektuelle Potenz aus ihrer Heterogenität – im Gegensatz zu Nationalstaaten. Städte sind älter, aber „moderner“.

Internationale Politik
58 INTERVENTIONEN
Friedensexport oder Feuerwehreinsätze? von Michael Brzoska
Für künftige Friedensmissionen müssen neue Konzepte erarbeitet werden

Zahlreiche Friedensmissionen der letzten Jahre haben
bewaffnete Konflikte und Kriege durchaus erfolgreich beenden können.
Aber dieser Erfolg war oft nicht von Dauer. Wie sieht die Zukunft aus,
wenn nicht unbegrenzt weitere Mittel für solche Einsätze zur Verfügung
stehen? Neue Ansätze der Friedenskonsolidierung sind gefragt.

68 KONGO
„Freiwillige vor!“ von Peter Schmidt
Führungsrolle wider Willen: Die Bundeswehr und ihr Einsatz im Kongo

Nach großem Zögern schickte der Bundestag im Juli Truppen in den Kongo und beugte sich damit dem Druck der Partnerländer. Doch wirft die zuvor auf EU-Ebene ausgehandelte Entscheidung Fragen nach dem Ob und Wie künftiger Kriseneinsätze auf – und erfordert von deutscher Seite die rechtzeitige Abwägung nationaler Interessen und Lasten.
78 AFRIKA-INITIATIVE
Deutschland: ratlos in Afrika von Peter Molt
EU und G-8 wollen sich stärker in Afrika engagieren - welche Rolle spielt Deutschland dabei?

Ob die Afrika-Initiative der G-8 und die neue Afrika-Strategie
der EU deutschen Interessen dienen, ist unklar. Doch kann Deutschland
die Chance nutzen, dass es in Afrika nicht – wie Frankreich, Großbritannien
oder die USA – partikulare Interessen vertritt; und es kann über zivilgesellschaftliche
Kontakte Stabilität und Demokratisierung fördern.

90 MIGRATION UND BILDUNG
Integration ist Integration ist Integration von Britta Schellenberg
Deutschlands Einwanderungs- und Integrationspolitik ist dramatisch gescheitert

Schüler mit Migrationshintergrund erbringen deutlich
schlechtere Leistungen als ihre deutschen Altersgenossen. Die Politik muss
endlich umfassende Maßnahmen ergreifen, vor allem im Grund- und
Hauptschulbereich, damit Eingliederung in Berufswelt und Gesellschaft
besser gelingen und Bildung kein Privileg der Bessergestellten bleibt.

100 BIOWAFFEN
Die Zukunft des B-Waffen-Verbots von Sascha Lange und Oliver Thränert
Die EU muss die Vorreiterrolle bei der Stärkung des Biowaffen-Verbots spielen

Obwohl vor allem die Biotechnologie in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte gemacht hat und die Herstellung ganz neuer Biowaffen droht, steht die Stärkung des B-Waffen-Verbots nicht
vorn auf der Agenda der USA und anderer Vertragsstaaten. Daher muss die Europäische Union die Rolle des Vorreiters übernehmen.

108 NATO-GIPFEL IN RIGA
Mehr Hügelkuppe als Gipfel von Michael Rühle
Die Relevanz der NATO bemisst sich allein an ihrer Leistungsfähigkeit

Der erste NATO-Gipfel in einem ehemals sowjetischen Land
wird sich operativen Fragen widmen und keine spektakulären öffentlichen
Höhepunkte produzieren. Aber angesichts ihrer wachsenden Aufgabenlast
wird vor allem die operative Leistungsfähigkeit der Allianz in konkreten
Einsätzen über die Zukunftsfähigkeit des Bündnisses entscheiden.

116 JAPAN
Kontinuität im Wechsel von Heinrich Kreft
Nach den Wahlen: Das alternde Land steht vor ähnlichen Problemen wie Deutschland

POLENBILDER
Europa oder Kaczy?ski? von Basil Kerski
Polens Intellektuelle definieren die Wertegrundlagen für Europa und die eigene Nation

128 BUCHKRITIK von Klaus Voll, Martin Riexinger und Ingo Way
Hindu-Nationalismus und Wissensrevolution
Außerdem: das „Dritte Reich“ in Arabien und die Geschichte des Neokonservatismus

Kolumnen
56 WERKSTATT DEUTSCHLAND von Paul Nolte
... und die deutschen Städte?
Urbane Dynamik fehlt im Land der Kleinstädte und Fußgängerzonen

88 ÖKONOMIE von Birger P. Priddat
Ressource Aufmerksamkeit
Die Massenmedien betreiben Politik ohne Machtausübung

98 KULTUR von Lorenz Jäger
Deutschland ohne „Wallenstein“
Das politische Theater in Deutschland ist nur an der Oberfläche politisch

122 TECHNOLOGIE von Tom Schimmeck
Späte Vernunft – made in China
Dongtan bei Schanghai ist das Modell für die Öko-Stadt der Zukunft
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