Seit über 30 Jahren gibt es in den deutschen wie französischen Kultur- und Geisteswissenschaften das Bestreben, den Begriff der »Lesbarkeit« von seiner engen Bindung an den geschriebenen Text zu emanzipieren. Die vorliegende Ausgabe von Trivium lässt einige der maßgeblichen Stimmen in dieser Debatte zu Wort kommen. Auf der gemeinsamen Schnittfläche von Mikrohistorie, Semiologie, Psychoanalyse, Kulturgeschichte, Physiognomie und Mantik zeichnet sich ein neues und zugleich altes Verständnis des Lesens ab. Wenn sich in der Moderne die Frage nach dem Lesen von Spuren – und damit im weiteren Sinne von Indizien, Symptomen, Vorzeichen etc. – neu stellt, so wird damit an eine archaische Praxis des Lesens neu angeknüpft, welche uns vor das unabschließbare Problem der Lesbarkeit der Welt stellt.
EinleitungMuriel Pic et Emmanuel Alloa
Französische Übersetzungen
Hans Robert Jauss, Spur und Aura (Bemerkungen zu Walter Benjamins Passagen-Werk)
Sigrid Weigel, Aby Warburgs Schlangenritual. Korrespondenzen zwischen der Lektüre kultureller und geschriebener Texte
Wolfram Hogrebe, Mantik und Hermeneutik
Sybille Krämer, Was also ist eine Spur? Und worin besteht ihre epistemologische Rolle? Eine Bestandsaufnahme
Deutsche Übersetzungen
Michel de Certeau, Die absolute Lektüre: Theorie und Praxis der christlichen Mystiker im 16. und 17. Jahrhundert
Jean Bottéro, Die Traumdeutung im antiken Mesopotamien
Louis Marin, Im Laboratorium der Schrift-Figur
Georges Didi-Huberman, Hepatische Empathie: Die Affinität des Inkommensurablen nach Aby Warburg