Heroischen Figuren analytisch auf die Spur zu kommen, ist ein Unternehmen zwischen Herkules-Aufgabe und Sisyphus-Arbeit. Nicht weniger schwer zu fassen sind Antihelden. Bisher gibt es kaum eingehende Untersuchungen des Phänomens ‚Antiheld‘, seiner Genealogie und Reichweite, weshalb wir mit dieser Ausgabe von helden. heroes. héros ein bisher wenig bekanntes Territorium betreten, das viele Fragen aufwirft: Brauchen Antihelden immer Helden als Gegenfiguren? Geht es bei dieser Zuschreibung um die bloße Verneinung des Heroischen? Sind sie wie Helden Störenfriede der Ordnung, die Normen überschreiten und agonal handeln? Sind sie Figuren, die vor allem über ihre Rezeption gesteuert und geformt werden, das heißt durch ihre narrative und mediale Konstruktion und Vermittlung? Benötigen sie eine Gefolgschaft oder gar Verehrergemeinde? Wo werden diese für Helden konstitutiven Elemente abgewandelt und wo bilden sich spezifisch antiheroische Habitusmuster heraus?
INHALT
Editorial
Ann-Christin Bolay – Andreas Schlüter: Faszinosum Antiheld
Aufsätze
Ulrich Bröckling: Negationen des Heroischen – ein typologischer Versuch
Nora Weinelt: Zum dialektischen Verhältnis der Begriffe ‚Held‘ und ‚Antiheld‘. Eine Annäherung aus literaturwissenschaftlicher Perspektive
Dietmar Voss: Von Ahab zu Schwejk. Formen des Antihelden im Spannungsfeld problematischer Heldentypen der Moderne
Alice Spinelli: Der Antiheld Astolfo und die Entheroisierung der Ritterepik zwischen Mittelalter und Renaissance
Amélie Richeux: Kriminalität und Heroismus. Die Darstellung und [Anti-]Heroisierung des Kriminellen in den ‚Causes célèbres‘ im Frankreich des 19. Jahrhunderts
Andreas J. Haller: „That dirty little coward“. Die Verkehrung des Heroischen in Ron Hansens The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford [1983]
Jörn Münkner: Wer spricht von Heldentum? Überstehn ist alles. Ein deutscher und ein polnischer Antiheld in der literarischen Imagination nach dem Zweiten Weltkrieg
Stefanie Lethbridge: Girl on Fire. Antihero, Hero, Hunger Games
Heike Schwarz: „I used to know the words“. Woody Allens Blue Jasmine als psychopathologische, ambivalente Antiheldin
Christiane Hadamitzky: A Non-hero Gone Wild. Ben Stiller’s Adaptation of The Secret Life of Walter Mitty
Friederike Richter: Böse Blicke, Gift und Feuer. Drachenkämpfe am Beispiel der isländischen Gǫngu-Hrólfs saga sowie von Thors Fischzug
Andreas Gelz – Katharina Helm – Hans W. Hubert – Benjamin Marquart – Jakob Willis: Phänomene der Deheroisierung in Vormoderne und Moderne
Kleine Beiträge und Rezensionen
Reinhard Nachtigal – Konstantin Stenin: Gawriil Chruschtschow-Sokolnikows Wunder-Recke. Eine heroische Version von Kleists Novelle Die Marquise von O…?
Martin Dorka Moreno: Fragmented History – Shared Memory. Neil MacGregor: Germany. Memories of a Nation – Exhibition, Book, Radio Show (London)