Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 63 (2015), 2

Titel der Ausgabe 
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 63 (2015), 2
Weiterer Titel 

Erschienen
München 2015: Oldenbourg Verlag
Erscheint 
vierteljährlich
Preis
Jahresabo: 59,80€, Stud.abo: 34,80€ Mitgl.abo. hist. u pol. Fachverbände: 49,80€, Online-Zugang: 49€, Print+Online-Abo 72€

 

Kontakt

Institution
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
Land
Deutschland
c/o
Redaktion Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte Institut für Zeitgeschichte, Leonrodstraße 46b, 80636 München, vfz@ifz-muenchen.de
Von
Institut für Zeitgeschichte

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

Aufsätze

Michael Epkenhans
Der Erste Weltkrieg – Jahrestagsgedenken, neue Forschungen und Debatten einhundert Jahre nach seinem Beginn

Isabelle Davion
Das System der kollektiven Sicherheit im Praxistest
Polen und die Tschechoslowakei im Völkerbund

Jens van Scherpenberg
Hjalmar Schacht, Enrico Mattei und Bayerns Anschluss an das Ölzeitalter

Diskussionen

Knut Borchardt
Eine Alternative zu Brünings Sparkurs?
Zu Paul Köppens Erfindung französischer Kreditangebote

Roman Köster
Keine Zwangslagen?
Anmerkungen zu einer neuen Debatte über die deutsche Wirtschaftspolitik in der Großen Depression

Dokumentation

André Postert und Rainer Orth
Franz von Papen an Adolf Hitler
Briefe im Sommer 1934

Notiz

Neunte Aldersbacher Schreib-Praxis. Ein anwendungsorientiertes Seminar des Instituts für Zeitgeschichte und des Verlags De Gruyter Oldenbourg (7. bis 11. September 2015)

Abstracts Aprilheft 2015 – deutsch

Michael Epkenhans, Der Erste Weltkrieg – Jahrestagsgedenken, neue Forschungen und Debatten einhundert Jahre nach seinem Beginn

Das Jahr 2014 stand ganz im Zeichen des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg. Am Beispiel öffentlicher Gedenkveranstaltungen, der Auseinandersetzungen unter Historikern über die Ursachen des Krieges und ausgewählter neuer Publikationen zeichnet der Beitrag die verschiedenen Formen des Gedenkens, die von Politikern und Historikern dabei vermittelten Botschaften und den Stand der Forschung nach. Im Mittelpunkt steht jedoch die Analyse der großen Studien von Christopher Clark und Jörn Leonhard, Herfried Münkler und Oliver Janz. Diese haben unser Wissen über Ursachen, Verlauf und Folgen des Krieges erheblich erweitert. So groß die Resonanz der Öffentlichkeit auf die Neuerscheinungen jedoch auch war, so wenig sollten Historiker sich dazu verleiten lassen, mit ihren Büchern zugleich auch in gegenwärtige politische Debatten einzugreifen.

Isabelle Davion, Das System der kollektiven Sicherheit im Praxistest. Polen und die Tschechoslowakei im Völkerbund

Nach dem ersten Weltkrieg waren die Nachfolgestaaten der zerfallenen Kaiserreiche zuerst skeptisch, was die neue Weltordnung der „kollektiven Sicherheit“ betraf. Bald lernten sie, sie zu nutzen, und entwickelten ihre eigene Praxis auf diesem Gebiet. In ihrer Suche nach ihrem Status in den europäischen Beziehungen geschah es, dass Polen und die Tschechoslowakei ihre Konflikte miteinander auf die Genfer Bühne brachten, also gerade den Ort, an dem nationale Interessen eigentlich zurückzustehen hatten. Indem man den Pfaden dieser beiden Staaten im Völkerbund folgt, ist es möglich, sowohl die Zweideutigkeiten als auch die große Flexibilität dieses neuen internationalen Systems zu beleuchten.

Jens van Scherpenberg, Hjalmar Schacht, Enrico Mattei und Bayerns Anschluss an das Ölzeitalter

Vor gut 50 Jahren gingen im Raum Ingolstadt die ersten Raffinerien auf bayerischem Boden in Betrieb – Bayern erhielt dadurch entscheidende Impulse für seine Wandlung vom Agrar- zum Industrieland. Dass der Präsident des italienischen Ölkonzerns ENI, Enrico Mattei, mit seinen Expansionsplänen nach Süddeutschland Anstoßgeber für diese Entwicklung und dass ihm Hjalmar Schacht für diese Pläne ein wichtiger Mittelsmann war, ist bekannt. Doch ist diese Geschichte bislang vornehmlich aus bayerischer Perspektive erzählt worden. Für Mattei und Schacht hingegen sollten ihre bayerischen Pläne einem weit höheren Ziel dienen. Ihnen ging es um die wirtschaftliche Emanzipation Italiens und der Bundesrepublik als Verlierernationen des Krieges aus der Dominanz der Westmächte, wie sie sich gerade auf den Ölmärkten durch die beherrschende Stellung der angloamerikanischen Ölkonzerne geltend machte. Diese „strategische Perspektive“ von Mattei und Schacht war Grundlage ihrer mehrjährigen engen Geschäftsfreundschaft, zugleich aber auch eine Ursache für das betriebswirtschaftliche Fiasko, in das der Vorstoß nach Bayern für die ENI mündete, wie Jens van Scherpenberg anhand der bislang unerschlossenen Akten Schachts aus den Jahren 1957 – 1964 zeigt.

Knut Borchardt, Eine Alternative zu Brünings Sparpolitik ? Zu Paul Köppens Erfindung französischer Kreditangebote

Im Juli-Heft 2014 der VfZ hat Paul Köppen behauptet, Heinrich Brüning habe 1930 französische Kreditangebote abgelehnt, obwohl, ja weil diese ihm einen weniger restriktiven Kurs seiner Haushaltspolitik erlaubt hätten. Weit ausgreifend befasst er sich mit den seiner Meinung nach maßgeblichen Motiven des Kanzlers für dessen angebliche Ablehnung von Krediten. Tatsächlich hat es derartige Angebote nicht gegeben. Köppens Behauptung beruht auf einem Irrtum in der Sache und erstaunlichen Auslassungen bei der Wiedergabe des Berichteten in seinem Hauptzeugnis. In Wahrheit ist von deutscher Regierungsseite 1930/31 sogar wiederholt Interesse an französischen Krediten für das Reich bekundet worden, von einem Fall abgesehen ergebnislos. Es gibt keinen Beweis dafür, dass Frankreich bereit und in der Lage gewesen wäre, Brüning einen fiskalpolitischen Strategiewechsel zu ermöglichen.

Roman Köster, Keine Zwangslagen? Anmerkungen zu einer neuen Debatte über die deutsche Wirtschaftspolitik in der Großen Depression

Der Artikel beschäftigt sich mit den in den letzten Ausgaben der Vierteljahrshefte erschienenen Beiträgen von Paul Köppen und Tim B. Müller, die sich kritisch mit der Wirtschaftspolitik der Regierung Brüning während der „Großen Depression“ auseinandergesetzt haben. Letztere war bereits in den 1980er und 1990er Jahren Gegenstand der sogenannte Borchardt-Debatte um Handlungsspielräume der Wirtschaftspolitik in der Krise. Es wird diskutiert, welche neuen Argumente die Artikel zu dieser Debatte beitragen und ob diese tragfähig erscheinen. Das Fazit fällt dabei allerdings recht kritisch aus: Eine Revision der Thesen Knut Borchardts von den „Zwangslagen“ der Wirtschaftspolitik können die Beiträge nicht leisten.

André Postert/Rainer Orth, Franz von Papen an Adolf Hitler. Briefe im Sommer 1934

Die folgende Dokumentation präsentiert eine Reihe von Briefen, die der konservative Politiker und Vizekanzler Franz von Papen an Adolf Hitler im Juni und Juli 1934 schrieb. Die ersten Schriftstücke der Sammlung verfasste Papen im Nachgang seiner berühmten „Marburger Rede“ vom 17. Juni 1934. Die weiteren Briefe stammen aus der Zeit unmittelbar nach den Mordaktionen im Zuge des sogenannten „Röhm-Putsches“. Vizekanzler Papen war zwischenzeitlich verhaftet, sein Ministerium zerschlagen und zwei seiner engsten Mitarbeiter ermordet worden. Die Autoren konnten die Entwürfe dieser Schreiben, die bislang lediglich in Auszügen veröffentlicht wurden, im russischen Militärarchiv in Moskau ausfindig machen. Papens Briefe an Hitler – um deren schriftliche Beantwortung sich der Diktator nicht bemühte – sind hier durch weitere zugehörige Dokumente ergänzt worden. Die vorliegende Quellensammlung bietet einmalige Möglichkeiten: zum einen gestattet sie, die Perspektive eines politischen Schlüsselakteurs einzunehmen, zum anderen wird jener selten quellenmäßig fundierte, unmittelbare Einblick in die dramatischen Ereignisse des Sommers 1934 gewährt.

Abstracts Aprilheft 2015 – englisch

Michael Epkenhans, The First World War – The Centenary Commemorations, New Research and Debates One Hundred Years After Its Beginning

The year 2014 was dominated by the commemoration of the outbreak of the Great War. By analyzing both public ceremonies commemorating this event and the debates about the origins of the war among historians as well as selected new publications, this article tries to describe the different forms of commemoration and of the messages politicians and historians tried to convey as well as the current state of research. The article, however, focusses on the analysis of the most important books published in 2014, namely those written by Christopher Clark and Jörn Leonhard, Herfried Münkler and Oliver Janz. These books have greatly enlarged our knowledge about the origins, the course and the consequences of the Great War. Though the public took a great interest in these new publications, historians should be very reluctant to intervene in present day political debates utilizing the content of their books.

Isabelle Davion, The System of Collective Security in Practice: Poland and Czechoslovakia in the League of Nations

After the First World War, the successor states of the fallen empires were at first suspicious about the new world order which was referred to as “Collective Security”. Soon they learned to make use of it, and developed their own practice in this field. Searching for their status within European relations, Poland and Czechoslovakia happened to bring their mutual conflicts to Geneva, the very place where national interests were supposed to be set aside. Thus, following the paths of these two states inside the League of Nations allows us to highlight the ambiguities of this new international system, as well as its great flexibility.

Jens van Scherpenberg, Hjalmar Schacht, Enrico Mattei and Bavaria’s Entry into the Age of Oil

When the first Bavarian refineries started to operate in the Ingolstadt region some 50 years ago, Bavaria received decisive impulses for its transformation from an agrarian region into a centre of modern industry. As is well known, the catalysts of this process were the plans to expand into Bavaria by the president of the Italian oil conglomerate ENI, Enrico Mattei, who in this matter relied on Hjalmar Schacht as an important intermediary. Up to now, this story has mostly been told from a Bavarian perspective. Both Mattei and Schacht were driven by the lofty ambitions of achieving the emancipation of Italy and Germany (the losers of the Second World War) from the domination of the Western powers as notably expressed in the preponderance of the large Anglo-American oil companies on the oil markets. This “strategic perspective” of Mattei and Schacht was the basis for their close business friendship of several years. At the same time it was also one of the reasons for ENI’s economic disaster resulting from the foray into Bavaria, which Jens van Scherpenberg demonstrates using hitherto unprocessed files of Hjalmar Schacht’s from 1957-1964.

Knut Borchardt, An Alternative to Brüning’s Austerity Policy? On Paul Köppen’s Invention of French Loan Offers

In the July 2014 issue of the VfZ, Paul Köppen claimed that Heinrich Brüning had rejected French loan offers in 1930 despite (indeed even: because) this would have allowed him to pursue a less restrictive course in fiscal policy. In a wide ranging manner, Köppen deals with the (in his opinion) decisive motives of the Chancellor in his supposed rejection of loans. Actually, there never were any such offers. Köppen’s assertions are based on factual errors and surprising omissions in his account of his main source. Actually, the German government repeatedly expressed its interest in French loans for the Reich in 1930/31 – in all cases except one, without results. There is no proof that France was willing and able to enable Brüning to change his strategy in fiscal policy.

Roman Köster, No Predicaments? Remarks on a New Debate on German Economic Policy during the Great Depression

The article deals with the contributions by Paul Köppen and Tim B. Müller, which appeared in the last issues of the Vierteljahrshefte. They both deal critically with the economic policies of the Brüning government during the Great Depression. This period was already the subject of the so-called Borchardt Debate during the 1980s and 1990s, which dealt with the room for manoeuvre available to economic policy during the crisis. It is discussed, what new arguments the articles contribute to this debate and whether these seem viable. The results are, however, rather critical: The new contributions are not capable of rendering a revision of the theses of Knut Borchardt on the “predicaments” of economic policy.

André Postert/Rainer Orth, Franz von Papen to Adolf Hitler. Letters in the Summer of 1934

The documentation presents a number of letters, which the conservative politician and Vice Chancellor Franz von Papen wrote to Adolf Hitler in June and July 1934. The first documents of the collection were composed by Papen after his famous “Marburg Speech” of 17 June 1934. Further letters stem from the time immediately after the murder actions in the context of the so-called Röhm Coup. Vice Chancellor Papen had in the meantime been temporarily arrested, his ministry had been dismantled, and his closest employee had been murdered. The authors were able to locate the drafts of these writings, which hitherto had only been published in excerpts, in the Military Archive (so-called Special Archive) in Moscow. Here, Papen’s letters to Hitler – which the dictator did not bother to answer – have been supplemented by other related documents. The presented collection of sources allows for direct insights into the dramatic events of the summer of 1934 and throws light on Papen’s self-perception.

Weitere Hefte ⇓
Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
rda_languageOfExpression_z6ann
Bestandsnachweise 0042-5702