Schwerpunkt in Heft 4/2015: Der Gewalt ins Auge sehen
Es gibt vieles, was die Pariser Vorortrevolten, den Terrorismus der RAF und den Entschluss junger Deutscher, sich in den Nahen Osten aufzumachen und für den IS in den Heiligen Krieg zu ziehen, voneinander unterscheidet. Aber gibt es auch etwas, das diese Phänomene verbindet?
In seinem Abschiedsvortrag für das Hamburger Institut für Sozialforschung wendet sich Jan Philipp Reemtsma unter dem Titel "Gewalt als attraktive Lebensform betrachtet" entschieden gegen eine Gewaltforschung, die Erklärungen begehrt und verborgene Gründe aufdecken will, statt das Offensichtliche zur Kenntnis zu nehmen: Die Zugehörigkeit zu Gewaltmilieus und die (kollektive) Ausübung von Gewalt bieten Gratifikationen, die in der bürgerlichen Gesellschaft ihresgleichen suchen.
Michael Wildt und Wolfgang Knöbl fragen in Reaktion auf Reemtsmas Vortrag: "Ist Gewalt historisierbar?" und "Ist Gewalt erklärbar?" Die Beschäftigung mit Gewalt verbindet auch alle weiteren Beiträge des Heftes.
INHALT
Editorial (S. 3)
Jan Philipp Reemtsma: Gewalt als attraktive Lebensform betrachtet. Ein Abschiedsvortrag für das Hamburger Institut (S. 4–16)
Michael Wildt: Ist Gewalt historisierbar? Erster Kommentar (S. 17–20)
Wolfgang Knöbl: Ist Gewalt erklärbar? Zweiter Kommentar (S. 21–24)
Patrick Wagner: Die letzte Schlacht der "alten Kämpfer". Isolation, Vergemeinschaftung und Gewalt nationalsozialistischer Aktivisten in den letzten Kriegsmonaten 1945 (S. 25–50)
Ulrike Jureit: Vom Ordnen der Zeit. Der 8. Mai 1945 als historische Zäsur (S. 51–63)
Flavio Eichmann: Weder Freiheit noch Gleichheit. Guadeloupe 1794–1801 (S. 64–85)
Matthias Häußler: Warum die Herero mit den Deutschen kooperierten. Zur "Pazifizierung" einer akephalen Gesellschaft (S. 86–108)
Aus der Protest-Chronik: 27. März 1952, München (S. 111–118)