Der vorliegende Band schildert die jüngere Vergangenheit der Stadt Linz als Geschichte der Zuwanderung. Er belegt, in welchem Ausmaß Linz schon vor hundert Jahren von Migration geprägt wurde. War es damals die Nahwanderung aus den benachbarten Regionen, so gewann die Fernwanderung durch die großen Flüchtlingsströme nach 1945 sowie später durch die Arbeitswanderung der „Gastarbeiter/innen“ an Bedeutung. Die Migrationspolitik und -debatten nicht nur der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart bilden den Rahmen des Buches. Michael John veranschaulicht nicht zuletzt anhand lebensgeschichtlicher Interviews, mit welchen Lebenswelten die zugewanderten Menschen konfrontiert waren, und wie sie letztlich auch die Identität der Stadt mitformten. Michael John ist Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Johannes Kepler Universität Linz.
Inhalt
KAISERZEIT
Um 1900 – Deutsche – Österreichische – Multiethnische Städte
Linz und Oberösterreich in der Spätgründerzeit
„Die deutsche Wacht an der Donau“
Nationalitätenkämpfe versus Multiethnizität – Krisen der Identität
Zur Konstruktion von Fremdheit
Übergangsjahre: Vom Kriegsausbruch bis 1920
ZWISCHENKRIEGSZEIT
Kontinuitäten – Diskontinuitäten: Die Zeit der Ersten Republik
Die städtische Bevölkerungsentwicklung 1920–1934
Wirtschaftskrise, „Judenfrage“ und Antisemitismus
Zwischenkriegsjahre: Vom Land in die Stadt – Mehr Frauen als Männer
Anti-Urbanität, Bettelmigration und „Landstreicherei“
NATIONALSOZIALISMUS
Verfolgung und Ausgrenzung der Juden, Roma und Sinti
Die „Führerstadt“ – Stadtwachstum und Stadtentwicklung
Ethnische Hierarchien, Zwangsarbeit und extreme Repression
NACHKRIEGSJAHRE, WIEDERAUFBAU UND WIRTSCHAFTSBOOM
Displaced Persons, „Volksdeutsche“ und Besatzungstruppen
Die Lager der jüdischen Displaced Persons in Linz– Separierte Lager für Juden – Parallelgesellschaften? – Jüdische DPs und DP-Lager in der Wahrnehmung
„Homogenisierung“ – die Jahre des „Wirtschaftswunders“ der 1950er und 1960er Jahre– Die Barackenlager – eine langfristige Erscheinung – Städtische Identität im Wiederaufbau – „bodenständig“ versus „fremd“ – Die Dominanz der Pendelwanderung
„GASTARBEITER“, FAMILIENNACHZUG, NEUE MIGRATION
Die Zuwanderung der „Gastarbeiter“ – Zur transnationalen Arbeitsmigration der 1960er, 1970er und 1980er Jahre– Arbeitskräftemangel und Hebung des Lebensstandards in Österreich – Bürgermeister Hillinger und die Arbeitsmigration – Veränderungen im Gefolge der Wirtschaftskrise
Die „Gastarbeiterzeit“ in der Erinnerung– „Gastarbeiterzuwanderung“ und „Golden Kreiskys“ – Differenzierte Erinnerungen – „Harte Zeiten“ – eine andere Erinnerungslandschaft
Der Fall des „Eisernen Vorhangs“: Vorgeschichte, Öffnung der Grenzen, Folgen– Krisen ab Mitte der achtziger Jahre – Nach dem „Fall des Eisernen Vorhangs“ – Das Neustadtviertel – ein Stadtteil als Symbol – Unsicherheit und Aggressionen – Zur Beschaffenheit des städtischen Klimas – Das jugoslawische Drama und die Auswirkungen – Gesellschaftliche Spannungen: Migranten und Migrantinnen als Subjekte der Entwicklung – Von Keynes zu neoliberal, Verdrängung und Rotation neu – Linz 1989 bis 2001 – eine wechselvolle Entwicklung im Spiegel der Statistik
IM 21. JAHRHUNDERT – PLURALITÄT UND AMBIVALENZ
Diversifizierung – Zuwanderung im beginnenden 21. Jahrhundert
Die regionale Zu- und Abwanderung im Raum Linz. Das Verhältnis Stadt – Land
Schulen – Kinder und Jugendliche im Spannungsfeld
Integrationspolitik – Integrationsbeirat – Zusammenleben
Jüngste Geschichte und Gegenwart – Kontinuitäten und Brüche
EIN FALLBEISPIEL ALS EPILOG
Geboren in Prag. Der Hundertjährige, der Bücher verkaufte und zum Linzer wurde. Eine biographische Skizze voller Ortswechsel– Von dannen gehen – Salzburg – Am richtigen Ort zur richtigen Zeit – Unterwegs und auf sich allein gestellt – Dann ist ja plötzlich alles anders gewesen – Wieder in Linz – Das war jetzt eine neue Welt – Ein Fallbeispiel ist ein Fallbeispiel