Provenienzforschung an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Provenienzforschung an den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen

Projektträger
Bayerische Staatsgemäldesammlungen ()
Ausrichter
Ort des Projektträgers
München
Land
Deutschland
Vom - Bis
01.04.2008 -
Von
Tine Nehler

Den Pinakotheken ist es ab sofort möglich, ein eigenständiges Referat für Provenienzforschung einzurichten.
Die Provenienzforschung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen erstreckt sich konkret auf Kunstwerke, die ab 1933 erworben bzw. inventarisiert wurden, die Besitzerwechsel zwischen 1933 und 1945 aufweisen und deren Provenienzen unklar sind. Dies können vor allem nicht nachvollziehbare Identitäten der ursprünglichen Besitzer, auffällig niedrige Ankaufspreise, Schenkungen, Überweisungen aus Staatsbesitz oder Namen von jüdischen Privatsammlern und Kunsthandlungen bzw. eindeutig in Raubkunst verstrickten Kunsthändlern und Vermittlern sein.
Die Staatsgemäldesammlungen folgen damit ihrer erklärten Verpflichtung, sich aktiv auf die Suche nach möglichen unrechtmäßigen Besitzverhältnissen zu begeben.

Das neu geschaffene Referat fokussiert die Geschichte der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in der Zeit des Nationalsozialismus und stellt die Rekonstruktion jüdischen Lebens in München unter dem Aspekt jüdischer Kunsthändler und Sammler in den Vordergrund der Recherchen. Insbesondere sollen die fast 800 in den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts aus NS Besitz (Parteikanzlei, Parteiforum, Parteibauten, Reichsleitung Berchtesgaden, Hermann Göring, Heinrich Hoffmann, Eva Braun, Martin Bormann u.a.) an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen überwiesenen Kunstwerke auf ihre Provenienz hin untersucht werden.

Vorrangigstes Ziel wird es sein, mit jüdischen Vorbesitzern und ihren Rechtsnachfolgern, die unter den damals herrschenden Umständen unrechtmäßig ihr Eigentum verloren haben, einen fairen Ausgleich zu finden.
Die von den Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 geraubten Kunstwerke aus Museen und Privatsammlungen wurden von amerikanischen Streitkräften nach Kriegsende in so genannten Central Collecting Points gesammelt und, so weit noch möglich, im Rahmen von Wiedergutmachungsverfahren zurückgegeben. Kunstwerke, deren Besitzer sich nicht mehr ermitteln ließen, gingen an die Treuhandverwaltung von Kulturgut beim Auswärtigen Amt, von wo aus der Restbestand über die Oberfinanzdirektion München Ende 1964 an deutsche Museen überwiesen wurde. 1998 griff die Washingtoner Conference on Holocaust-Era Assets das Thema »Provenienzforschung« auf und die 40 Teilnehmerstaaten beschlossen, von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Kunstwerke, die in der Folge nicht rückerstattet wurden, zu identifizieren.

Im Jahre 2000 erfolgte für die Münchner Pinakotheken die erste Restitution neueren Datums: der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen restituierte ein Gemälde von Leopold von Kalkreuth an die Nachfahren der einstigen jüdischen Besitzerin in Großbritannien und setzte damit ein Zeichen der Erinnerung an die begangenen Verbrechen.

Von 1999 bis 2002 verfügten die Staatsgemäldesammlungen über eine befristete Stelle, um die Erwerbungen des Hauses seit 1933 zu überprüfen. Zu den wichtigsten Ergebnissen aus dieser Zeit zählt die Publikation von Ilse von zur Mühlen zur Kunstsammlung Herrmann Görings. In den Folgejahren lag die Provenienzrecherche in der Zuständigkeit der jeweiligen Referate. Seit April dieses Jahres konnten die Pinakotheken nun glücklicherweise ein eigenständiges Referat für Provenienzforschung einrichten. Dieses wird von Andrea Christine Bambi verantwortlich geleitet.

Andrea Bambi, geborene Pophanken, hat Kunstgeschichte, Theaterwissenschaften und Neuere Deutsche Literatur in München studiert und mit einem Sammlerporträt über den Grafen Schack promoviert. Sie ist Konservatorin für die Münchner Pinakotheken und war als Forschungskoordinatorin und Pressereferentin am Kunsthistorischen Institut in Florenz tätig. Sie ist u.a. Herausgeberin des Bandes „Die Moderne und ihre Sammler“, der Porträts von vornehmlich jüdischen Privatsammlern und Rekonstruktionen ihrer Sammlungen der Jahrhundertwende vorstellt.

Weitere Informationen und Bildmaterial:
Dr. Andrea Christine Bambi | Konservatorin
Referat für Provenienzforschung
Die Pinakotheken im Kunstareal | Bayerische Staatsgemäldesammlungen
Barer Str. 29 | 80799 München
T +49.(0)89.23805-0
Email: bambi@pinakothek.de

Tine Nehler M.A. | Leitung Presseabteilung
Pinakothek der Moderne und Bayerische Staatsgemäldesammlungen
Kunstareal | Barer Straße 29, 80799 München
T +49.(0)89.23805-118 | F +49.(0)89.23805-125
Email: presse@pinakothek.de
http://www.pinakothek.de/presse/index.php

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