C. Teotino: Der Schutz des Osiris

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Titel
Der Schutz des Osiris. Eine Studie zu den apotropäischen Gottheiten auf den Kairener Sarkophagen des Djedher (CG 29304) und Anchhapi (CG 29303)


Autor(en)
Teotino, Carolina
Reihe
Studien zur spätägyptischen Religion (35)
Erschienen
Wiesbaden 2022: Harrassowitz Verlag
Anzahl Seiten
XXII, 1010 S.
Preis
€ 198,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Stefan Bojowald, Abteilung für Ägyptologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Bei der hier zu besprechenden Publikation handelt es sich um die überarbeitete Version der Doktorarbeit von C. Teotino, die am 22. Januar 2021 an der Universität Tübingen verteidigt wurde. Das Thema der Arbeit ist die Untersuchung des Dekorationsschemas auf bestimmten ägyptischen Särgen und Sarkophagen vom Ende der XXX. Dynastie und dem Beginn der griechisch-römischen Zeit dar. In dieser ausführlichen Form wird der Stoff zum ersten Mal behandelt. Die Studie ist folgendermaßen aufgebaut:

Band 1:
In der Einleitung werden die Grundlagen des Buches geklärt. Das Hauptuntersuchungsmaterial bilden die Sarkophagwanne des Ḏd-ḥr (Kairo, CG 29304) und ꜥnḫ-ḥp (Kairo, CG 29303) mit der Darstellung von insgesamt 152 Gottheiten, die durch fünf weitere Zeugnisse mit identischer oder analoger Dekoration ergänzt werden (S. 1). Die Gottheiten treten als Schutzgötter des Leichnams des Osiris auf (S. 3). Teotino ist darin zuzustimmen, wenn sie schreibt, dass sie nicht als Dämonen dargestellt würden und daher für den Toten ungefährlich seien (3). Die Gottheiten decken die Wannen in zwei waagerechten Registern komplett ab (S. 4).

In Kapitel II werden die behandelten Zeugnisse vorgestellt. Das Hauptaugenmerk gilt den oben genannten sieben Objekten, zu denen fünf Sarkophage und zwei Särge gehören (S. 7). Die Nebenquellen bestehen aus 57 archäologischen Zeugen, auf denen ein Teil der Götter der Hauptquellen zu finden ist (S. 12).

Kapitel III bietet einen Katalog der dargestellten Göttergruppen. Die Begleittexte der Götter werden in hieroglyphischer Form, Transliteration und Übersetzung präsentiert. Die Göttergruppe I mit den Wächtern des Eingangs kommt auf 13 Objekten vor (S. 23). Der älteste Beleg stammt aus der XIX. Dynastie (S. 26). Die Göttergruppe II mit den Pförtnern der Tore im Jenseits schließt sich als nächstes an. Die Götter lassen sich z.T. mit den Pförtnern der Tore in TB 144/147 gleichsetzen (S. 63). Die Göttergruppe III, bestehend aus den Torwächtern der Jenseitstore, folgt als nächstes. Die Inschriften und Ikonographie der Götter deuten auf eine unterschiedliche südliche und nördliche Tradition hin (S. 101). Die Ableitung der Geiergöttin Nḥmm.t von der Wurzel „ḥm.t/ḥmii.t“ „Sau“ (S. 169) ist nicht sehr überzeugend, da sie auf semantische Hürden stößt. Die Göttergruppe IV mit dem Beistand der Erweckung wird als nächstes behandelt. Die Aussage, dass Thot seit der Spätzeit mit Isdn identifiziert wird, der wiederum mit Thot zu verbinden sei (S. 289), dreht sich im Kreis. Der etymologische Vorschlag, den Namen der Gottheit „b(ꜣ)ḳb(ꜣ)ḳ“ von „bꜣḳ“ „Olivenbaum/-Öl“ abzuleiten (S. 295), erscheint durchaus unwahrscheinlich. Auch der Zusammenhang zwischen den Worten „tḫn“ „verbergen“ und „tḫn“ „Obelisk“ (S. 302) wirkt wenig plausibel. In beiden Fällen wird die Erklärung mit der Homonymie der Wurzeln den Tatsachen wohl eher gerecht. Der Exkurs 4 mit Vergleichen zu den Gräbern des Neuen Reiches (S. 304–329) zieht sich zu sehr in die Länge und hat mit dem eigentlichen Gegenstand der Arbeit nur wenig zu tun. Die Göttergruppe V, bestehend aus den großen Göttern und Versorgern in der Balsamierungshalle, wird als nächstes thematisiert. Danach folgt die Behandlung der Göttergruppe VI mit den Klagefrauen. Das Verb „ḥꜣ“ „klagen, trauern“ wurde als häufigster Klageausdruck gebraucht (S. 368). Die Göttergruppe VII mit den vier „Verklärten“ und vier Anubisgöttern wird als nächstes vorgestellt; es schließt sich die Göttergruppe VIII mit den Göttern der Stundenwache an. Danach folgen die Göttergruppe IX mit den „Anmeldern“ der Jenseitstor sowie die Göttergruppe X mit den „Packenden“.

Band 2:
Basierend auf dem Katalog werden in Kapitel IV systematische Analysen angestellt. In der Ikonographie der Gottheiten lassen sich anthropomorphe und theriomorphe Elemente erkennen (S. 607). Die Motive der Göttergruppen reichen bis zu den Zaubermessern (S. 613–614), privaten Särgen der XX.–XXII. Dynastie (S. 614–617) und mythologischen Papyri der XXI.–XXII. Dynastie (S. 617) zurück. Die Kernthemen der Götterreden auf den Särgen bilden der Schutz, die Feindabwehr, Klage und Trauer, Opferversorgung und Verklärung (S. 619). Die Wortspiele in den Götterreden bauen mehrheitlich auf Polyptota und Paronomasien auf (S. 623). Die Dekoration greift z.T. auf den Osirismythos zurück (S. 671). Die finale Konzeption der Göttergruppen fand wohl erst in der XXX. Dynastie statt (S. 679). Die Abstammung der Inhaber dreier Hauptquellen ist in Naukratis zu lokalisieren (S. 680).

In Kapitel V wird der editorische Anhang mit Bibliographie (S. 689–735), Indices (S. 737–776), Schemata (S. 779–849) und Tafeln (S. 1–160) geboten.

Die Übersetzungen müssen nach Meinung des Rez. an den folgenden Stellen korrigiert werden:

S. 51: „dś=k im=śn“ sollte als „mögest du in sie hineinstechen“ übersetzt werden.
S. 58: „gś.t“ sollte statt mit „Schritt“ besser durch „Lauf“ übersetzt werden.
S. 71: „ḥtp“ ist durch „ruhen“ zu übersetzen.
S. 76: die Übersetzung von „śḫm“ ist von „aufsässig blicken“ in „mächtig sein“ zu verbessern.
S. 82: die Verbindung zwischen „iꜥb sš“ „Schriftstück zusammenfügen“ und „ꜥb sš“ „Schriftstück reinigen“ beruht auf einem Wortspiel, die Schreibung „ꜥb“ für „iꜥb“ ist grundsätzlich bekannt.
S. 146: die Übersetzung von „ḥꜥ.w“ muss von „Fleisch“ in „Körper“ korrigiert werden.
S. 296: die Übersetzung „Ende zeigen“ von „śr ḏr“ ist überflüssig, wörtl. „Ende ankündigen“.
S. 380: die Übersetzung von „ir.n(=i) śgb=k“ sollte „ich habe um dich Geschrei ausgestoßen“ lauten.
S. 393: die Übersetzung „umhüllen dich“ von „śṭꜣm ḥꜥ.w=k“ ist in „umhüllen deinen Leib“ zu ändern.

Der Gesamteindruck lässt sich nichtsdestoweniger als positiv beschreiben. Die Fülle des Stoffes wird gut bewältigt. Die Sekundärliteratur wird hinreichend rezipiert. Die philologischen Argumente reizen manchmal zum Widerspruch. Der Rez. hätte ohne den langatmigen Exkurs vier mit dem Vergleich der Gräber des Neuen Reiches nicht viel vermisst. Das Buch kann dennoch zur Lektüre empfohlen werden.

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