Titel
Lateinischer Faschismus. Über Carl Schmitt den Römer und Katholiken


Autor(en)
Faber, Richard
Reihe
Kulturwissenschaftliche Studien, 6
Erschienen
Berlin 2001: Philo Verlag
Anzahl Seiten
124 S.
Preis
DM 34,50
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Wilfried Nippel, Bereich Alte Geschichte, HU-Berlin

Ein Ende der Hochkonjunktur von Schmittiana ist nicht abzusehen. Ein Teil der zahlreichen Arbeiten zu Carl Schmitt (CS im folgenden) hat sich in jüngerer Zeit auch der Bedeutung seines Katholizismus zugewendet. Eine systematische ideengeschichtliche Analyse des gesamten Werks von CS, die zugleich seine zahllosen Bezüge auf - häufig nicht sonderlich bekannte - Elemente und Figuren der europäischen Geistesgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart umfassend aufschlüsselte, scheint jedoch zu fehlen. Das höchst skurrile Buch von Annette Rink 1 ist insofern nützlich, als es Nachweise von Zitaten aus der antiken Überlieferung in den Schriften von CS bietet.

Der Titel der von Richard Faber in diesem Band zusammengestellten, zum Teil zuvor schon an anderen Orten publizierten Texte läßt erwarten, daß es um das Verhältnis CSs sowohl zur Antike wie zur katholischen Tradition geht. Eine Einleitung, in der der Autor seine Absichten darlegte, fehlt allerdings. Diese zu entschlüsseln, bleibt dem Leser überlassen. Der Rezensent muß gleich bekennen, daß er sich bei diesem Buch der Grenzen seiner hermeneutischen Kompetenz bewußt geworden ist, was umso schmerzhafter ist, als Faber gerne Formulierungen gebraucht wie: "nachdem ich unmißverständlich klargestellt habe" (53). Irgendwie scheint es darum zu gehen, daß die Verbindung von Antikerezeption und Katholizismus in den Faschismus führt: "Das ‚Römische' im Katholizismus war ein ganz entscheidendes Einfallstor für Etatismus und Imperialismus, ja Faschismus - und in besonders exponierten Fällen wie dem Schmittschen - für Nationalsozialismus" (29).

Diversen Anspielungen und Ausführungen bei CS bezüglich Römertum, Katholizismus, Eschatologie, Diktatur, Cäsarismus wird in Essays nachgegangen, in denen diese Texte nicht analysiert, sondern in weitergehende Assoziationsketten Fabers eingebunden werden. So hatte CS eine Marotte für hausgemachte Etymologien, denen er dann große Bedeutung zuschrieb. Faber verweist auf einen abgelegenen Text CSs von 1951, in dem davon die Rede ist, "daß Raum und Rom dasselbe Wort" seien (zit. 18). Dies steht offensichtlich im Zusammenhang mit der Schmittschen "Großraum"-Idee. Faber deutet dies als "Camouflage" des "universalistischen und imperialistischen Charakters seiner Großraum-Konzeption" (19), dessen römischer Hintergrund die Vergilsche Formel (Aeneis 6, 851-853) sei, daß ein von den Römern herzustellender Frieden auf der Schonung der Unterworfenen und der Bekämpfung der Rebellierenden beruhe (114). Das Ganze wird eingebunden in eine Zitaten-Collage, in der neben diversen Schmittianern auch Konrad Adenauer und Franz Joseph Strauß mit Ausführungen zu Europa vorkommen, wenn ihnen auch ein "intentionale[r] Unterschied zu Faschisten aller Spielarten" (104) zugestanden wird. Mit einer nüchternen Rekonstruktion der geistesgeschichtlichen Grundlagen von CSs Völkerrechtskonzeption (für die auch die Auseinandersetzung mit der spanischen Spätscholastik, namentlich Vitoria, wichtig ist) oder auch einer Analyse der Nachwirkungen fragwürdiger Traditionsbestände in der Nachkriegszeit hat dies nichts zu tun.

Zur Problematik von Souveränität und politischer Theologie (hinsichtlich derer sich CS später auch mit E. Petersons Eusebius-Deutung auseinandergesetzt hat) 2 liest man Sätze wie: "Wie ich auch hier zeigen konnte, terminiert Hobbes' durchaus vorhandene Religionspolitik in einer neuen ‚theologia civilis', die das antike wie mittelalterliche Rom imitiert. Um mich auf letzteres zu konzentrieren: Der Aufklärer Hobbes opponiert dem christ-katholischen Mittelalter, indem er es ‚imitiert'. Oder: Er negiert (total) dessen (partielle) Negation des konstantinischen Cäsaropapismus und erweist sich dadurch als Eusebius britannicus" (57f.). Vielleicht findet das Buch verständigere Leser als diesen Rezensenten, der bei solchen Sätzen kapituliert.

Anmerkungen:
1 Das Schwert im Myrtenzweige. Antikenrezeption bei Carl Schmitt, Wien 2000.
2 E. Peterson, Der Monotheismus als politisches Problem, Leipzig 1935; Carl Schmitt, Politische Theologie II, Berlin 1970.

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