D. Lohmann: Das Heiligtum des Jupiter Heliopolitanus in Baalbek

Titel
Das Heiligtum des Jupiter Heliopolitanus in Baalbek. Die Planungs- und Baugeschichte


Autor(en)
Lohmann, Daniel
Reihe
Orient-Archäologie
Erschienen
Rahden/Westfalen 2017: Verlag Marie Leidorf
Anzahl Seiten
XIII, 259 S.
Preis
€ 64,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Julia Hoffmann-Salz, Historisches Institut, Universität Köln

Mit dem vorliegenden Band möchte der Architekt und Bauhistoriker Daniel Lohmann die offenen Fragen zur Baugeschichte des Jupiter Heliopolitanus-Heiligtum in Baalbek, Libanon, klären. Seine Arbeit soll auch neueste Forschungen des Autors und seiner Kolleg/innen aus dem Baalbek-Team des DAI der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dafür ist das Buch in fünf Kapitel unterteilt. Im ersten Hauptkapitel wird ein Überblick über die Geschichte der Bauforschung am Jupiterheiligtum gegeben. Hier kann Lohmann anhand von zahlreichen Bild- und Textquellen die lang zurückreichende Erforschungsgeschichte des Heiligtums nachzeichnen. Dabei wird neben der großen Faszination, die die Ruine auf viele internationale Forscher/innen ausübte, vor allem auch der Einfluss ihrer jeweiligen eigenen Hintergründe auf ihre Interpretation der Befunde erkennbar. Zahlreiche qualitativ hochwertige Abbildungen machen den Fortschritt der Rekonstruktionsbemühungen nachvollziehbar.

Im zweiten Hauptkapitel erfolgt eine sehr detaillierte Baubeschreibung, die mit einer Analyse des regionalen Kontextes von Baalbek beginnt. Hier betont Lohmann, dass Baalbek in der Nähe – aber nicht am höchsten Punkt – einer „Talsohle unweit des Quellgebiets der beiden Flüsse Nahr el'Asi (Orontes) und Nahr el-Litani (Leontes)“ lag und selbst über zwei Quellen in der Umgebung des Stadtgebietes verfügte. Diese umspülten den ursprünglichen Siedlungshügel von Baalbek und wurden in der Antike durch Kanäle zur Stadt geführt. Das Heiligtum wurde auf diesem wohl seit dem 8. Jahrtausend v.Chr. genutzten Tell angelegt, während die antike Stadt sich unter der heutigen Siedlung Baalbek südlich und östlich des Heiligtums befand und angesichts der modernen Überbauung nur schwer erschlossen werden kann. Das Heiligtum war axial auf einen gegenüberliegenden Felskamm ausgerichtet, an dem die Wasserleitung der Quelle von 'Ain Juj endete. Hier befand sich offenbar ebenfalls ein heiliger Bezirk. Lohmann beschreibt in der Folge die einzelnen Bauteile des Jupiterheiligtums, welches sich aus halbrundem Vorhof, Propylon, sechseckigem Vorhof oder „Hexagonalhof“, Altarhof mit Kryptoportikus, Wasserbecken, zwei Altären und weiteren Einbauten sowie dem selbst Tempel zusammensetzt.

Im dritten Hauptkapitel präsentiert Lohmann eine Planungs- und Baugeschichte des Jupiterheiligtums, in der er beginnend mit dem prähistorischen Tell die eigenen Befunde sowie die früherer Forschungen in einen chronologisch sinnvollen Rahmen bringt. Hier kann er zunächst mit dem „Mythos“ der in der älteren Forschung immer wieder aufgegriffenen angeblich 50m tiefen Felsspalte mit Altar als Ursprung des Heiligtums aufräumen, indem er diese angebliche Spalte überzeugend als einen mittelalterlichen Brunnenschacht identifiziert. Ein geböschter Mauerfuß 6m unter dem römischen Fußbodenniveau im südöstlichen Altarhof wird als „Reste eines Glacis […], für das zu Verteidigungszwecken die Böschung des Siedlungshügels befestigt […] wurde“, (S. 143) interpretiert. Zu diesem Befund gehört auch eine nordwestlich gelegene „isodome Mauer aus gelbem Sandstein“, die ebenso nach den eisenzeitlichen Funden und vor dem Bau des ersten Heiligtums einzuordnen ist. Für diesen Befund führt Lohmann die Interpretation als zunächst hellenistische und dann ab Pompeius frühe römische Festung durch Holger Wienholz an. Lohmann setzt dies in Bezug zur ähnlichen Entwicklung etwa des Burgbergs von Apameia, worin er eine regionale „bescheidene [..] Normalität“ erkennt (S. 145). Auf diese älteren Befunde wurden dann in Phase 1 eine erste T-förmige Terrasse unter dem Jupitertempel, der Kern des sogenannte Kleinen Altars sowie weitere Mauern unter dem Pflaster des östlichen Altarhofs errichtet. Eine Datierung dieser Bauten war nur durch diese selbst möglich, da keine weiteren Quellen zur Verfügung standen. Lohmann hat dazu gemeinsam mit Andreas Kropp die These entwickelt, dass aufgrund der großen Ähnlichkeiten der Mauertechniken und des T-förmigen Podiums zum Tempel in Jerusalem eine Datierung in herodianische Zeit und möglicherweise sogar eine Planung und beginnende Bautätigkeit durch Herodes selbst anzunehmen ist. Diesen sehr fundierten Überlegungen wäre vielleicht zu entgegnen, dass die sehr gute Quellenlage zu Herodes und seiner Bautätigkeit im Vergleich zu der extrem schlechten Quellenlage zur Bautätigkeit anderer lokaler Herrscher deren Aktivitäten gegenüber denen des Herodes unverhältnismäßig gering erscheinen lässt. Gerade das in der Argumentation in seiner Parallelität zum Jerusalemer Tempel betonte Spiegelmauerwerk des Podiums findet sich etwa auch in den beiden frühen Bauphasen des Tempels von Omrit, die vorsichtig in die Zeit vor der herodianischen Übernahme der Region zu datieren sind.1 Damit soll lediglich darauf verwiesen sein, dass auch andere lokale Herrscher über Mittel und Möglichkeiten verfügten, die Trends des Mittelmeerraumes aufzugreifen. Trotz dieser Bedenken liefert Lohmann aber eine wertvolle und autoritative Rekonstruktion der ersten Bauphase des Heiligtums, die in seiner Chronologie als „Herodianische Investitionsruine“ (S. 156) endete. Auf dieser wurde ein sowohl in den Dimensionen wie auch im Baumaterial bewusst auf Monumentalität ausgerichteter neuer Komplex angelegt, der offenbar in zwei Phasen IIa unter Tiberius und Caligula und IIb unter Nero bis Domitian errichtet wurde. Damit wurde zwar bis zum Ende der Phase II der Tempel fertiggestellt und geweiht, die Vorbauten waren jedoch noch nicht fertig. In Phase III wurde mit einer veränderten Planung insbesondere der Altarhof errichtet, wobei die Arbeiten offenbar schon unter Hadrian begannen. In Phase IV erfolgte mit wiederum veränderter Planung die Anlage des Propylons als „nach Osten offene Halle mit zwei flankierenden Türmen, den dahinter liegenden Hexagonalhof sowie Teile der Osthalle des Altarhofs“ (S. 192). Dabei wurden offenbar bereits während des Bauens Teile der ursprünglichen Planung etwa für den Hexagonalhof nicht mehr umgesetzt, der Bau blieb wie viele andere Bauwerke des Großraums bis zuletzt unfertig. So erklärt Lohmann auch die Tatsache, dass lediglich eine Bauinschrift aus der Zeit Caracallas erhalten sei, da sich kein vorheriger Kaiser mit der Fertigstellung des über mehrere Jahrhunderte erbauten Heiligtums rühmen hätte können.

Im folgenden Kapitel widmet sich Lohmann den Motiven der Architektur des Heiligtums, wobei diese jeweils für die einzelnen Bauphasen herausgearbeitet werden. Dabei dienen sowohl grundsätzliche Entwicklungen des Mittelmeerraumes, als auch spezifische topographische Begebenheiten und deren Einflüsse in Syrien als Vergleichsfolien. Auch der „Baupraxis des Ummantelns und der Inkorporation“ sowie der „Inszenierung von Größe“ werden eigene Unterkapitel gewidmet. In der Zusammenfassung betont Lohmann, dass seine Arbeit wichtige Fragen zur Planungs- und Baugeschichte des Jupiterheiligtums klären konnte, gleichzeitig aber damit auch wieder neue Perspektiven für zukünftige Forschungen etwa zur Bedeutung des Wassers eröffnet. Er hält fest: „In der Bauzeit von über zwei Jahrhunderten monumentaler Planung, Verwerfung, Umplanung, Änderungen und Kaschierungen entstand ein einzigartiges Zeugnis römischer Baukunst. Das Wechselspiel zwischen lokalen Kulttraditionen und hellenistisch-römischer Monumentalisierung führte insgesamt zu dem besonderen architektonischen Charakter des Jupiterheiligtums“ (S. 229).

Die Zusammenfassung findet sich außerdem auch auf Englisch und Arabisch, wie sich auch unter den Bildern immer ebenfalls arabische Bildunterschriften finden. Neben einem Literaturverzeichnis enthält der Band eine Reihe qualitativ hochwertiger Tafeln sowie eine CD mit ausgewählten Tafeln als Originaldateien. Der Band ist also in geradezu exemplarischer Weise auf die “Weiterverarbeitung“ der Erkenntnisse durch die folgende Forschung ausgerichtet. Damit liefert der Band einen wertvollen Beitrag zur Erforschung des Jupiterheiligtums, der weit über die Bauforschung hinaus auch den Weg zu neuen Ergebnissen zur Geschichte Baalbeks und der Beka-Ebene eröffnen wird.

Anmerkung:
1 Michael C. Nelson, The Temple Complex at Horvat Omrit. Volume 1: The Architecture, Leiden u.a. 2015, S. 1–7 und 28–44.

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